Lissabon. Der BVB hat eine lange Verletztenliste. Auffällig: Immer wieder verletzen sich schwarz-gelbe Spieler an den Adduktoren. Ein Erklärungsversuch.

  • Der BVB hat eine lange Verletztenliste
  • Auffällig: Immer wieder verletzen sich schwarz-gelbe Spieler an den Adduktoren
  • Ein Erklärungsversuch

Roman Bürki ist zuversichtlich. "Wir werden eine Top-Mannschaft haben", sagt der Torhüter von Borussia Dortmund vor dem Champions-League-Duell am Dienstagabend (20.45 Uhr/Sky/live in unserem Ticker) beim portugiesischen Vizemeister Sporting Lissabon. Vermutlich wird er recht behalten - und doch sind die vielen Verletzten derzeit das bestimmende Thema beim Fußball-Bundesligisten. Fast eine ganze Mannschaft befindet sich derzeit im Krankenstand oder erst auf dem Weg zurück zu körperlicher Fitness. Auffällig dabei: In sechs Fällen sind oder waren die Adduktoren betroffen. Sowohl der seit Monaten verletzte Marco Reus als auch Marcel Schmelzer, Sokratis, Marc Bartra, Gonzalo Castro und Raphael Guerreiro zogen sich Verletzungen dieser Muskelgruppe zu, die Oberschenkel und Schambein miteinander verbindet. Die Adduktoren werden bei seitlichen Bewegungen stark beansprucht. Sie sind derzeit Dortmunds Schmerzstelle. Fehler im System? Oder zufällige Häufung? Ein Erklärungsversuch.

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Trainer Thomas Tuchel ist stets und immer darauf bedacht, die Trainingsbedingungen zu verbessern, Belastungen für jeden einzelnen so zu steuern, dass die körperliche Leistungsfähigkeit nicht leidet. Bei jedem Training werden Daten von jedem Spieler erhoben, die helfen sollen einzuschätzen, wann wer eine Pause benötigt, wann der Körper sich dem roten Bereich nähert und anfällig wird für Verletzungen. Individuelle Belastungssteuerung ist die hübsche Wortkombination, die bei der Borussia für die umsichtige Dosierung der Einsätze benutzt wird. Immer wieder überrascht Tuchel deshalb auch mit seiner Aufstellung.

In seinem ersten Jahr in Dortmund verzeichnete der BVB einen bemerkenswerten Rückgang an Muskelverletzungen im Vergleich zum Vorjahr. Die von Tuchel vorgeschriebene Ernährungsumstellung und eben jene Trainingssteuerung trugen zu dieser Verbesserung offenbar bei. Dem Zufall überlasst der Trainer nichts: selbst Schlafforscher und Meditationstrainer kümmern sich mitunter um das Wohlergehen der Spieler. Über die Ursachen der Adduktorenproblematik wird Tuchel also längst nachgedacht haben. Den einen Grund aber haben er und Sportdirektor Michael Zorc noch nicht gefunden. Vielleicht gibt es ihn auch gar nicht. "Dafür gibt es keine schlüssige Erklärung", wird Zorc im Kicker zitiert, "es handelt sich in erster Linie um Spieler mit hoher Belastung."

Einige BVB-Spieler konnten im Sommer nicht regenerieren

Im Unterschied zur vergangenen Saison konnten einige Spieler im Sommer nicht regenerieren, weil sie bei der Europameisterschaft in Frankreich aktiv waren. Das gilt von den Verletzten besonders für Raphael Guerreiro, der mit Portugal den Titel holte und auf dem Wege fünf von sieben Spielen absolvierte. Marc Bartra befand sich mit der spanischen Nationalmannschaft ebenfalls beim Turnier, schied aber vorzeitig aus und kam zudem nicht zum Einsatz. Marco Reus reiste aus dem Trainingslager der deutschen Mannschaft vorzeitig ab, weil seitliche Bewegungen beim Laufen unmöglich waren. Sein chronisches Leistenleiden stellt einen Sonderfall dar. Kapitän Schmelzer hat in seiner Karriere wegen eines Beckenschiefstandes immer mal wieder Muskelverletzungen gehabt.

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Hohen Belastungen bisher waren auch Sokratis und Castro ausgesetzt. Sokratis absolvierte bis zu seiner Verletzung bei der griechischen Nationalmannschaft jede Pflichtspielminute beim BVB: sechs Mal Bundesliga, zwei Mal Champions League, einmal DFB-Pokal. Und Gonzalo Castro hatte Trainer Tuchel vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen noch gelobt für seine körperliche Fitness: dass er die hohen Trainingsumfänge stets gut vertrage, dass er kaum einmal verletzt sei. Einen Tag später erwischte es ihn bei der Niederlage gegen Bayer. Zur Halbzeit wurde er ausgewechselt. Probleme mit den Adduktoren, Dortmunds Schmerzstelle. Die gute Nachricht: Marc Bartra soll gegen Lissabon schon wieder spielen, bei Sokratis besteht Hoffnung auf eine Einsatzmöglichkeit.