Dortmund. Beim 1:4 gegen RB Leipzig bekommt der BVB schonungslos die eigenen Probleme aufgezeigt. Wieder wird deutlich: Im Sommer besteht Handlungsbedarf.

Am Sonntag blieben die Tore zu. Anders als gewohnt ließ Borussia Dortmund keine Journalisten beim Auslaufen und Spiel-Ersatztraining der Reservisten zusehen. Es gab ja auch Redebedarf, es galt einiges aufzuarbeiten nach der bitteren 1:4 (0:2)-Niederlage gegen RB Leipzig am Vortag. Einem Spiel, das als große Party geplant war, weil erstmals seit 763 Tagen, seit die Corona-Pandemie den Spielbetrieb jäh unterbrochen hatte, wieder 81.365 Zuschauer erlaubt waren. Zudem kehrten die Ultras zurück, die hauptverantwortlich zeichnen für die Stimmung im Stadion.

BVB enttäuscht in ausverkauftem Stadion

Es waren also alle Voraussetzungen geschaffen für einen Feiertag in Schwarz-Gelb. Aber dann gab es ja leider noch ein Fußballspiel gegen einen Gast, der sich hartnäckig wehrte, zur guten Laune beizutragen. „Wir haben uns viel vorgenommen, weil die Zuschauer zurückgekehrt sind“, haderte Lizenzspielerchef Sebastian Kehl am Sonntagmittag. „Die Mannschaft hat sich darauf gefreut, wir wollten unbedingt ein erfolgreiches Spiel absolvieren, um die Menschen zufrieden nach Hause gehen zu lassen. Das hat leider nicht funktioniert.“

Dabei hatte sehr vieles in den ersten 20 Minuten sehr gut ausgesehen. Der BVB beherrschte das Spiel, schnürte Leipzig regelrecht ein – und tat dann, was er in unschöner Regelmäßigkeit tut. Er lud den Gegner zum Toreschießen ein. Emre Can vertändelte den Ball, ein paar schnelle Pässe später traf der energische Konrad Laimer zum 1:0 (21.). Ein Gegentreffer aus dem Nichts, und ehe die Dortmunder diesen richtig verarbeitet hatten, stand es 0:2. Erneut traf Laimer, und erneut war Can der Unglücksrabe, weil er den Schuss des Österreichers unhaltbar abgefälscht hatte (30.).

Wieder gingen die BVB-Köpfe nach unten

Danach war es dahin mit der Dortmunder Herrlichkeit: „Das zweite Gegentor hat das Spiel natürlich komplett verändert“, erklärte Kehl, eine „ziemliche Ernüchterung“ sei dieser Gegentreffer gewesen: „Du machst es eigentlich ordentlich und gerätst trotzdem so in Rückstand. Wir haben dann noch ein paar Dinge versucht, aber ehrlicherweise ist uns in der zweiten Halbzeit auch nicht mehr viel eingefallen.“

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Die Köpfe gingen nach unten, das eigene Spiel wurde nicht mehr bedingungslos durchgezogen – und die Leipziger bekamen die Konterräume, die sie lieben. Die weiteren Gegentore durch Christopher Nkunku (57.) und Dani Olmo (86.) waren die logische Folge – Donyell Malens Treffer zum zwischenzeitlichen 1:3 (84.) brachte nur ganz kurz einen Hauch von Hoffnung.

Der BVB hofft auf Jamie Bynoe-Gittens

Stattdessen zeigte die Partie im Schnelldurchlauf, warum die aktuelle Saison als Enttäuschung abgeheftet werden muss: eklatante Aussetzer in Abwehr und Spielaufbau, danach hängende Köpfe bei den einen sowie wilder Aktionismus und Hektik bei den anderen.

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Dazu kommt ein nach mehreren Corona-Transferperioden unrunder Kader: Die Leipziger stellten die Räume vor der eigenen Abwehr zu, die Dortmund so gerne bespielt. Da hätte es einen dribbelstarken Flügelspieler gebraucht, der in Eins-gegen-eins-Duellen Lücken reißen kann. Den aber gibt es nicht im Kader, für die kommende Saison immerhin hat man einen im Blick: Jamie Bynoe-Gittens, 17 Jahre alter Engländer, wird aus der U19 zu den Profis befördert und soll auf Sicht der neue Jadon Sancho werden.

BVB: Es fehlt die Autorität im Zentrum

Schwieriger wird eine andere Lücke: Im Zentrum fehlt eine echte Autorität. Einer, der mit ruhiger Hand das Spiel ordnet und der Mannschaft eine Stütze ist, wenn nicht alles nach Plan läuft – und der auch den Part des zweikampfstarken Abräumers beherrscht. Beim dritten Gegentor nämlich konnte Vorbereiter Laimer ungestört über den Platz stürmen, weil Axel Witsel mangels Tempo nicht folgen konnte und Jude Bellingham wieder einmal seine Position verlassen hatte.

Es gibt einiges zu besprechen und zu tun für die BVB-Verantwortlichen. Das wissen sie schon länger – gegen Leipzig aber bekamen sie es ein weiteres Mal aufgezeigt.