Leverkusen/Sinsheim. “Pokalschreck“ 1. FC Kaiserslautern hat Bayer Leverkusen entzaubert. Mit einem 1:0 (0:0)-Auswärtssieg nach Verlängerung zog der einzige Fußball-Zweitligist durch den späten Treffer von Ruben Jenssen in der 114. Minute erstmals seit 2003 wieder in die Vorschlussrunde ein.
Anfang der Jahres startete Bayer 04 Leverkusen eine große Imagekampagne. „Du und die Werkself“ prangte auf zahlreichen Plakaten in der Stadt, mehr Zuschauer sollten in die Bayarena kommen. „Alles was wir tun können, ist noch erfolgreicher zu spielen, vielleicht kommen sie dann“, sagte Leverkusens Teamchef Sami Hyypiä. Doch wohl die wenigsten daheimgebliebenen Fans - nur etwas über 25.000 Zuschauer kamen zum Pokal-Duell - werden sich am Mittwoch geärgert haben. Denn die Werkself enttäuschte über 120 Minuten und verlor am Ende völlig verdient mit 0:1 (0:0, 0:0) gegen mutige Lauterer.
Teamchef Hyypiä gönnte Bayers-Torjäger Stefan Kießling und Mittelfeldmaschine Gonzalo Castro angesichts der kommenden schweren Wochen eine Verschnaufpause. Insgesamt veränderte der Bayer-Coach seine Elf gegenüber dem 1:0-Auswärtserfolg in der Liga gegen Mönchengladbach auf vier Positionen: Giulio Donati begann auf der Rechtsverteidigerposition für Roberto Hilbert; Neuzugang Andres Guardado konnte auf der Linksverteidiger-Position die Fans zum ersten Mal von seinem Können überzeugen. Emre Can rückte dafür auf die Castro-Position ins Mittelfeld; und Kießling-Vertreter Eren Derdiyok freute sich über einen Platz in der Anfangs-Werkself.
Die Gäste aus Kaiserslautern verzichteten ein wenig überraschend auf ihren Topscorer Mohamadou Idrissou, stattdessen sollte es Olivier Occéan vorne für den Zweitliga-Dritten richten. FCK-Trainer Kosta Runjaic war sich im Vorfeld der Außenseiterrolle des letzten Zweitligisten im DFB-Pokal bewusst. Trotzdem sagte der Ex-MSV-Trainer selbstbewusst: „Wir wollen Leverkusen Kopfschmerzen bereiten.“
Lautern von Beginn mutig
Und genau das gelang den Lauterern von der ersten Minute an. Schon in der ersten Viertelstunde wurde wohl dem letzten Leverkusener klar, dass dieser Abend kein Spaziergang werden würde: Die Lauterer spielten forsch nach vorne und versuchten die Leverkusener schon in deren eigener Hälfte am Spielaufbau zu hindern. Der sehr agile Alexander Ring nahm nach fünf Minuten zum ersten Mal das Leverkusener Tor ins Visier, verfehlte aus gut 20 Metern aber deutlich. Vor allem Guardado hatte auf seiner rechten Seite immer wieder Probleme mit Lauterns Rechtsaußen Karim Matmour und dem aufrückenden Rechtsverteidiger Florian Dick.
Auch interessant
Bayer Leverkusen kam das erste Mal in der 13. Minute vors Tor: Simon Rolfes flankte von der linken Seite butterweich auf Eren Derdiyoks Kopf, doch Lauterns Torhüter Tobias Sippel konnte den Ball zur Ecke klären. Es sollte Derdiyoks einzige nennenswerte Szene bleiben. In der 34. Minute spürte Leverkusens Ersatz-Stürmer ein Zwicken im linken Oberschenkel und musste verletzt raus. Für Kießling endete die verordnete Pause so schon früher als geplant.
In der ersten Halbzeit konnte allerdings auch Leverkusens Top-Stürmer nichts daran ändern, dass das Angriffspiel der Werkself nicht ins Rollen kommen wollte. Die Außen Heung Min Son und Sidney Sam zeichneten sich vor allem durch Missverständnisse aus, die zentralen Mittelfeldspieler Simon Rolfes, Lars Bender und Emre Can konnten dem Spiel nicht ihren Stempel aufdrücken. Immer wieder überbrückte Kaiserslautern nach Leverkusener Ballverlusten das Mittelfeld mit schnellen Kontern, scheiterte allerdings am finalen Pass.
Frust bei Sidney Sam
Sidney Sam war der erste, der seinem Frust Luft machte und nach einer rüden Grätsche völlig zu Recht die Gelbe Karte sah. Die zweite bekam Emre Can als er kurz vor der Pause einen Lauterer Konter mit einem taktischen Foul unterband. Eine symptomatische Szene für die erste Hälfte: Ballverlust Leverkusen, schneller Konter Lautern über rechts. Ein paar Leverkusener Fans kommentierten das Geschehen nach dem Halbzeitpfiff bereits mit Pfiffen.
In der zweiten Halbzeit änderte sich an dem Übergewicht für Lautern nicht viel. Es war wieder Ring, der in der 51. Minute für Kaiserslautern das erste Mal aufs Tor schoss und es in der 62. Minute aus gut 15 Metern noch mal versuchte. Die Lautern-Fans grölten da bereits: „Ohne Lautern wär' hier gar nichts los“ und „Bayer ist nervös“. Diese Nervosität schien Lautern-Coach Runjaic zu spüren. Er stellte ab der 71. Minute sogar auf zwei Stürmer um: Mohamadou Idrissou kam für den ausgepumpten Alexander Ring ins Spiel. Später folgte Srdjan Lakic für Olivier Occéan. Mut, der sich lohnen sollte.
Denn in der Verlängerung wurde ausgerechnet der eingewechselte Idrissou zum Helden. Erst zimmerte er in der 98. Minute einen Elfmeter rechts am Tor vorbei, um es dann aber in der 114. Minute besser zu machen. Der Kameruner flankte von rechts auf den völlig freistehenden Ruben Jenssen, der den Ball an Leno vorbei ins Tor beförderte. Lautern im Glück, die Fans außer sich. Leverkusen kam nicht mehr zum Zug und ging am Ende völlig verdient als Verlierer vom Platz.
Bereits am Samstag hat die Werkself die Chance zur Wiedergutmachung. Dann erscheint der FC Schalke 04 in der Bayarena, am Dienstag folgt in der Champions League Paris St. Germain - eine Sorge weniger für Hyypiä und Co.: Um den Zuschauerzuspruch müssen sie sich dabei keine Sorgen machen.