Dortmund. Jadon Sancho ist bei Borussia Dortmund noch nicht in der Form des Vorjahres. Auch wegen des Wechsel-Theaters? Zorc und Favre zeigen Verständnis.

Gareth Southgate wurde deutlich: „Jadon muss die Herausforderung jeden Tag aufs Neue annehmen und besser werden. Er ist noch extrem jung und muss sich immer weiter verbessern“, sagte der englische Nationaltrainer vor dem Freundschaftsspiel gegen Irland am Donnerstag (21 Uhr/DAZN). „Sancho will ein Topspieler sein? Er kann ein Topspieler sein“, meinte Southgate. Ja, er sei sogar „auf einem guten Weg, um dorthin zu kommen“. Aber: „Es gibt auch viele Beispiele von Spielern, die es nicht geschafft haben.“ Der Offensivspieler müsse wieder mehr Einsatz und Leidenschaft zeigen.

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Es war eine im Ton freundliche, inhaltlich aber sehr deutliche Zurechtweisung des Jungprofis von Borussia Dortmund, denn Southgate unterstellte wenig verklausuliert, dass Einsatz, Leidenschaft, Hingabe derzeit fehlen beim 20-Jährigen.

BVB-Sportdirektor Michael Zorc über Jadon Sancho: "Ihm fehlt momentan die Leichtigkeit"

Dass ein Nationaltrainer einen ihrer Spieler derart angeht, hören die BVB-Verantwortlichen normalerweise gar nicht gern. Es gab schon Fälle, da haben sie in deutlichen Worten widersprochen. Dieses Mal ist das nicht zu erwarten. Denn es ist ja ziemlich offensichtlich, dass der Spieler seiner Form hinterherläuft.

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„Er hat schon bessere Spiele gemacht“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. „Ihm fehlt momentan die Leichtigkeit.“ In der vergangenen Saison war Sancho der mit Abstand torgefährlichste Borusse, in 44 Pflichtspielen erzielte er 20 Tore und legte 20 weitere auf. Aktuell kommt er in neun Partien auf vier Vorlagen und zwei Tore, beide per Elfmeter. Sein letztes Tor aus dem Spiel heraus hat Sancho im Mai erzielt, beim 6:1-Sieg beim SC Paderborn.

BVB-Star Jadon Sancho nach Wechseltheater im Formtief

Die speziellen Sancho-Momente, die irren Finten und wilden Dribblings, mit denen er ganze Abwehrreihen sprengen kann, überhaupt das Draufgängertum – all das fehlte zuletzt. Allzu oft brach er ab, spielte den Ball zurück nach hinten.

Lucien Favre (r.) und sein Schützling Jadon Sancho.
Lucien Favre (r.) und sein Schützling Jadon Sancho. © getty Images

„Du kannst nicht ein Jahr lang in Top-Form sein, das kann kein Spieler der Welt“, verteidigt Trainer Lucien Favre seinen Spieler. „Manchmal bist du mal einen Monat nicht bei 100 Prozent. Das ist normal.“ Aber es treibt die Verantwortlichen schon um, dass der Monat längst rum ist, die Formkrise aber nicht. Offenbar, so sieht es Favre, hat das wochenlange Transfertheater im Sommer das Toptalent mehr beschäftigt als gedacht. Die Frage, ob er zu Manchester United wechselt oder nicht, ob er 100 Millionen oder doch eher 120 Millionen Euro wert ist. „Es ging viel darum, dass Sancho nicht mehr bei Dortmund spielen würde. Das kann Einfluss haben“, meint der Trainer.

BVB: Jadon Sancho fehlen nur Kleinigkeiten

Ist es also eine Kopfsache? Fehlende Leidenschaft, fehlender Einsatz, wie Southgate durchblicken lässt? Die Statistik gibt das eher nicht her: Als Sancho beim 2:3 gegen den FC Bayern nach 73 Minuten ausgewechselt wurde, hatte er 38 Sprints angezogen, so viele erreichte auch keiner der Kollegen, die durchspielten. Sein Höchsttempo allerdings liegt in der bisherigen Saison bei 32,7 km/h und damit 1,3 km/h unter dem Vorjahreswert. Keine Kleinigkeit im Fußball. Dazu passt, dass zuletzt auch aus dem Klub zu hören war, dass der Engländer das eine oder andere (Kilo-)Gramm zu viel auf den Rippen habe.

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Offiziell sagt dazu niemand etwas, überhaupt gibt man sich beim BVB ja alle Mühe, trotz leichter Kritik weiter die schützende Hand über seinen potenziell besten Offensivspieler zu halten, ihn nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Denn die Borussen wissen ganz genau: Wollen sie den FC Bayern in dieser Saison endlich von der Spitze verdrängen, wird das nur mit einem starken Jadon Sancho gelingen.