Dortmund. . Bier-Duschen, Sekt-Gläser und euphorische Interviews der BVB-Kicker. Was im Kabinentrakt des Dortmunder Stadions nach dem 2:0-Sieg gegen Mönchengladbach und dem Gewinn der zweiten Deutschen Meisterschaft passiert ist.

Roberto Blanco hat es leicht. Er hat ein gelbes Hemd angezogen, und fertig ist der schwarz-gelbe Borussia Dortmund-Fan. Ein bisschen Spaß muss sein. Der Schlagersänger sitzt auf der Tribüne. Gerade haben die über 80.000 Zuschauer noch „You’ll never walk alone“ gesungen und dabei ihre Vereins-Schals über die Köpfe gehalten. Dann hat der BVB 2:0 (1:0) gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen und ist vorzeitig Deutscher Fußball-Meister. Jetzt sind alle ganz aufgeregt und reden durcheinander. You’ll never talk alone.

Großkreutz zeigt seine Dortmund-Skyline auf der Wade

In solchen Momenten ist das Glück so groß, dass es mehr Raum braucht als einen stickigen Keller. Daher rennt Kevin Großkreutz, der nach einem Nasenbeinbruch nicht spielen durfte, aus der Umkleidekabine wieder hinaus auf den Rasen. Das rechte Bein seiner Trainingshose hat er nach oben geschoben. Es sieht wie Zufall aus, doch der Saum endet zu exakt für einen Zufall über der Waden-Tätowierung: Sie zeigt die Skyline von Dortmund und liegt an Spieltagen immer versteckt unter den Stutzen.

Großkreutz schnappt sich noch eins dieser Biergläser, die groß wie Bodenvasen sind. Er saust in den Tunnel, durch den die Spieler sonst zum Anpfiff ins Stadion kommen. An normalen Tagen ist der enge Tunnel mit den schwarz-gelben Wänden und der kargen Neonbeleuchtung Sperrgebiet. An diesem Abend drängen sich dort die Menschen. Es riecht längst nicht mehr nach Schweiß und Sportlersalbe, es riecht nach Bier.

Bierduschen beim BVB

Auch auf dem Rasen trieft längst jeder vor Bier. Trainer Jürgen Klopp hat mindestens sieben Duschen aus den riesigen Gläsern hinter sich. Großkreutz hält nach dem nächsten Opfer Ausschau. Biere suchen ein Zuhause.

Schiedsrichter Florian Meyer hat das Spiel vor einer Stunde abgepfiffen. Die Gladbacher haben geduscht und verschwinden jetzt durch den Trubel des Kabinentrakts zum Mannschaftsbus. Marco Reus trägt schwarze Kompressions-Strümpfe. So zirkuliert das Blut nach der Anstrengung besser. Er zieht einen Koffer auf Rollen, um den Hals hat er einen mächtigen Kopfhörer gehängt, der die Harley Davidson unter den Kopfhörern ist.

Das stinkende Trikot von Santana

„Ah, Marco Reus“, sagt jemand. Es ist Felipe Santana, der brasilianische Abwehrhüne der Dortmunder. Reus wechselt im Sommer für 18 Millionen Euro von Gladbach zum BVB, doch er reagiert nicht auf seinen neuen Kollegen. Santana hat sich auch längst wieder umgedreht. Heute ist heute. Santana schnuppert an seinem T-Shirt, das nass vom Bier ist, verzieht sein Gesicht und murmelt: „Boah, Alter.“ Zwei Wörter, die mit portugiesischem Akzent wunderbar klingen.

Weiter oben im Stadion ist die Stimmung ebenfalls meisterlich, aber auf eine andere Art. Eine Tür öffnet sich und gibt den Blick frei auf Menschen, die Designer-Anzüge tragen und Sektgläser in den Händen halten. Sie wippen beim Reden auf und ab. Das muss der Wipp-Bereich sein. Aber da schließt sich die Tür bereits wieder. Der Aufzug des Stadions bringt einen wieder auf den Boden der Tatsachen.

Der BVB als Raupe Nimmersatt

BVB: Meister und Manager feiern im Pool

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    Als einer der letzten Spieler findet gerade Roman Weidenfeller den Weg vom Rasen in die Kabine. Er hat seine Freundin Lisa an der Hand. Lisa trägt ein rosa Sweatshirt, auf dem vorne ein Totenkopf prangt. Weidenfeller ist blendend gelaunt und spielt auf sein legendäres Interview vom vergangenen Jahr an: „We have a grandios Saison gespielt, und wenn wir jetzt noch den Pokal gewinnen, wird es noch grandioser.“ Das Lachen rundherum bebt so sehr, dass man es auf der nach oben offenen Richterskala messen könnte.

    Das Bier wirkt, langsam wird alles egal. Shinji Kagawa trägt nur noch ein Handtuch und eine Flasche Bier. An den Beinen des Japaners kleben Grashalme. Der Mittelfeldzauberer ist mit seinen Kollegen über den Rasen gekrochen: Ein Team als kleine Raupe Nimmersatt. Es ist der zweite Titel in Serie, am 12. Mai könnte es das Double geben mit einem Sieg im Pokalfinale gegen Bayern München.

    Ein winziger Schritt in eine Meisterfeier-Routine

    Von draußen hört man, wie die Fans beim Feiern tatsächlich noch einen Gang höher schalten. Die Borussen wollen langsam weg, das Abendessen beim Italiener wartet. Zudem ist auch alles gesagt. Der zweite Titel in Serie ist ein winziger Schritt in eine Feier-Routine.

    Zwei Stunden nach dem Abpfiff ist das Dortmunder Stadion leer. Roberto Blanco hat noch kurz eine dieser Meisterschalen aus Pappe in die Hand genommen. Die silberne Meisterschale gibt es für den BVB erst in zwei Wochen nach dem letzten Heimspiel gegen Freiburg. Das ist dann noch einmal ein bisschen Spaß...