Essen. Ex-Nationalspieler Stefan Effenberg spricht zum Restart der Bundesliga über den Titelkampf. Den BVB zählt er nicht zum engsten Favoritenkreis.

Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt geht Stefan Effenberg (54) ans Telefon, um gut eine halbe Stunde über die Fußball-Bundesliga zu sprechen, die am Freitag (20.30 Uhr/Sat1 und DAZN) mit dem Duell zwischen Bayern München und RB Leipzig aus der WM- und Winterpause zurückkehrt. Der Ex-Nationalspieler und heutige Sport1-Experte erklärt im Interview den Titelkampf, Borussia Dortmunds Probleme und nennt seine Abstiegskandidaten.

Was hat eine so lange Winterpause mit den Spielern gemacht, Herr Effenberg?

Stefan Effenberg: Es war sicherlich nicht einfach, Training und auch die Testspiele richtig zu steuern. Auf der anderen Seite dürfte die Unterbrechung für den einen oder anderen ein Segen gewesen sein, weil man gewisse Dinge überdenken und an ihnen arbeiten konnte. Zudem konnten sich verletzte Spieler wieder an die Mannschaft heranspielen. Die extrem lange Pause ist also nicht nur negativ zu sehen, es hält sich die Waage.

Tabellenführer Bayern München kam geschwächt aus der WM-Pause. Manuel Neuer und Lucas Hernandez haben sich schwer verletzt und werden lange fehlen. Als Neuer-Ersatz kommt jetzt Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach.

Sadio Mané muss man auch noch dazuzählen, der sich vor der WM verletzt hatte. Natürlich sind das Ausfälle, die dem FC Bayern wehtun, insbesondere in der entscheidenden Phase – und da spreche ich von den ersten vier, fünf Wochen, die eine Richtung für den Ausgang der kompletten Saison vorgeben werden. Die Bundesliga startet mit einer englischen Woche, dann folgen DFB-Pokal und die Champions League mit dem Spiel gegen Paris Saint-Germain. Ausfälle von diesen Unterschiedsspielern sind fast unmöglich zu kompensieren. Ich habe schon vor einigen Wochen im Doppelpass gesagt, dass für Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic die größte und schwierigste Herausforderung sein wird, in der Torwart-Frage die richtige Entscheidung zu treffen – auch wenn das zu diesem Zeitpunkt noch nicht jedem bewusst gewesen ist.

Auch interessant

Zum Bundesliga-Restart geht es gegen RB Leipzig – das Team der Stunde vor der WM-Pause. Sind die Münchener an der Tabellenspitze gefährdet?

Mit Trainer Marco Rose hatte RB einen tollen Lauf. Am Freitag – das werden die Leipziger anders sehen – steht schon die entscheidende Partie für das neue Bundesliga-Jahr an. Es ist ein Hammerspiel mit extrem hoher Bedeutung, auch wenn es erst der 16. Spieltag ist und noch ein langer Weg zu gehen ist. Doch gut zu starten, ist Gold wert. Anschließend geht es für die Bayern ja zu Hause gegen den 1. FC Köln und dann kommt Eintracht Frankfurt, auch zwei unangenehme Spiele. Die Bundesliga kann innerhalb einer Woche wieder extrem spannend werden. Nichtsdestotrotz bin ich davon überzeugt, dass es die Bayern am Ende selbst in der Hand haben.

Kann der BVB noch einmal in den Titelkampf angreifen?

Zunächst ist die Rückkehr von Sebastien Haller die schönste Nachricht. Mich freut es ungemein, dass er in seinem ersten Spiel auch direkt einen Hattrick gemacht hat. Wenn er 100-prozentig fit ist, was aber noch dauern wird, ist er auf jeden Fall ein Gewinn für Dortmund.

Auch interessant

Aber?

Niklas Süle hat gesagt, die Liga sei noch nicht entschieden. Du musst aber erstmal deine eigenen Aufgaben erledigen und dann auf die anderen schauen. So reden kannst du eigentlich nur, wenn du in der anderen Position bist. Der BVB muss viele Dinge besser machen. Es reicht nicht, dass Haller zurück ist. Dortmund hat in 15 Spielen sechsmal verloren und allein dabei 16 Gegentore kassiert. Das sind die Probleme, die man hoffentlich abgestellt hat. Im Kampf um die Meisterschaft sehe ich eher RB Leipzig.

Weitere News rund um den BVB

Auch Ihr Ex-Klub Borussia Mönchengladbach geht in entscheidende Wochen – nicht nur aufgrund der Personalie Sommer.

Es laufen im Juni einige Verträge aus, etwa die von Lars Stindl oder Marcus Thuram. In den nächsten Wochen und Monaten kommen auf die Verantwortlichen große Herausforderungen zu – in zwei Jahren werden wir sehen, ob sie Lösungen dafür gefunden haben werden. Obwohl man vor zwei Jahren noch im Champions-League-Achtfinale gegen Manchester City stand, darf man auch die Probleme dieser Zeit nicht aus den Augen verlieren. Die Konstanz ist entscheidend – das sieht man perfekt an den Beispielen SC Freiburg oder Eintracht Frankfurt. Es gab erst den Abgang von Rose zum BVB, sein Nachfolger Adi Hütter, den man für 7,5 Millionen Euro eingekauft hatte, hat nicht funktioniert. Auch Max Eberls Ausscheiden, wovon die Spieler nicht direkt betroffen waren, sorgte sicherlich dafür, dass es schwierig war, zu performen.