Dortmund. .

Es ist 17.06 Uhr. Am 3. März 2012. Auf dem Parkplatz C2 am Signal Iduna Park. Es ist der erste laue Frühlingstag. Es wird gegrillt. Ein Fußballidyll. Das plötzlich ei­ner durchbricht. Er brüllt: „Eins-Null-Le-ver-ku-sen!“ Wie eine Welle schwappt der Jubel Richtung Stadion. In Dortmunds Kneipen wackeln die Wände. Bayer führt gegen Bayern, gewinnt am Ende 2:0. Es war einer dieser Momente, von denen man später – Anfang Mai, vielleicht schon Ende April – behaupten könnte, ein erster Meistermoment gewesen zu sein. Es war jedenfalls die Steilvorlage, die Borussia Dortmund gut drei Stunden später volley verwandelt hat. 2:1 gegen Mainz. Sieben Punkte Vorsprung auf die Bayern. Ein gutes Gefühl. Eine wunderschöne Aussicht.

Viele Gründe für Borussia Dortmunds Höhenflug

Einsicht aber hatten die Verantwortlichen nicht – das M-Wort kam trotz beharrlicher Versuche niemandem über die Lippen. „Jetzt werden wieder alle versuchen, uns weich zu kochen. Und wir werden wieder alles versuchen, das zu verhindern“, teilte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke mit. Same procedure as last year. Wobei das eine, die Emotion der Dortmunder, so legitim ist, wie das andere, die Ratio der handelnden Borussen. Immerhin, Platz vier werde es jetzt wohl nicht mehr, stellte Trainer Jürgen Klopp fest. Und das ist ja schließlich nicht Nichts. Das ist mehr als Schalke heute hat – „was wir erwartet haben“ (Watzke). Das sind vor allem garantierte Champions-League-Millionen. Die wiederum bedeuten Planungssicherheit.

Borussia Dortmund wird seinen Weg in Ruhe weitergehen können. Das ist viel wert.

Gegen Mainz hat der Meister drei seiner Stärken gewinnbringend eingebracht; zwei im Spiel, eine danach.

Erstens: Der BVB hat eine Bank, um die ihn so mancher Festgeldkontobesitzer aus dem Süden beneiden dürfte. Eine Bank, deren Kapital offensichtlich immer abrufbar ist. Jakub Blaszczykowski etwa sorgt seit Wochen für Erträge und dafür, dass der Ausfall von Mario Götze nicht ins Gewicht fällt. Gegen Mainz traf Kuba zum 1:0 – sein dritter Treffer in der Rückrunde, hinzu kommen fünf Vorlagen. Nie war er besser. „Kuba ist in puncto Konstanz in der besten Verfassung, seit ich mit ihm arbeite“, bescheinigt Klopp. Kuba selbst sagt nur: „Die Maschine läuft weiter.“

Den das Spiel öffnenden Pass vor jenem Führungstreffer spielte Ilkay Gündogan, noch so ein Bankangestellter. In Abwesenheit des gesperrten Kapitäns Sebastian Kehl navigierte der Deutsch-Türke den BVB durchs Topspiel. Nicht fehlerfrei, aber sehr viel befreiter als in der Hinrunde. Ein wichtiger Beitrag.

Dortmunds Mannschaft ist gierig

Zweitens ist die Gier dieser Mannschaft unverändert ungestillt. Wie sie nur 170 Sekunden nach dem unnötigen Ausgleich durch Mohamed Zidan zurückkam, wie mit Ivan Perisic ein dritter Bankdrücker die neuerliche Führung erzwang und Shinji Kagawa sie erzielte, das zeugt von Klasse. Von Reife. Von Meisterreife. Und das brachte Watzke ins Schwärmen. „Die Willensstärke dieser Mannschaft ist unfassbar.“

Die Willensstärke und, drittens, der starke Wille zur Verbesserung. Denn auch nach dem achten Sieg in Serie stellte sich kein BVB-Spieler hin und stimmte mit ein in die Lobeshymnen der anderen. Im Ge­genteil: „Wir messen uns nicht an den anderen, sondern nur an unserer eigenen Leistung“, sagte Neven Subotic. Und die sei, nunja, gut gewesen – aber beileibe nicht perfekt. „Wir können“, begann Subotic aufzuzählen, „das noch dominanter angehen, noch klarer spielen, unseren Plan noch besser verfolgen. Wir hatten Probleme bei zweiten Bällen und ein paar Fehlpässe.“

Subotic will sich weiter verbessern

Subotic ist kein Nörgler, er ist nur ein Fußballer, der immer besser werden will. Und für genau solche Fußballer scheint Dortmund auch in dieser Saison ein Quell zu sein. Mit Idyll hat das nichts zu tun, sondern mit harter Arbeit.

„Wir spielen eine viel bessere Saison, als wir es uns erträumt haben“, sagt Klopp. Wenn man ehrlich ist, eine viel bessere, als es nach der als einmalig eingestuften Vorsaison zu erwarten war. Am Sonntag, nachdem nach den Bayern und den Schalkern auch die Gladbacher verloren hatten, haben in Dortmunds Kneipen keine Wände gewackelt. Man hat es zur Kenntnis genommen. Also sieben Punkte vor Bayern, acht vor Gladbach, elf vor Schalke. Ein perfekter Spieltag. Eine wunderschöne Aussicht. Der Rest kommt Anfang Mai,vielleicht Ende April.