Freiburg. Am Montag wurde ein 16-Jähriger bei einem Polizeieinsatz in Dortmund getötet. Nun üben die BVB-Fans Kritik an den Ermittlungen dazu.

Für einen Moment war das Spiel Nebensache, zumindest aus Sicht der Ultras von Borussia Dortmund. Anstatt der Bundesligapartie beim SC Freiburg, die der BVB 3:1 (0:1) gewinnen sollte, widmeten sich die Anhänger dem Ereignis, das in den vergangenen Tagen viele Menschen in Dortmund und darüber hinaus aufgewühlt hatte: dem Polizeieinsatz, bei dem ein 16-Jähriger durch fünf Kugeln aus einer Maschinenpistole getötet worden war.

BVB-Ultras entrollen Banner

Und nun, am Freitagabend, entrollten die BVB-Ultras ein gewaltiges Banner im Gästeblock: „Pol Do – Pol Re: Eine Hand wäscht die andere. Unabhängige Kontrolle der Polizei jetzt!“, war darauf zu lesen. Dazu sangen die Anhänger Schmähgesänge gegen die Polizei, in die auch Freiburger Fans einstiegen.

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Das Plakat war vor allem eine Kritik an der bisherigen Aufarbeitung des Falls: Aus Neutralitätsgründen führt nicht die Dortmunder Polizei die Ermittlungen, sondern die Polizei Recklinghausen. In Dortmund allerdings laufen aktuell Ermittlungen wegen eines umstrittenen Falls bei den Recklinghäuser Kollegen – und diesen Umstand finden auch viele Experten mindestens unglücklich.

Innenminister Reul verteidigt Vorgehen

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) verteidigte das Vorgehen grundsätzlich, signalisierte aber Offenheit für mögliche Verbesserungen. Er hält ein Rotationsverfahren bei den ermittelnden Behörden für denkbar.

Am Montag war ein mit einem Messer bewaffneter Jugendliche, ein unbegleiteter Flüchtling aus dem Senegal, bei einem Polizeieinsatz erschossen worden. Nach Darstellung der Polizei soll er zuvor die Beamten angegriffen haben. Er wurde von fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getroffen – dass diese Waffe zum Einsatz kam, stieß an vielen Stellen auf Kritik.

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Reul allerdings warnte vor Vorverurteilungen. Die Polizisten seien von Betreuern des Jugendlichen gerufen worden, nachdem dieser mit Suizid gedroht habe, erklärte er. Die Polizei habe dann versucht zu deeskalieren.

"Erst sind Polizisten in Zivil hingegangen und haben versucht, ihn runterzureden. Als das nicht wirkte, hat man versucht, ihn mit Reizgas abzulenken." Später sei ein Elektroschockgerät eingesetzt worden, das seine Wirkung aber verfehlt habe. Der Jugendliche sei "immer aufgeregter, ich sag' mal angespannter, aggressiver auf die Polizisten zu gerannt. Und in dieser Situation ging es um die Frage: Sticht der zu – oder schießt die Polizei?", sagte Reul.

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Der Tod des 16-Jährigen hatte eine Debatte über Polizeigewalt ausgelöst. Nach den Schüssen auf den Jugendlichen demonstrierten in Dortmund in dieser Woche Hunderte Menschen.