Dortmund. Die BVB-Fans verabschieden die Mannschaft am Freitagabend nach einem 2:2 gegen Heidenheim mit einem Pfeifkonzert. Zurecht? Ein Pro und Contra.

Der Frust war groß am Freitagabend. Borussia Dortmund verspielte gegen Bundesliga-Aufsteiger FC Heidenheim einen 2:0-Vorsprung, am Ende stand es 2:2. Drei Spiele, keines davon verloren, fünf Punkte - aus BVB-Sicht dennoch ein Fehlstart samt uninspirierten Leistungen. Diese quittierte ein Großteil der Anhänger im Stadion mit einem gellenden Pfeifkonzert. Sind die Unmutsbekundungen unfair? Ein Pro und Contra unserer BVB-Reporter Christian Woop und Marian Laske.

Pro: Die Pfiffe der BVB-Fans gegen Heidenheim sind gerechtfertigt (von Christian Woop)

Irgendwann wiederholt sich alles im Fußball. Borussia Dortmund hatte gerade die Meisterschaft verspielt, der Beginn der folgenden Saison wurde gleich von Unruhe begleitet. An einem Freitagabend im Dortmunder Stadion blamiert sich die BVB-Mannschaft, bietet eine inspirationslose Vorstellung und spielt bloß remis gegen einen Aufsteiger.

2023 ähnelt 2019. Damals erlebte Schwarz-Gelb ein Debakel gegen den SC Paderborn (3:3), diesmal war es ein 2:2 gegen den FC Heidenheim. Die Fans pfiffen, 2019 wie 2023 - und das zurecht.

2019: Zwischen Enttäuschung und entsetzen. Die BVB-Spieler Roman Bürki und Marco Reus nach dem 3:3 gegen Paderborn.
2019: Zwischen Enttäuschung und entsetzen. Die BVB-Spieler Roman Bürki und Marco Reus nach dem 3:3 gegen Paderborn. © firo

Vor etwas mehr als drei Monaten kam es nach dem vergeigten Titel zum ultimativen Schulterschluss zwischen Tribüne und Mannschaft. Die einen spendeten Trost, die andere Seite nahm das gern an. Nun entzweit sich immer mehr, was in diesem Jahr unter Trainer Edin Terzic so mühsam zusammengewachsen war.

BVB: Die Aufbruchstimmung ist dahin

Der BVB wollte Aufbruchstimmung in die neue Saison überführen, jetzt herrscht Frust. Der langsam gesammelte Kredit ist aufgebraucht, weil der hochbezahlte Dortmunder Kader gegen einen Außenseiter wie Heidenheim wieder mal behäbig, planlos, lustlos, ja, fast schon arrogant auftrat. Auch die Transferpolitik löste nach dem Abgang von Jude Bellingham kein Kribbeln aus.

Ein 2:2 - zu wenig für den BVB.
Ein 2:2 - zu wenig für den BVB. © firo

Das Gute ist: Noch ist nichts verloren, die Saison ist noch lang. Die Pfiffe, die Frust und Ungeduld symbolisieren, muss man nicht als Abrechnung interpretieren. Das Fanzine Schwatzgelb, das die Gefühlslage unter den Anhängern meist treffend widergibt, fasste zusammen: "Vielleicht hilft ja dieser verbale Klapps auf den Hinterkopf."

Contra: Die Pfiffe der BVB-Fans gegen Heidenheim sind unfair (von Marian Laske)

Fantum lässt sich nicht rational begründen, erwachsene Frauen und Männer himmeln Fußballer an, die gerade erst erwachsen werden, sie kaufen Fanutensilien, reisen ihrem Verein hinterher und bezahlen viel Geld für eine Eintrittskarte, ohne zu wissen, was sie erleben werden. Wer 70 Euro für ein Helene-Fischer-Konzert ausgibt (warum macht man das bloß?), weiß, dass sie „Atemlos“ schon singen wird. Kein BVB-Fan weiß, ob die eigene Mannschaft trifft oder nicht.

Zuneigung kann deswegen schnell in Abneigung umschlagen. Und ohne die irrationale Liebe der Fans könnten Profis nicht so viel Geld im Monat überwiesen bekommen, mit Kritik müssen sie umgehen können.

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BVB: Man hätte mehr Geduld erwarten können

In Dortmund haben am Freitagabend nach der Blamage gegen Heidenheim die meisten Anhängerinnen und Anhänger gepfiffen, so laut wie lange nicht, obwohl einige Monate zuvor die Mannschaft und die Borussen und Borussinnen auf den Tribünen eigentlich wieder zusammengerückt waren. Es entlädt sich derzeit viel. Der Ärger über die für viele uninspirierte Transferpolitik, der Frust über die so knapp verpasst Meisterschaft, doch etwas mehr Geduld hätte man schon erwarten können.

Sébastien Haller, BVB-Stürmer.
Sébastien Haller, BVB-Stürmer.

Auf dem Platz stand etwa Sebastien Haller, dessen Rückkehr nach seiner Krebserkrankung eine bemerkenswert schöne Geschichte ist, natürlich darf er mal schwächeln. Es standen Spieler auf dem Rasen, denen man glaubhaft abnehmen kann, dass ihnen viel daran liegt, mit dem BVB einen neuen Anlauf auf den Titel zu nehmen, die sich aber noch nicht auf ihrem Topniveau befinden. Die Fans müssen nicht erfreut darüber sein, dass der Vizemeister eine 2:0-Führung gegen einen kleinen Aufsteiger verspielt, aber sie hätten die Mannschaft zu so einem frühen Zeitpunkt der Saison noch nicht aus dem Stadion pfeifen müssen.

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