Dortmund. Das Umfeld des BVB reagiert mit Unruhe auf die aktuelle Mini-Krise der Schwarz-Gelben. Doch der nervöse Anhang soll sich bitte an die Zeit von vor neun Jahren erinnern, als die Borussia nah am Abgrund stand, fordert Fan-Kolumnist Fabian Vidacek.
Bei der Braunschweiger Eintracht war der BVB am Ende auf das nötige Quäntchen Glück angewiesen, um die so wichtigen drei Punkte mit nach Dortmund nehmen zu können. Den 2-1 Sieg ermöglichte Aubameyang mit seinen beiden Toren, während seine Mitspieler es an Treffsicherheit vermissen ließen. Den aufgrund der Minikrise der Borussia nervös werdenden BVB-Anhängern sei gesagt: Denkt an die Zeit vor neun Jahren, falls Ihr Euch damals auch schon „Borusse“ schimpftet.
Zugegeben, Spielfreude hat man bei der Betrachtung des Dortmunder Spiels in Braunschweig vergeblich gesucht. Am Ende wäre der Fehlstart ins Fußballjahr 2014 für den BVB beinahe perfekt gewesen – nur das Aluminium verhinderte den Ausgleichstreffer der Braunschweiger in der Nachspielzeit. Hätte, wäre, wenn...was zählt sind die drei glücklichen, aber dennoch hochverdienten Punkte.
Borussen müssen sich beim Torpfosten bedanken
Nachdem Aubameyang die Gäste zunächst in Führung geschossen hatte, konnte der Tabellenletzte zu Beginn der zweiten Hälfte nach einer Ecke ausgleichen. Zehn Minuten später stand Aubameyang jedoch wieder richtig und netzte mit einem trockenen Flachschuss von der Strafraumgrenze zur erneuten Führung ein. Dass es bis zum Schlusspfiff beim 2-1 für den BVB blieb, verdanken die Schwarzgelben dem bereits erwähnten Torpfosten. Bicakcic hatte seinen Kopfball an den Innenpfosten gesetzt, von dort prallte der Ball mitten in die Arme Roman Weidenfellers.
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Die Dortmunder hatten es zuvor wie so oft verpasst, den Sack frühzeitig zuzumachen. Es waren jedoch nicht nur die vergebenen Chancen, die den BVB-Fans Sorgen bereiteten. Die Spieler der Eintracht kamen besser ins Spiel als der Gegner, störten das Angriffsspiel der Gäste bereits am gegnerischen Strafraum und sorgten so dafür, dass nach zehn Minuten vom vermeintlichen Klassenunterschied nichts zu sehen war. Von Leichtigkeit im Dortmunder Spiel keine Spur.
Mannschaft muss sich Sicherheit erarbeiten
Umso wichtiger war es, dass Dortmund die Führung über die Zeit retten konnte. Sicherheit muss sich die Mannschaft jetzt erarbeiten, das kommende Programm gegen Mannschaften vornehmlich aus der unteren Tabellenhälfte scheint dafür prädestiniert. Einigen Fans scheint die Gesundung der Mannschaft allerdings nicht schnell genug zu gehen. Schaut man sich in Fan-Foren um, könnte man meinen, dass der Abstieg kurz bevor stünde. Und auch rund ums Stadion mehren sich die Forderungen nach millionenschweren Top-Transfers. Ein Ramos oder Volland passen da nicht ins Bild, eher schon ein Dzeko oder Balotelli.
BVB gewinnt in Braunschweig
Dieselben „Internethelden“ sind auch schnell bei der Sache, die Kompetenz der BVB-Führung anzuzweifeln, etwa in puncto Transferpolitik. Die vielen Verletzten im Kader außer Acht gelassen, wird beispielsweise der 27,5-Millionen-Mann Mkhitaryan als Fehleinkauf abgestempelt und für die Schwächephase seiner Mannschaft verantwortlich gemacht. Schließlich müsse man aufgrund der hohen Ablösesummer erwarten können, dass er der Mannschaft sofort weiterhelfe, lautet ein oft gehörtes, aber nur wenig überzeugendes Argument. Auch Mkhitaryan sollte man Eingewöhnungszeit zugestehen, bevor man ihn vorschnell schlecht redet. Vielleicht wird man noch in dieser Saison, mit einem fitten Gündogan hinter ihm, viel Freude am Armenier haben...
Einige Fans verlieren Vertrauen in Watzke, Zorc und Klopp
Generell sollte die Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht werden dürfen, dass einige Fans bereits das Vertrauen in Watzke, Zorc & Klopp verlieren, nur weil der BVB zurzeit nicht so spielt, wie er könnte. Vielleicht sind dem Ein oder Anderen die Meisterjahre und die Finalteilnahme in der Champions League im vergangenen Jahr derart zu Kopf gestiegen, dass die Bayern jetzt als Rivale Nr. 1 betrachtet werden und alles außer Platz Zwei in der Liga für sie einer wahren Katastrophe gleicht. Für diejenigen Fans – sie befinden sich Gott sei Dank in der Minderheit – kommt die Mini-Krise der Mannschaft vielleicht genau zum richtigen Zeitpunkt.
Natürlich wollen wir alle den Fußball sehen, der die Mannschaft in den vergangenen Jahren ausgemacht hat – nach den Abgängen von Sahin, Kagawa, Götze und im nächsten Jahr Lewandowksi kann aber keiner erwarten, dass die Entwicklung der Mannschaft nur die eine Richtung, die nach oben, kennt. Bei mir zumindest hat sich das Dortmunder Führungstrio in den vergangenen Jahren derart viel Vertrauen erarbeitet, es müsste mit dem Teufel zugehen, falls es nach einer Saison aufgebraucht wäre. Nach einer Saison wohlgemerkt, in der der BVB zurzeit auf Tabellenplatz drei und im nationalen und internationalen Pokal in der nächsten Runde steht. Wenn die „Krise“ jedoch dazu führt, dass einige der neuen „Modefans“ der Borussia den Rücken kehren, dann hat sie immerhin etwas bewirkt...
Fabian Vidacek, 3.2.2014, Gib mich die Kirsche