Hamburg. . Der seit Wochen angeschlagene Hamburger SV hat sich gegen den Top-Favoriten Borussia Dortmund zurückgemeldet. Am 22. Spieltag der Bundesliga siegte das Team unter dem neuen Trainer Mirko Slomka mit 3:0. Ein Traumtor von Hakan Calhanoglu setzte das fette Düpfelchen auf das ohnehin schon dicke “I“.

Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hatte vor der Reise nach Hamburg verkündet: “Mitleid braucht der HSV nicht.” Das klang gegenüber einem Tabellenvorletzten, der in 21 Partien 51 Gegentreffer kassiert hatte, etwas unterkühlt.

Die Hamburger brauchten allerdings tatsächlich kein Mitleid vom BVB. Sie brauchten nur einen Gegner, der wie der BVB kein Mittel gegen ihren auf den Platz gebrachten Willen zum Erfolg fand. Mit 3:0 (1:0) für das vom neuen Trainer Mirko Slomka rundum erneuerte HSV-Ensemble endete die Auseinandersetzung. Für Schwarzgelb die schlimmste Niederlage der Saison. Für die Nordmänner mit der Raute vielleicht ein couragiert heraus gefighteter und mit einem Traumtor von Hakan Calhanoglu zum 3:0 vollendet eingefahrener Dreier, der den Weg heraus aus der Abstiegszone weist.

Slomka sorgt bei HSV für personelle Radikalkur

Beide Trainer hatten das getan, was von ihnen erwartet worden war. Klopp näherte sich behutsam dem Personalbogen, strich den Namen Sebastian Kehl, fügte Sven Bender ein, den Namen des Mannes, der Stammkraft vor der zentralen Defensive ist, wenn er nicht gerade Verletzungssorgen geplagt wird.

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Hamburgs Neuer Slomka dagegen verordnete seiner Mannschaft eine personelle Radikalkur. Weil er bei ihnen die Bereitschaft ausgemacht hatte, bis an die Grenzen zu eilen, an denen der Abstiegskampf ausgetragen wird, schickte er im Vergleich zur letzten Auswahl seines Vorgängers Bert van Marwijk Johan Djourou, Hakan Calhanoglu, Milan Badelj, Tolgay Arslan, Petr Jiracek und Slobodan Rajkowic hinaus auf den Rasen.

Wenn sich Dennis Diekmeier nicht mit Magen-Darm-Schwierigkeiten abgemeldet hätte, wäre wahrscheinlich auch Heiko Westermann nicht aufgelaufen. Und wie Slomka mit Star und Kapitän Rafael van der Vaart verfahren wäre, darüber lässt sich nur spekulieren, weil der Holländer malade fehlte.

HSV ging aggressiv zur Sache und schaffte das Wunder

Herausgekommen ist dabei ein Spiel, dem nur in homöopathischen Dosen spielerische Elemente verabreicht wurden. Der HSV ging aggressiv zur Sache und rauschte in den ersten 20 Minuten schon in vorderer Front immer dann dazwischen, wenn der Gegner sich am Aufbau versuchte.

Als es dann mit dem Aufbau beim BVB etwas besser funktionierte und ein paar Kombinationen richtig liefen, zogen sich die Gastgeber etwas weiter zurück und übten sich in der Bollwerkbildung. Ansehnlich war das nicht. Chancen gab es auf beiden Seiten in Halbzeit auch nur wenige. Aber bevor Schiedsrichter Felix Brych zur Pause bat, geschah es dennoch: das Wunder im Norden.

Vier Heimpleiten in der Reihe hatte das hanseatische Publikum zu verkraften. Zwei zu zehn Treffer standen zu Buche. Und dann konnte in der 42. Minute ausgerechnet in der Begegnung mit dem Tabellendritten, mit dem Champions-League-Finalisten, Pierre-Michel Lasogga einen Ball nach innen schlagen, obwohl doch Manuel Friedrich und Marcel Schmelzer dicht am Stürmer waren. Konsequenz: Petr Jiracek traf zum 1:0 und Hamburgs Fans feierten.

Dortmund gelang nahezu nichts

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Wiedergeburt? Klopp reagierte, brachte den bis dahin noch geschonten Marco Reus für Bender, änderte das System vom etablierten 4-2-3-1 in ein 4-1-4-1 mit Nuri Sahin zentral defensiv, davor Kevin Großkreutz und Henrikh Mkhitaryan, auf den Flügeln Reus und Pierre-Emerick Aubameyang. Der hatte in der 55. Glück, dass Brych seine unkontrollierte Attacke mit dem Stollenschuh gegen Arslan lediglich mit der Gelben Karte abstrafte.

Doch Hamburg benötigte für das zweite Wunder nicht einmal die Überzahl. In Minute 58 verlor Sahin an der Mittellinie den Ball. Arslan passte ihn klug durch die Viererkette hindurch auf Lasogga. Und der hatte keine Mühe damit, ihn an BVB-Torhüter Roman Weidenfeller im Tor unterzubringen. 2:0. Ein Ergebnis, gegen das der Spielverlauf nicht sprach. Dortmund gelang nahezu nichts. Der HSV arbeitete Fußball in der Manier eines Reviermalochers alter Schule.

Calhanoglus Traumtreffer besiegelte das BVB-Schicksal

Klopp reagierte wieder. Er holte den von den Hamburgern völlig aus dem Rennen genommenen Robert Lewandowski vom Rasen und schickte für den Ausnahmestürmer den unerfahrenen Marvin Duksch hinaus. Er nahm Großkeutz vom Platz und brachte für den Etablierten Aushilfskraft Jonas Hofmann. Das erzeugte Druck auf Hamburg. Marcel Schmelzer allerdings zog ab und wuchtete den Ball über das Tor, kurz danach, in Minute 82, machte es Reus ähnlich, mit besserer Schusstechnik und ebenso geringem Ertrag.

Den verschaffte sich die andere Seite. Mit einem Traumtreffer. Mit der Kirsche für die Torte. Der Stadionsprecher kündigte gerade an, dass drei Minuten nachzuspielen seien. Dann zirkelte Calhanoglu den Ball aus 30 Metern Richtung BVB-Tor. Dieser Ball flog lange, dieser Ball flatterte. Dieser Ball war drin, weil Weidenfeller sich verschätzte, wie seine Vorderleute nicht in der Form war, den Einschlag zu verhindern. 3:0 für Hamburg. Wunder gibt es eben doch immer wieder.