Leipzig/Dortmund. Marco Rose muss als neuer Trainer von RB Leipzig ein heikles Auftaktprogramm bewältigen. Vor allem das Spiel in Gladbach hat es in sich.
Marco Rose steht beim Bundesliga-Spiel zwischen RB Leipzig und Borussia Dortmund an der Seitenlinie – vor wenigen Monaten noch wäre diese Aussage ohne besondere Wucht dahergekommen. Der 45-Jährige schien als Trainer des BVB trotz Schwierigkeiten in den Pokal-Wettbewerben mit einem generalüberholten Kader in die neue Saison starten zu dürfen.
Manchmal geht es aber im Profifußball rasanter zu als bei einem 100-Meter-Sprint. Daher ist es plötzlich eine große Überraschung, dass Rose am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ein Team dirigieren wird – allerdings das von RB Leipzig. „Das ist speziell und spannend“, sagte Rose bei seiner Vorstellung als Cheftrainer der Sachsen am Donnerstag über das schnelle Wiedersehen mit dem BVB. „Ich habe aber hier und mit den Jungs genug Arbeit zu tun, da ist das gar nicht so wichtig.“
BVB-Trainer Terzic freut sich auf Wiedersehen
Dortmund gegen Leipzig – ein Duell der völlig gegensätzlichen Fußball-Weltanschauungen – hat durch die Personalie Rose eine weitere Würze hinzubekommen. „Marco und ich haben uns von Tag eins an gut verstanden. Ich habe ihn in dieser Zeit nicht nur als herausragenden Trainer kennengelernt, sondern auch als tollen Typen“, sagte Edin Terzic, Vorgänger und Nachfolger von Rose in Dortmund. Der 39-Jährige konnte ja nach dem Pokalsieg mit dem BVB 2021 nicht Trainer bleiben, weil die Schwarz-Gelben zu diesem Zeitpunkt bereits Rose von Borussia Mönchengladbach abgeworben hatten. Auch die geplante Konstellation mit dem beliebten Terzic zurück in zweiter Reihe als Co-Trainer schien daraufhin Konfliktpotenzial zu bergen – Terzic wurde also Technischer Direktor.
Womit sich der Kreis für Rose dann in der kommenden Woche (17. September, 18.30 Uhr/Sky) mit einem pikanten Aufeinandertreffen schließen wird, wenn er mit Leipzig nach dem Champions-League-Spiel bei Real Madrid (Mittwoch, 21 Uhr/DAZN) in den Borussia-Park zurückkehrt. Gladbachs Fans verleihen wie auch die Dortmunder ihrer Abneigung gegenüber dem Konstrukt RB ohnehin regelmäßig Ausdruck. Durch das nahende Engagement von Max Eberl (48) bei den Sachsen wird das Duell sogar zusätzliche Brisanz erhalten.
Gladbach will für Eberl 10 Millionen Euro kassieren
Im Januar war Eberl als langjähriger Sportdirektor in Gladbach zurückgetreten. Diesen Schritt hatte er bei einer Pressekonferenz unter Tränen mit gesundheitlichen Gründen erklärt. Roland Virkus (55) trat im Februar die Nachfolge an, das Vertragsverhältnis zwischen Borussia und Eberl wurde aber nicht aufgelöst, Ende 2020 hatte er seinen Kontrakt bis 2026 verlängert.
Derzeit befinden sich die Leipziger und Gladbacher in Gesprächen, bei denen es um die Ablösesumme für Eberl geht. Borussia möchte im Idealfall 10 Millionen Euro kassieren – eine Forderung, die RB in dieser Höhe allerdings vermutlich kaum erfüllen wollen wird. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Klub sich um ihn bemüht“, sagte Rose über Eberl am Donnerstag: „Ich würde mich sehr freuen, wenn das funktioniert. Dann hätte ich einen Mann an meiner Seite, der mir und uns guttun würde.“
Ärger vor Wechsel nach Dortmund
Eberl hatte sich 2019 erfolgreich um Rose bemüht. Der begehrte Trainer kam von RB Salzburg an den Niederrhein, er entfachte Euphorie, führte Borussia in seiner ersten Saison gleich auf Platz vier und damit in die Champions League. Im Januar 2021 verdichteten sich aber die Anzeichen, dass Rose von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch machen wird, um nach Dortmund zu wechseln. Wochenlang wurde auch Eberl mit diesem Thema konfrontiert, traf aber keine klare Aussage, bis am 15. Februar verkündet wurde, dass der Trainer ab Sommer beim BVB arbeiten wird. Die Fans waren schwer verärgert, es herrschte große Unruhe rund um den Verein. Gladbach verlor sieben Pflichtspiele in Serie, darunter im DFB-Pokal gegen Roses künftigen Arbeitgeber aus Dortmund 0:1.
RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff (47) verriet nun, dass sich die Leipziger bereits damals mit Rose, der in Leipzig geboren wurde und mit seiner Familie dort lebt, über ein mögliches Engagement unterhalten hatten: „Es gab schon einmal eine Kontaktaufnahme, bevor Marco nach Dortmund gewechselt ist.“ Jetzt unterschrieb er bei RB einen Vertrag bis 2024.
Gladbach hat mit Daniel Farke (45) nun nach drei Jahren des Angriffspressings unter Rose und Adi Hütter (52) die Rückkehr zum Ballbesitz-Fußball vollzogen. Mintzlaff sieht in Rose dagegen genau den Mann, der den Fußball spielen lassen kann, der bei RB gewünscht wird: „Wir sind von Marco in Sachen Spielphilosophie überzeugt. Wir glauben, dass er alles mitbringt, was unsere DNA ausmacht.“