Dortmund. . Zwischen wahnsinniger Party und sportlichem Realismus: Die Bayern mit Uli Hoeneß dürften mit einigem Groll in die Meisterstadt Dortmund geblickt haben, wie gewohnt exzessiv die Fans den achten Titel des BVB feierten. Nicht auszudenken was passiert, sollte die Borussia auch noch das Double schaffen...

Am Ende war der BVB also wieder zu stark für die angetretene Konkurrenz: Seit 26 Spielen bzw. einem halben Jahr sind die Klopp-Schützlinge nun schon unbesiegt. Das hat noch nie eine Bundesliga- Mannschaft innerhalb einer Saison geschafft. Es dokumentiert eindrucksvoll, welche Stabilität sich das Gesamtgefüge mittlerweile erarbeitet hat.

„Bayern München spielt eine sehr gute Saison. Das einzige Problem, das sie haben ist, dass wir noch einen Tick besser waren“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sehr treffend vor einigen Tagen. Das wurmt den über allem thronenden Rekordmeister und insbesondere deren Gallionsfigur Uli Hoeneß. In München dürfte nun bei jedem die Gewissheit vorherrschen, das dem Branchenführer in Gestalt von Borussia Dortmund nun ein Rivale gegenübersteht, der sehr wohl dieses Potenzial besitzt und in den kommenden Jahren in der eigenen Marschtabelle keinen Deut locker lassen wird im erreichen von Zielen und den seit Jahrzehnten gültigen Naturgesetzen der Bundesliga trotzt.

Es ist dieser sportliche und personelle Dreiklang, der eingebettet in einer Art Gesamtharmonie und Philosophie derzeit den Unterschied ausmacht. Von außen betrachtet suggeriert der BVB derzeit den Eindruck, dass man als junger, ambitionierter Spieler gut daran tut, da jetzt dabei sein zu wollen. Damit steht man per se in konkurrierendem Wettstreit mit dem Rekordmeister von der Isar und man darf gespannt sein, welche Antworten dort gefunden werden, um zurück auf die Siegerstraße zu gelangen.

„Bambule, Randale - Dortmund hat die Schale“

Auf dieser Straße wurde bis in den frühen Morgen der vorzeitige Titelgewinn ausgiebig gefeiert. „Bambule, Randale - Dortmund hat die Schale“. Angefangen hatte die Party aber so richtig erst, als Kevin Großkreutz trotz seines Nasenbeinbruchs flugs Nobby Dickel das Mikrofon geklaut hatte und seinen ganz speziellen Beitrag über die Stadionlautsprecher in alle Tribünen grölte. Spätestens jetzt hatte es jeden erfasst, dieses Mitmachfieber, das Tage zuvor schon seltsame Blüten in der Bevölkerung trieb.

Unglaubliche Liebesbeweise werden in diesen Tagen erbracht. Zum Beispiel dieses unter dem Motto: Ein Verein, ein Mann, eine Aussage, 600 Kilometer. Echte Liebe. Einem Meister-Versprechen folgend (das in der letzten Saison am 4. Spieltag nach dem legendären Derbysieg verkündet wurde) läuft Sedar Piller seit Samstag von Zürich bis nach Dortmund. Pünktlich zum Freiburgspiel will der 27-jährige Schweizer, der Samstag in Wettingen im Kanton Aargau gestartet ist, die Bierstadt erreichen. So wird das gemacht, Herr Asamoah – ankündigen kann jeder!

Kehl und der Alkohol

Raketen und bengalische Feuer tauchten die Stadt in einen riesigen Freudentaumel. Kein geringerer als BVB-Kapitän Sebastian Kehl hatte die Parole für den Abend ausgegeben: erstmal „viel, viel trinken.“ Und die Fans taten, wie ihnen geheißen.

Die Party-Hochburg war bis weit in die Nacht natürlich auch wieder der Borsigplatz, die Wiege der Schwarzgelben. Dort, wo bis in die späten 80er Jahre noch echte „BVB-Kneipen“ existierten und der Zahn der Zeit das altehrwürdige Hoesch-Arbeiterviertel in eine Art multikulturellen Schmelztiegel verwandelt hat, zieht für Stunden noch einmal der Hauch der Gründerzeit ein. Der Tradition verpflichtet, zieht es die Massen fast magnetisch wieder zurück zu den Wurzeln.

Lauter „Feierbiester“

Doch auch die City wurde an allen markanten Anlaufstellen von „Feierbiestern“ gesäumt. Besonders rund um den Hauptbahnhof und um jene Stätte, wo dann im nächsten Jahr das DFB-Museum (auch) über die Ruhmestaten des ortsansässigen Ballspielvereins künden wird, umlagerten singende Borussen die Szenerie. Über der Innenstadt wurde ein Feuerwerk entzündet, zwischen RWE-Tower und Brückstraße gab es eine regelrechte Partymeile mit überall tanzenden Menschen. Unzählige Dauerhupkonzerte inklusive geschwenkten Fahnen und ein nicht enden wollender Autokorso deuteten an, was sich dann am 13. Mai abspielen wird, wenn der BVB möglicherweise als „Doublesieger“ aus der Hauptstadt zurückkehrt.

Ja, feiern konnten sie schon immer, die BVB-Fans. Fortsetzung folgt!

(23.04.2012 – Holger W. Sitter – die-kirsche.com)