Bremen. Borussia Dortmund erlitt im Pokal in Bremen den ersten Rückschlag des Jahres. Ist die aktuelle BVB-Elf keine für die großen Spiele?
Mitten in der Nacht verspürte dann doch noch einer der Führungsspieler die Notwendigkeit, sich mitzuteilen. Axel Witsel verfasste eine Nachricht für die sozialen Medien, in der er eine schwache erste Halbzeit einräumte, die der Grund für den bitteren Dienstagabend gewesen sei. „Wir sind enttäuscht“, meinte der 31-Jährige.
Direkt nach dem Abpfiff waren die Profis von Borussia Dortmund noch mit hängenden Köpfen in die Kabine geschlichen, ohne eine Erklärung (außer in den vertraglich festgezurrten TV-Interviews) für die 2:3 (0:2)-DFB-Pokalpleite bei Werder Bremen abzugeben. Selbst Kapitän Marco Reus druckste sich an den wartenden Journalisten vorbei. Er hatte schwach gespielt, wurde in der entscheidenden Phase für Neuzugang Emre Can angeschlagen ausgewechselt – und wird nun aufgrund einer Muskelverletzung auch noch rund vier Wochen fehlen.
Nach vielen, vielen Minuten wurde schließlich Ersatztorhüter Marwin Hitz vorgeschickt. Der Schweizer, der sich dieses Pokalspiel aufgrund seiner guten Leistungen als Bürki-Vertreter in der Hinrunde verdient hatte, sollte nun also für den ersten Rückschlag im Jahr 2020 geradestehen.
Werder Bremen spielt mit Herz und Leidenschaft
Das passte zu dem Bild, das der BVB an diesem Abend von sich zeichnete. Es war das Bild der schwankenden Hinrunde, in der es an Widerstand und Führung mangelte. Wiedermal schaffte es ein Gegner mit Herz und Leidenschaft, garniert mit taktischer Finesse, die hochbegabten Dortmunder durcheinanderzuwirbeln. Nach dem grandiosen Rückrunden-Start (drei Siege, 15 Tore) wähnte sich der Klub eigentlich auf dem richtigen Weg, nun wachsen vor dem Bundesliga-Topspiel am Samstag (18.30 Uhr/Sky) bei Bayer Leverkusen wieder die Zweifel.
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Die Laune von Sportdirektor Michael Zorc klebte daher immer noch am Boden, als er einen Tag nach dem dramatischen Abend im Gespräch mit dieser Redaktion das Pokal-Aus analysierte. „Es ist eine Niederlage, die sehr wehtut, weil sie nicht zu reparieren ist. Eine Niederlage, die vermeidbar, aber am Ende auch verdient war“, erklärte Zorc, um dann die eigenen Spieler mit ungewohnt harschen Worten zu kritisieren. „Wir sind dafür bestraft worden, dass wir in der ersten Halbzeit lahmarschig, bequem und langsam Fußball gespielt haben. Wir haben nicht den Eindruck vermittelt, dass wir wissen, worum es geht“, meinte der 57-Jährige.
BVB lässt viele Chancen ungenutzt
Erst in Hälfe zwei entwickelte der BVB Wucht, lag da aber durch Tore von Davie Selke (16.) und Leonardo Bittencourt (30.) bereits deutlich zurück. Der in der Pause eingewechselte Erling Haaland verkürzte (67.). Kurz danach hüpften die Bremer Fans von ihren Sitzen, weil Milot Rashica seine Leistung krönte (70.). Der ebenfalls eingewechselte Giovanni Reyna erzielte auf wunderschöne Art und Weise den Anschlusstreffer (78.), zum Ausgleich reichte es aber nicht mehr. Auch weil die Borussia viele Chancen ungenutzt ließ. Außerdem hätte sich Bremens Niklas Moisander kurz vor Schluss nach einem Gerangel mit Reyna nicht über einen Platzverweis beschweren dürfen.
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Wie nach dem Schlusspfiff vor den Journalisten waren es in den letzten Minuten allerdings nicht die Führungsspieler, die die Verantwortung übernahmen. Sondern zwei 19-Jährige (Jadon Sancho und Erling Haaland), ein nach seiner Einwechslung grandios zaubernder 17-Jähriger (Giovanni Reyna) und der 23-jährige Julian Brandt. Reus hingegen blieb blass. Witsel verpasste der Partie keine Farbtupfer. Mats Hummels verhinderte nicht, dass die Bremer die Dortmunder Defensive aufwühlten wie ein Sturm.
Borussia Dortmund lässt Engagement vermissen
Dadurch wirft diese Niederlage wieder die Frage auf, ob die aktuelle BVB-Elf eine für die großen Spiele ist. Sie demonstrierte in Bremen zwar, dass sie mit dem nötigen Engagement jederzeit genügend Chancen kreieren kann. Gleichzeitig zeigte sich wieder, dass es ihr an diesem Engagement immer wieder mangelt. Diesmal in Hälfte eins. „Wir haben da kaum Bälle erobert, denn wir haben fast all unsere Zweikämpfe verloren“, sagte Trainer Favre. Hoffnung spendet immerhin Neuzugang Can, der bald ein Kandidat für die Startelf sein könnte. Wie Haaland muss er allerdings weiter an seiner körperlichen Verfassung arbeiten.
„Wir müssen nun die Köpfe hochnehmen“, schrieb Witsel noch, „und es Samstag besser machen“. Er selbst kann dabei in Leverkusen anführen.