Essen. Erik Durm ist beim Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund rasant durchgestartet. Derzeit ist der 21-Jährige mit der U-21 Nationalmannschaft unterwegs. Im Interview spricht Durm über BVB-Trainer Jürgen Klopp, seinen Ex-Klub FSV Mainz 05, die Umschulung vom Stürmer zum Außenverteidiger und den Dortmunder Wohlfühlfaktor.

Nationalverteidiger Marcel Schmelzer darf sich glücklich schätzen: In Erik Durm hat sich ein vorzüglicher Vertreter des derzeit verletzten BVB-Dauer(b)renners hervorgetan. Im Interview spricht der 21-jährige Shootingstar über die Champions League, die U21-Nationalelf und wie der gelernte Stürmer zum Tore-Verhinderer wurde.

Herr Durm, eine musikalische Frage zu Beginn: Welches Lied hören Sie lieber? Die Champions-League- oder die Nationalhymne?

Erik Durm: Das ist schwer zu sagen (lacht). Das ist beides ein sehr geiles und emotionales Gefühl, so dass ich da keinen großen Unterschied machen kann. Die Champions-League-Hymne ist schon ein großer Gänsehautfaktor. Aber die Nationalhymne ist eine Ehrensache. Ich würde das beides auf eine Ebene stellen. Vielleicht ist die Hymne für unser Land einen kleinen Tick bedeutender.

Am Freitag hören Sie die Nationalhymne wieder mit der deutschen U21-Nationalmannschaft. Was bedeuten diese Auswahlspiele für Sie?

Durm: Es ist das letzte Sprungbrett für ganz nach oben und es ist etwas ganz Besonderes, dazuzugehören. Der Stellenwert der U21-Nationalmannschaft ist für mich sehr groß, weil ich die Mannschaft schon früher immer verfolgt habe. Jetzt bin ich Teil eines tollen Teams und das war schon immer mein Traum. Wir haben uns hohe Ziele gesteckt.

<blockquote class="twitter-tweet"><p><a href="https://twitter.com/search?q=%23U21&amp;src=hash">#U21</a>: Erik Durm vom <a href="https://twitter.com/BVB">@BVB</a> vor <a href="https://twitter.com/search?q=%23germne&amp;src=hash">#germne</a> im Interview mit <a href="https://twitter.com/ruhrpoet">@ruhrpoet</a> von <a href="https://twitter.com/DerWestenSport">@DerWestenSport</a>. <a href="https://twitter.com/search?q=%23dfb&amp;src=hash">#dfb</a> <a href="http://t.co/E6KJMn1nJR">pic.twitter.com/E6KJMn1nJR</a></p>&mdash; DFB-U-Mannschaften (@DFB_U_Teams) <a href="https://twitter.com/DFB_U_Teams/statuses/388256256806637568">October 10, 2013</a></blockquote>

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Aber die Wahrnehmung der U21-Nationalmannschaft lässt hierzulande etwas zu wünschen übrig.

Durm: Da muss ich Ihnen Recht geben. Aber bei den Heimspielen wie jetzt in Wiesbaden oder Kassel werden schon ein paar Zuschauer kommen. Im Ausland, zum Beispiel auf den Färöer Inseln, ist das natürlich eine andere Sache. Insgesamt wünschen wir uns selbstverständlich immer volle Ränge.

Die Zuschauer, die ins Stadion kommen, sehen Sie als Verteidiger. Beim DFB führte man Sie lange als Stürmer, jetzt machen Sie aktuell eine Metamorphose durch.

Durm: Ich sehe mich jetzt grundsätzlich als Abwehrspieler auf der Außenposition. Ein bisschen Stürmer ist immer noch in mir drin, ich habe mein komplettes Leben offensiv gespielt. In den vergangenen beiden Jahren in Mainz und der U23 des BVB habe ich immer auf der Neun gespielt.

Bis Jürgen Klopp im Frühjahr zu Ihnen kam und sagte: „Erik, wir müssen reden“!

Durm: Ja, die Idee zur Umschulung kam von „Kloppo“. Sein Vorschlag war im ersten Moment total krass; im Endeffekt ging es aber um die Perspektive, was ich auf einer anderen Position erreichen kann – auch in Dortmund. Mein Ziel war es immer, in der Bundesliga zu spielen – die Position war zweitrangig für mich. Ich habe mit dem Trainerteam gesprochen und seitdem gehen wir das an.

Medial wurde es nach Ihrem Auftritt in der Königsklasse gegen Olympique Marseille zu einem Märchen hochstilisiert.

Durm: Meine Kollegen und Mitspieler haben daraus ein größeres Thema gemacht als ich. Für mich war das überhaupt kein Thema. Ich habe das einfach angenommen und versuche seitdem, das Bestmögliche zu erreichen. Mittlerweile macht mir das richtig Spaß und irgendwann sollte man sich auf eine Position festlegen und wie es momentan läuft, werde ich wohl Tore verhindern.

Ihr Mitspieler Nuri Sahin hat Sie nach dem Spiel „Piszczek Junior“ genannt. Ein Kompliment?

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Durm: Das ist ein großes Kompliment. Wenn man sich die vergangenen beiden Jahre vor Augen hält, wie Piszu, wie wir ihn nennen, gespielt hat: das war außergewöhnlich. Bei ihm ist es damals ähnlich gelaufen wir bei mir. Er kam von Hertha BSC als Neuner und wurde vom Trainer zum Außenverteidiger umgeschult. Bei ihm hat es ganz gut geklappt und ich hoffe, dass ich einen ähnlichen Weg gehen kann.

Dazu ist es hilfreich, Tipps zu bekommen. Welcher Spieler gibt Ihnen die besten Ratschläge?

Durm: Bei Piszczek ist es momentan etwas schwer, weil er an seinem Comeback arbeitet und in der Reha ist. Es ist schwierig, sich einen Rat für gewisse akute Situationen von ihm zu holen, wenn er nicht beim Training ist. Deswegen halte ich mich an Schmelle (Marcel Schmelzer, Anm. d. Red.), der oft zu mir kommt und eine helfende Hand ist. Aber wenn Piszu zurückkommt, werde ich ausführlich mit ihm sprechen. Hier und da haben wir das schon getan.

Durm über seinen Ex-Klub Mainz und den den Wohlfühlfaktor 

Wer von beiden hat Ihnen die Coolness mitgegeben, so ruhig in Europas Eliteliga aufzutreten?

Durm: Ob ich wirklich so cool war bei dem Champions-League-Spiel war, weiß ich nicht. Innerlich sah es ein bisschen anders aus. Ich habe mir immer wieder eingeredet, dass es ein Spiel ist wie jedes andere auch. Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und meinen Stiefel runterzuspielen – nach der Torvorlage ging alles etwas einfacher.

Hatten Sie keine Bedenken vor dem Spiel?

Durm: Die Mannschaft hat mir sehr geholfen. Egal ob es Nuri Sahin, Sven Bender oder Mats Hummels waren, sie kamen vor dem Spiel und in der Halbzeit zu mir und haben mich in den Arm genommen und mir Rückhalt gegeben. Ich habe mich einfach wohl gefühlt und hatte keine Angst vor der Partie. Dass das Mannschaftsgefüge hinter mir stand, war ganz wichtig für mich.

Bei Ihnen ist alles rasend schnell gegangen. Sie kamen von Mainz zum BVB, weil Sie dort die bessere Perspektive für sich sahen. Das spricht für großes Selbstbewusstsein, bei einer der besten Mannschaften Europas diese Perspektive zu sehen.

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Durm: Gerade wenn man im Profi-Bereich Fuß fassen will, muss man von sich überzeugt sein. Das gehört einfach dazu. Aber bei diesem Wechsel hatte es weniger mit Selbstbewusstsein zu tun, als mehr damit, dass ich mit Mainz nicht wirklich auf einen Nenner gekommen bin.

Und dann kam Borussia Dortmund.

Durm: Der BVB war damals zweifacher Deutscher Meister und die Spielweise des BVB hat mich überzeugt. Dazu kommt der Trainerstab. Es hat einfach alles gepasst. Ich wollte diese Chance einfach nutzen, weil man nicht weiß, ob man jemals wieder so eine Möglichkeit bekommt.

In Mainz war man nicht glücklich über Ihre Entscheidung.

Durm: Ich habe das in Mainz ganz offenkundig und ehrlich gesagt und es gibt nach kleinen Problemen jetzt aber keine schlechte Stimmung mehr in meinem alten Verein. Weil man sich immer zweimal im Leben sieht, war mir das wichtig. Jetzt bin ich glücklich und bereue nichts.

Wie wichtig war Jürgen Klopp in Ihrer Entscheidung zur Borussia zu gehen?

Durm: Ich kann mich noch an unser erstes Gespräch erinnern, als mich Dortmund aus Mainz holen wollte. Er saß schon am Tisch und hat eine unglaubliche Präsenz. Man hört ihm einfach gerne zu und lernt gerne von ihm. Aber es ist nicht nur Kloppo. Es ist das gesamte Trainerteam, das sich schon seit Mainzer Zeiten kennt und sehr harmonisch miteinander arbeitet.

So ist das Verhältnis auch mit den Spielern?

Kompliment: Nuri Sahin nannte Erik Durm nach dem Champions-League-Spiel gegen Marseille „Piszczek Junior“.
Kompliment: Nuri Sahin nannte Erik Durm nach dem Champions-League-Spiel gegen Marseille „Piszczek Junior“. © imago

Durm: Das ist etwas ganz Besonderes und mir unglaublich wichtig. Die kleinen Dinge, wie nach dem Training mal in den Arm genommen zu werden und viel miteinander zu sprechen, um auch klar zu demonstrieren, dass auf einen gebaut wird, dass man Rückhalt bekommt, sind für mich sehr wichtig. Das ist der Wohlfühlfaktor.

Wie wichtig ist der Wohlfühlfaktor, wenn es Phasen gibt, in denen es nicht so gut läuft? Sportpsychologen sprechen dann gerne von einem „Loch“, in das junge Spieler fallen.

Durm: Eigentlich wollte man mich in Dortmund etwas langsamer aufbauen und in Etappen an die Profis heranführen. Das ging jetzt alles viel schneller als erwartet. Aber darüber mache ich mir keine großen Gedanken. Es läuft gut im Moment und über alles andere zerbreche ich mir nicht den Kopf. Wenn der Zeitpunkt irgendwann mal kommen sollte, habe ich den Rückhalt von der Mannschaft und den Trainern. Ich glaube, dann wird es akzeptiert, wenn man als junger Spieler mal eine schwächere Phase hat. Man muss dann gemeinsam daran arbeiten, dass man möglichst schnell da wieder raus kommt.

Wenn bei Ihnen alles so schnell geht: Wo sind Sie denn bei der Weltmeisterschaft 2014?

Durm: Zuhause vor dem Fernseher (lacht).