Berlin. Am Freitag gibt Joachim Löw bekannt, mit welchen Spielern er die WM-Qualifikation perfekt machen will. Es wird kräftig spekuliert, doch der Bundestrainer verspürt keinen Druck. Gespräche mit Jürgen Klopp und Rudi Völler müssen keinen unmittelbaren Einfluss haben.

Doppel-Besuch bei Rudi Völler und Jürgen Klopp, sechs Augen auf Stefan Kießling: Bei einer Zwei-Tage-Tour durch den Westen der Republik hat Joachim Löw mit seiner Trainer-Crew die Planungen für die letzten zwei WM-Qualifikationsspiele vorangetrieben. Dass die personalpolitisch brisanten Visiten in Leverkusen und Dortmund kurzfristigen Einfluss auf den Kader für die Partien am 11. Oktober gegen Irland und vier Tage später in Schweden haben werden, ist aber sehr fraglich.

Spekuliert und debattiert wird über die Fußball-Nationalmannschaft vor der Nominierung durch den Bundestrainer am Freitag wieder einmal heftig. Benachteiligte Dortmunder? WM-Notnagel Kießling? Alternative Roman Weidenfeller? Comeback von Mario Götze? Das Aufgebot für den Schlussspurt um das Ticket für Brasilien 2014 wird erste Antworten geben. Löw hält sich mit Aussagen gewohnt zurück - so auch nach den Ortsterminen rund um die erfolgreichen Champions-League-Spiele von Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen.

"Jogi hat klare sportliche Vorstellungen, er trifft seine Entscheidungen unabhängig vom öffentlichen Druck", erklärte Teammanager Oliver Bierhoff in der "Sport Bild". Wie ein Handlungsreisender war Löw in NRW unterwegs. Seine Ansichten zum Dauerthema Kießling bekam am Dienstag Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler präsentiert. Am Mittwoch war Jürgen Klopp vis-a-vis der Gesprächspartner - sicherlich auch, um das jüngste Grummeln der Westfalen zu beenden.

"Es war ein gutes Gespräch"

Mit Torwarttrainer Andreas Köpke kam der DFB-Chefcoach nach Dortmund und überzeugte offenbar den zuletzt mürrischen Klopp. "Es war ein gutes Gespräch in entspannter Atmosphäre", berichtete der BVB-Coach der "Bild"-Zeitung (Feiertagsausgabe). Alle relevanten Themen seien besprochen worden.

Wichtige Diskussionspunkte dürften die Personalien Mats Hummels und Weidenfeller gewesen sein. Für Innenverteidiger Hummels hatte Klopp nach dessen schlechter Leistung gegen Paraguay (3:3) zuletzt indirekt fehlende Rückendeckung durch den Bundestrainer beklagt. Da Köpke bei dem Treffen anwesend war, dürfte das Trio auch über BVB-Keeper Weidenfeller gesprochen haben. Löw und Köpke hatten die Entwicklung des lange ignorierten Torwarts gelobt. Eine Berufung für die Oktober-Partien ist aber fraglich. Die Entscheidung über den dritten WM-Torhüter falle nicht jetzt, sondern erst kurz vor dem Turnier in Brasilen, hat der DFB-Chefcoach mehrfach erklärt.

Leverkusens Sportdirektor Völler stärkte auch nach dem Treffen mit Löw weiterhin Bayer-Torjäger Kießling. "Ich glaube, dass Stefan Kießling sich eine Position erarbeitet hat, auch ein Alter und Erfahrungen hat, dass es gar nicht mehr wichtig ist, dass er gegen die Aserbaidschans dieser Welt nominiert wird. Dafür hat er viele junge Spieler, die sich ihre Sporen verdienen können", sagte der ehemalige DFB-Teamchef im ZDF-Morgenmagazin.

Kießling äußerte sich am Mittwochabend kryptisch. "Ich werde zu diesem Thema noch nichts sagen. Wir hatten ein Spiel und wir haben gewonnen", sagte Kießling nach dem 2:1-Sieg gegen Real Sociedad San Sebastian dem TV-Sender Sky. Dass er sich "noch" nicht äußern wolle, lässt Raum für Spekulationen. Löw hatte die Partie gegen die Spanier gemeinsam mit seinem Assistenten Hansi Flick und Köpke verfolgt.

Kießling möchte nichts sagen

Auch Völler hat wohl erkannt, dass Löw den Liga-Torschützenkönig für Brasilien 2014 nur für den Notfall eingeplant hat. "Wichtig ist, und da spreche ich aus Erfahrung, bei der WM dabei zu sein. Er wird nicht nur in der Lage sein zu helfen, er wird auch bereit sein, für Deutschland zu spielen", formulierte Völler.

Gegen die kopfballstarken Iren ordnet der Bundestrainer ohnehin andere Offensivstrategien als erfolgsversprechender ein. Wie schon einige Male mit Mario Götze praktiziert, könnte einer der offensiven Mittelfeldspieler in Abwesenheit von Miroslav Klose (Fuß) und Mario Gomez (Knie) eine abgewandelte Rolle als verkappte Sturmspitze übernehmen. Allerdings fehlt dem Neu-Münchner Götze nach einer Sprunggelenksverletzung Spielpraxis. Löw hatte auch schon den Dortmunder Marco Reus als "falschen Stürmer" ins Gespräch gebracht. Bei der 3:1-Gala des FC Bayern München bei Manchester City interpretierte Nationalelf-Rechtsaußen Thomas Müller die Rolle im Sturmzentrum exzellent, erzielte ein Tor und empfahl sich als Option.

Definitiv verzichten muss Löw neben Gomez auf die verletzten Dortmunder Marcel Schmelzer und Ilkay Gündogan sowie Arsenal-Profi Lukas Podolski. Hinter eine Berufung von Klose hatte Löw noch ein Fragezeichen gesetzt. Die Bayern-Stars Bastian Schweinsteiger und Götze kehren ins Aufgebot zurück, nachdem sie die September-Siege gegen Österreich (3:0) und die Färöer (3:0) verpasst hatten. Schweinsteiger kann in Schweden sein 100. Länderspiel bestreiten. Die DFB-Auswahl braucht noch einen Sieg, um sich fix für die WM in Brasilien 2014 zu qualifizieren. (dpa)