Dortmund. Borussia Dortmund hat einen optimalen Spieltag hinter sich. Die Mannschaft von Jürgen Klopp baute seinen Vorsprung auf den ärgsten Verfolger Bayern München auf sieben Punkte aus. Um zur Meisterschaft zu gratulieren ist es noch zu früh. Ein Kommentar.

Die Nachrichtenagenturen verbreiteten am Sonntag bereits die ersten prominenten Glückwünsche. Auf Franz Beckenbauers Gratulation an Borussia Dortmund wird man sicher auch nicht mehr lange warten müssen – aber der Allererste war dieses Mal Jürgen Kohler. Nun ist Kohler zwar nicht der „Kaiser“, aber immerhin Weltmeister von 1990 — und derzeit Trainer der U-19-Junioren des Bonner SC. BVB-Trainer Jürgen Klopp wird im besten Falle müde schmunzeln über die congratulatio praecox, vermutlich nur den Kopf schütteln oder, wenn es ganz arg kommt, den Ex-Borussen und Ex-Bayern als einen dieser Möchtegern-Experten tadeln.

Bayern München würde jederzeit die Glückwünsche an den BVB zurückziehen

Der Dortmunder Übungsleiter wird nach diesem perfekten Wochenende damit leben müssen, dass nun alle Welt die Borussen flugs aufs Meisterschild hebt. Klopp kann das gelassen ertragen – denn er weiß, dass oftmals die gleichen Leute auch den FC Bayern im Herbst des vergangenen Jahres schon enteilt sahen und sich fragten, ob die Münchner die Schale schon zu Ostern auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße verstecken könnten. Und doch ist ein derartiger Vorsprung zehn Spieltage vor dem Saisonende naturgemäß mehr wert als eine Frühform und Dominanz nach Spieltag sieben oder acht.

Die Bayern haben ihre vergiftete Kapitulationserklärung verbal schon abgegeben. Das muss prinzipiell niemand ernst nehmen, denn die Münchner würden sie bei der erstbesten BVB-Niederlage ohne Wimpernzucken auch wieder zurücknehmen. Doch sechs Saisonniederlagen zerren auch an den Nerven der Bayern, die zunehmend ein „Wer-san-mia-Gefühl“ verbreiten.

Borussia Dortmund hat sich den Vorsprung verdient

Doch der satte Vorsprung der Dortmunder resultiert eben nicht aus der Schwäche der Bayern – es ist die eigene Stärke, die den BVB derzeit zum Maß aller Dinge macht. Acht Siege in Serie sind Klubrekord, 18 Spiele ohne Niederlage sind ein imposantes Zeugnis eines funktionierenden Kollektivs, das auf längerfristige Ausfälle von Kagawa (letzte Saison) oder Mario Götze (aktuell) nicht nur ohne Substanzverlust antwortet, sondern vielmehr neben spielerischer Klasse eine unvergleichliche Wucht und Dynamik entfaltet, welche die BVB-Siege so selbstverständlich, so logisch erscheinen lassen. Die Borussen haben sich eine Aura erarbeitet, erlaufen, erspielt, die sie als kommenden Meister schon mehr als in Schemen erahnen lässt.

Im Vergleich zur imposanten letzten Spielzeit, die allen Beobachtern als nicht wiederholbar erschien, hat der BVB lediglich drei Zähler weniger. Das ist die wahre Sensation. Davor kann man nur den Hut ziehen. Dazu darf man, kann man, muss man bereits gratulieren. Alles weitere kann auch Jürgen Kohler im Zweifel noch nachholen.