Dortmund. Dass der BVB dem Druck des Derbys nicht gewachsen war, schürt neue Zweifel. Und nun fehlt im Titelkampf auch noch Kapitän Reus: für zwei Spiele.
Die Nachricht war so erwartet worden, für Begeisterung sorgte sie bei Borussia Dortmund natürlich trotzdem nicht: Kapitän Marco Reus wird wegen rohen Spiels für zwei Partien gesperrt, Marius Wolf sogar für drei. Beide hatten bei der 2:4-Niederlage im Revierderby den Schalker Suat Serdar von hinten umgegrätscht. „Die vom äußeren Geschehensablauf ähnlichen Fälle unterscheiden sich darin, dass der Spieler Marco Reus den Ball spielen wollte“, begründete Hans E. Lorenz, der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, das unterschiedliche Strafmaß. „Der Einsatz des Spielers Marius Wolf hingegen erfolgte nicht ballorientiert. Er hatte keine Chance, mit seinem Tackling den Ball zu erreichen.“ Deswegen muss der Rechtsverteidiger für den Rest der Saison zuschauen, während Reus wenigstens im letzten Spiel des BVB bei Borussia Mönchengladbach wieder mitwirken kann.
Mitten im Titelkampf muss der BVB also in den kniffligen Spielen bei Werder Bremen und gegen Fortuna Düsseldorf auf seinen Kapitän und besten Spieler verzichten. Und das, nachdem die Derby-Niederlage zwar aufgrund des Münchener Unentschiedens in Nürnberg tabellarisch überraschend wenig Schaden angerichtet, aber doch einige neue Zweifel aufgeworfen hat.
Den Faden und den Kopf verloren
Unmittelbar nach dem Spiel ließ sich das noch überdecken durch Debatten über die Handspielregel und Schiedsrichter Felix Zwayer. Doch die Gründe für die Niederlage waren weniger beim Schiedsrichter als in den Köpfen der Spieler zu finden. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, ganz klar“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Die Mannschaft habe sich aus der Ruhe bringen lassen, die giftige Schalker Spielweise mit vielen Fouls im Spielaufbau habe „uns den Zahn gezogen, das hat uns Nerven gekostet, und das haben wir dann gezeigt“. Die Dortmunder verloren den Faden und die Köpfe, was schließlich in den beiden Platzverweisen gipfelte, die zumindest zum Teil auch aus Frust über den Spielverlauf resultierten.
Die BVB-Profis waren der speziellen Drucksituation des Derbys an diesem Tag mental nicht gewachsen. Und alarmierend aus Dortmunder Sicht war, dass es einen ähnlichen Befund schon nach der 0:5-Klatsche beim FC Bayern München gegeben hatte. Dabei schien sich das Thema „fehlende Mentalität“ durch die Transfers im Sommer eigentlich erledigt zu haben: Thomas Delaney, Axel Witsel und Marius Wolf wurden auch wegen ihrer kämperischen Qualitäten und ihrer Widerstandskraft geholt. Und in der Hinrunde gelang es tatsächlich immer wieder, Rückschläge wegzustecken und Spiele zu drehen. Gegen Schalke aber wurde Thomas Delaney früh zugunsten von Stürmer Paco Alcácer geopfert, Marius Wolf brannten die Sicherungen durch und Axel Witsel ließ sich ebenso wie die übrigen erfahrenen Spieler Mario Götze und Marco Reus immer wieder in Scharmützel und Diskussionen verstricken, anstatt beruhigend auf die Mitspieler einzuwirken.
Favres Aussage irritiert
Abgerundet wurde das Bild von Trainer Lucien Favre, der das Meisterschaftsrennen für beendet erklärt hatte – noch bevor die Bayern überhaupt ihre Partie bestritten hatten. Ein Motivator war der Trainer noch nie, das wussten sie im Klub, bevor sie ihn verpflichteten. Dass er aber derart bereitwillig die Flinte ins Korn warf, irritierte dann doch. „Ich erwarte von allen Beteiligten, dass wir uns die letzten drei Spiele voll reinknien und niemand vorzeitig die weiße Flagge hisst“, stellte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke klar.