Dortmund. . In den Tagen vor dem Derby gegen Schalke ist Kevin Großkreutz erst recht ein gefragter Mann. Der frühere Fan ist mittlerweile Spieler bei Borussia Dortmund. Doch mittlerweile fiebert er diesen Duellen gelassener entgegen. Das könnte ihm helfen, sein Spiel gerade gegen den Erzrivalen zu verbessern.

Die so ziemlich tägliche Plaudersendung von Markus Lanz zu später Stunde im ZDF genießt eigentlich nicht den Ruf, eine Sendung zu sein, in der fußballerisches Fachwissen verbreitet wird. Kevin Großkreutz, Profi von Borussia Dortmund, schaltete trotzdem ein. Im Nachgang der Live-Übertragung des Champions-League-Spiels des FC Bayern München kam dort nämlich Rudi Gutendorf zu Wort. Die Trainer-Legende arbeitete in seinen 87 Lebensjahren in mehr Ländern als der Globus eigentlich herzugeben scheint und kennt sich mit außergewöhnlichen Fußball-Phänomenen aus.

Der Beste und Wertvollste

Gutendorf schwärmte. Von Kevin Großkreutz. „Der beste und wertvollste Fußballer heutzutage ist der Kevin Großkreutz.“ Der mit Honig Vollgeträufelte hörte begeistert zu, griff zum Handy und schrieb eine SMS. Adressat: Jürgen Klopp, sein Trainer. Inhalt: „Der hat Ahnung.“

Dabei muss Kevin Großkreutz in diesen Tagen nicht fürchten, zu wenig von dem hellen Licht abzubekommen, in dem Borussia Dortmund sehr regelmäßig steht. Aus der Not heraus, genauer: wegen der Verletzung von Lukasz Piszczek, formte Klopp aus dem Mittelfeldmann einen Rechtsverteidiger. Und während sich das Jahr dem Ende entgegenneigt, liefert der Umschüler Spieltag für Spieltag wie selbstverständlich erstaunliche Leistungen in dieser Rolle ab. Zuletzt am vergangenen Dienstag, als er das entscheidende zweite Tor in London vorbereitete, weil er auch acht Minuten vor Schluss noch den Mut und die Kraft hatte, nach vorn zu sprinten und eine wunderbare, weil von Übersicht und Gefühl gesteuerte Vorlage zu liefern.

Stoff für eine ganze Woche

Großkreutz, der Vorlagengeber. Es gibt aber auch Großkreutz, den Integrationsfaktor. Und Großkreutz, den Torwart. Und Großkreutz, den Imageträger. Weil er all das und noch viel mehr ist, widmet ihm das Fußball-Magazin „11Freunde“ in diesen Tagen die Titelgeschichte. Das Titelbild zeigt Großkreutz auf einem Rasenstück mitten in einer Wohnsiedlung der 90er Jahre. Natürlich im BVB-Trikot. Was sonst?

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Mit dem Kevin von damals hat der Kevin von heute noch vieles gemein, nicht alles. Das ist in diesen Tagen zu bemerken, wenn für den BVB-Fan das wichtigste Spiel ansteht: das Derby gegen Schalke (Samstag, 15.30 Uhr, live in unserem Ticker). Früher hat der Ur-Dortmunder dem Boulevard eine ganze Woche lang Stoff für Derby-Geschichten geliefert. Mittlerweile hält er sich zurück, sagt nur: „Wir wissen, dass wir etwas gutzumachen haben.“ Er meint die beiden Niederlagen in der vergangenen Saison. Inwieweit Großkreutz diese Revanchebewegung in vorderster Front anführen wird, ist fraglich. Schließlich hat er sich gegen Königsblau noch nie nennenswert verewigt, meist waren seine Leistungen sogar eher mittelmäßig bis schlecht.

„Übermotiviert zu sein, hilft nie weiter“, sagt Klopp. Und: „Wenn man sich den Ball ins Gesicht stoppt, weil man so verkrampft ist, dann ist das nicht gerade ideal.“ Sätze, mit denen der Trainer nicht ausdrücklich Großkreutz meint. Sie passen aber ein wenig. Doch Klopp fügt an: „Normal wird das Derby nie für ihn sein. Aber Kevin ist abgeklärter, ist erwachsen geworden.“ Der Kevin eben bleibt die schwarz-gelbe Identifikationsfigur. So eine Liebe zu seinem Verein gibt es nicht häufig. Höchstens damals, als Rudi Gutendorf noch jung war.

SMS-Wechsel um Mitternacht

Auch Klopp hat dann irgendwann ins ZDF zu Gutendorf geschaltet. Klopp schrieb Großkreutz, Großkreutz schrieb Klopp. So ging das ein paar Mal, bis der Spieler seinen Trainer gegen Mitternacht fast mahnend erinnerte: „Samstag ist ein wichtiges Spiel.“