Essen. . Borussia Dortmund gab als Ziele nur zweite Plätze aus. Die Ambitionen sollten höher geschraubt werden - denn das wäre berechtigt. Ein Kommentar.
In ihrer typischen Bescheidenheit haben die Dortmunder ihr Europapokal-Ziel als zweitrangig formuliert: Der zweite Platz in der Gruppe F der Champions League sei erstens ganz in Ordnung und zweitens realistisch. Schon in seinem Kicker-Interview wollte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nichts von einer Bayern-Jagd wissen: Auch in der Bundesliga sei Platz zwei okay.
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Manchmal wünschte man sich, Borussia Dortmund wäre etwas mutiger. Aber beim Sieg am Dienstagabend bei Sporting Lissabon konnte man sehen, warum die BVB-Führung so vorsichtig agiert.
Einerseits spielt das Tuchel-Team konsequent in der Abwehr, zielstrebig und schnell nach vorne, alles mit schlauen Rochaden der Vierketten. Andererseits provoziert ein Verteidiger wie Bartra mit seinem Rückpass das Gegentor und riskiert den Erfolg der Mannschaft.
Der BVB-Abstand auf Bayern darf nicht zu groß werden
Die Leistungsschwankungen sind, bei allem Verständnis angesichts der Verletztenliste, ärgerlich. Zwangsläufig fühlt man sich an die unnötigen Punktverluste in der Bundesliga erinnert.
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Natürlich sind zweite Plätze eine wunderbare Ausbeute. Aber darf’s nicht ein bisschen mehr sein? Die Bayern müssen am Mittwoch gegen PSV Eindhoven erst noch beweisen, dass ihre aktuelle Schwächephase nicht in einer Krise in der Bundesliga mündet. Es wäre schade, wenn Bayern kriselt — und der BVB hätte einen zu großen Abstand.
Wer sein Angriffsspiel über das Dreieck Dembele links, Aubameyang in der Mitte und Pulisic rechts aufbauen kann, wer geniale Ballverteiler wie Weigl und Götze in seinen Reihen hat, der darf auch höhere Erwartungen an seine Spieler stellen. Ausrutscher allein mit der Härte des Gegners zu erklären oder mit kuriosen Schiedsrichter-Entscheidungen, kann von Spielern immer als Alibi missverstanden werden.
Personalprobleme haben BVB nicht zurückgeworfen
Dortmund jedenfalls übersteht die Hinrunde in der Gruppenphase der Champions League nicht nur unbesiegt, sondern bietet Real Madrid, dem designierten Gruppensieger, spielerisch die Stirn. Die zahlreichen Ausfälle von verletzten Spielern haben die Mannschaft nicht verwirrt, sondern bestärkt. Was passiert erst, wenn Reus, Schürrle und Schmelzer wieder fit sind und Tuchel noch flexibler auf- und einstellen kann?
Unvergessen ist, wie Uli Hoeneß einst jeden Rivalen mit Worten irritierte und schwächte. So werden die Dortmunder niemals vorgehen. Schon gar nicht Hans-Joachim Watzke. Aber ein bisschen Säbelrasseln nach einem solchen Auftritt wie in der Champions League: Warum eigentlich nicht? Sieben Punkte aus drei Spielen — mehr hat Real Madrid auch nicht.
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