Mainz. Der BVB berauscht in Mainz wieder wie ein Titelkandidat. Ein Gewinner: Favre. Ein anderer: Zagadou. Erst Dienstag kommt es zum echten Härtetest.
us den Stadionlautsprechern hallten Lucien Favres Worte bis in die Katakomben des Mainzer Stadions, während die ersten Dortmunder die Kabine verließen. Die BVB-Profis hätten also lauschen können, wie sie ihr Trainer auf der Pressekonferenz lobte, über das neue Selbstbewusstsein philosophierte und offen berichtete, wie ihm die Idee für die Systemumstellung kam.
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„Es war eine Intuition“, sagte Favre nach dem 4:0 (1:0)-Erfolg über den FSV Mainz 05, der eindrucksvoll verdeutlichte, dass diese Intuition nicht die schlechteste war.
Seitdem der 62-Jährige mit einer Dreierkette verteidigen lässt, hat die Borussia alle vier Pflichtspiele gewonnen. Der Revierklub wirkt souveräner, stabilier, gefährlicher. Er berauscht wie ein Titelkandidat.
„Die taktische Umstellung hat dazu geführt, dass sich die Mannschaft sicherer fühlt und unsere Stärken besser zur Geltung kommen“, meinte Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung. „Aber Leipzig wird ein anderer Gegner sein als Mainz.“
BVB tritt am Dienstag gegen RB Leipzig an
Denn bei all der Euphorie wissen sie in Dortmund, dass am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) der erste echte Härtetest für das neue System wartet, wenn der Tabellenführer RB Leipzig anreist. „Es wird ein brisantes Duell“, erklärte Kehl. Ein Duell, in dem der BVB wieder an die Spitze heran kraxeln kann und in dem er so die schwankenden Phasen in der Hinrunde endgültig in Vergessenheit drängen könnte. Eine Partie, in der eine Niederlage aber auch wieder alte Fragen aufwerfen könnte.
„Wir wollen unbedingt gewinnen“, erklärte Torhüter Roman Bürki, um sich dann vor die eigene Mannschaft zu stellen. „Es kann uns momentan niemand was sagen. Wir sind in der Champions League weiter, wir sind im Pokal weiter, und in der Bundesliga sind wir auch voll dabei.“
BVB-Profi Reus trifft, Brandt marschiert
In Mainz überzeugten in jedem Fall wieder die, die auch zuletzt zu den stärksten zählten. Kapitän Marco Reus traf mit einem wuchtigen Volleyschuss (32.). Jadon Sancho schloss überlegt ab (66.). Thorgan Hazard hatte etwas Glück, weil der Mainzer Torhüter Robin Zentner den Ball durch die Finger flutschen ließ (69.). Julian Brandt marschierte erneut durch das Mittelfeld, ordnete das Offensivspiel. Dan-Axel Zagadou ließ die Gegenspieler wieder reihenweise an sich abprallen, wenn er in die Zweikämpfe rummste. Beim 2:0 bewies er zudem ungeahnte Offensivqualitäten, als er den Mainzern bei einem 70-Meter-Sprint davon stampfte und Sancho freispielte. „Zaga ist ein Rohdiamant“, schwärmte Sportdirektor Michael Zorc. Sogar Nico Schulz konnte nach vielen schwachen Auftritten durch seinen Treffer in der 84. Minute Selbstbewusstsein sammeln.
Besser als die Ex-BVB-Trainer Tuchel und Klopp
Der große Gewinner der vergangenen Wochen ist aber Lucien Favre. Der Schweizer stand schon kurz vor dem Rauswurf, ein riesiger Druck lastete auf ihm, nun steht er in der Statistik als derzeit bester Trainer der Vereinsgeschichte da. 2,14 Punkte hat er im Schnitt eingesammelt. Mehr als Thomas Tuchel (2,12). Mehr als Jürgen Klopp (1,9) sowieso. Allerdings hat Favre möglicherweise auch den stärksten Kader der Vereinsgeschichte beisammen. Und lange schaffte er es trotz dieser Qualität nicht, seiner Elf das Wankelmütige auszutreiben. Jetzt scheint er mit der Dreierkette eine Lösung gefunden zu haben. Wobei aus dem Dortmunder Umfeld zu hören ist, dass der ein oder andere Spieler an dieser Systemumstellung mitgewerkelt habe.
So oder so folgt die BVB-Mannschaft ihrem Trainer, auch wenn sich die Profis nicht wirklich für Favres Worte interessierten, die in den Kabinentrakt hallten. Hazard scherzte. Zagadou transportierte sein Abendessen in einer silbernen Plastikschale. Reus verschwand für die Dopingprobe. „Wir brauchen solche Spiele, um zu wissen, dass alles funktioniert, was wir trainieren“, meinte Bürki – und klang dabei so wie Favre.