Essen. Der BVB ist der einzige ernstzunehmende Bayern-Jäger. Dortmunds Verantwortliche dürfen das der Mannschaft nur nicht sagen. Ein Kommentar.

Natürlich ließ sich Michael Zorc am frühen Samstagabend nur vor den Kopf schauen. Was sich darin abspielte, war dem Sportdirektoren von Borussia Dortmund aber auch so nach dem 1:2 des BVB gegen den 1. FC Köln anzusehen. Es war die pure Enttäuschung. Und vermutlich wird sich Zorc ein paar Versuche später, sich wieder abzuregen, auch ertappt gefühlt haben. So nach dem Motto: Hätte ich nur mal nicht…

Ein Spiel wie ein Schlag in die Magengrube

Was genau? Richtig: die Mannschaft gelobt. Es hat ja nichts mit Überheblichkeit oder Arroganz zu tun, wenn Zorc den Spielern zwei Tage vor den sicher geglaubten drei Dortmunder Punkten gegen den FC eine „Gier“ nach Erfolgen attestierte, die die zweite Kraft im deutschen Profifußball angeblich gerade tragen würde. Auf jeder einzelnen Position hat der BVB talentiertere und besser bezahlte Profis als die Kölner. Die Leistung der Schwarz-Gelben am Samstag muss sich bei dem 58-Jährigen jedoch angefühlt haben wie ein Schlag in die Magengrube. Dieses BVB-Team kann man einfach nicht mal für eine Entwicklung würdigen.

BVB-Truppe schöpft häufig ihr Potential nicht aus

Diese Erkenntnis basiert vor allem darauf, dass es ja ein immer wiederkehrendes Phänomen in Dortmund ist, sich selbst mal wieder ein Bein zu stellen. In unregelmäßigen Abständen, aber zuverlässig mehrmals im Laufe einer Spielzeit. Augsburg lässt grüßen. Dennoch hat die Spitzenpartie gegen den Meister aus München trotz der Niederlage gezeigt: In der Bundesliga kommt nur der BVB vom Leistungspotenzial her ernsthaft als Bayern-Jäger in Betracht. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese Truppe häufiger als vertretbar in einem Rennen und die Deutsche Meisterschaft ihr Potenzial nicht ausschöpft.

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Vor allem Spieler sind in der Pflicht

Die Reflexe der Branche sehen in so einem Fall vor, Trainer Lucien Favre für diese Rückschläge verantwortlich zu machen. Das ist schön und einfach – aber falsch. Die Geisteratmosphäre aktuell in den Stadien bringt bei dem zugegeben sonst eher reservierten Schweizer Emotionen und Anweisungen an die Mannschaft zutage, die in vollbesetzten Arenen untergehen würden. Favre ist der Trainer mit dem besten Punkteschnitt, ihm wird aber eben zum Verhängnis, dass es da die noch mal alles übertrumpfenden Bayern gibt und er selbst als Teil eines Trainer-Trios mit Jürgen Klopp und Pep Guardiola vermutlich am Ende nicht vor dem Abomeister aus München landen würde.

Die Verantwortung für solche ernüchternden Spiele wie gegen Köln am Samstag liegt nicht immer, aber hauptsächlich bei den Spielern. Es wäre unglaubwürdig, wenn die BVB-Verantwortlichen nicht Ansprüche und Ziele entsprechend formulieren würden. Am Ende müssen sich aber auch die Profis selbst fragen und fragen lassen, ob sie alles für den lang ersehnten Titel gegeben haben, wenn er um ein weiteres Jahr verpasst wurde.