Paris. . Der Verdacht, bei der überraschenden Vergabe der Fußball-WM 2022 an das im Sommer glutheiße Emirat Katar sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen, erhält neue Nahrung. Die französische Zeitschrift „France Football“ prangert in einer 16 Seiten langen Titelgeschichte skandalöse Zustände im Weltverband Fifa an.
Der Wüstenstaat Katar schwelgt in märchenhaftem Reichtum, aber auf der Fußball-Weltrangliste rangiert das Emirat nur auf Platz 106. Katar – eine Fußballnation? Mitnichten.
Der Verdacht, bei der überraschenden Vergabe der Fußball-WM 2022 an das im Sommer glutheiße Emirat sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen, erhält neue Nahrung. Die französische Zeitschrift „France Football“ prangert in einer 16 Seiten langen Titelgeschichte („Le Qatargate“) skandalöse Zustände im Weltverband Fifa an. Und fragt: „Muss die Entscheidung aufgehoben werden?“
Das Bild, das sie vom Weltfußball und seinen Verbandsbossen zeichnen, trägt bisweilen Züge eines Spionage-Romans. Er handelt von einem undurchsichtigen Gestrüpp an Abhängig- und Gefälligkeiten, von geschmierten Exekutivkomitee-Mitgliedern und gierigen Fußball-Paten, von Interessenkonflikten und Korruption. Mitten im Visier: Frankreich.
Katar feiert WM
Nur zehn Tage vor der WM-Vergabe kam es dem Blatt zufolge am 23. November 2010 im Elysée-Palast zu einem Treffen auf höchster Ebene. Präsident Nicolas Sarkozy hatte Michel Platini, den Uefa-Präsidenten, und früheren Weltfußballer, sowie Prinz Tamim bin Hamid al-Thani, den Thronfolger von Katar, zum Mittagessen eingeladen. Der Staatschef soll Platini, der für die USA habe votieren wollen, „aus geopolitischen Gründen“ zugunsten von Katar umgestimmt haben. Katar setzte sich denn auch im entscheidenden vierten Wahlgang 14:8 durch. Den Korruptionswurf hat der pikierte Uefa-Boss umgehend ins Reich der Fabel verwiesen: „Sarkozy hat mich nie gebeten, für Katar zu stimmen, weil er wusste, dass ich ein freier, unabhängiger Mann bin.“
An jenem Herbsttag im Elysée soll es um weit mehr gegangen sein, nämlich um eine Art Koppelgeschäft. Denn für den damals abgewirtschafteten Verein Paris St. Germain wurde ebenso ein Investor gesucht wie für einen neuen Sportkanal. Und siehe da: Keine anderthalb Jahre später hatte die Fürstenfamilie den Hauptstadt-Klub zu 100 Prozent übernommen, anschließend 130 Millionen Euro in spektakuläre Transfer (z. B. Zlatan Ibrahimovic) gesteckt und den neuen Sportkanal „beIN-Sport“, eine Tochter von Al-Dschasira, gegründet. Allein durch den TV-Sender fließen bis 2016 rund 150 Mio Euro an die „Ligue 1“.
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Der Emir von Katar ist in Paris verliebt, und die Franzosen wiederum begrüßen den Investor mit offenen Armen. So erwarb der Scheich diverse Luxushotels, etliche Stadtpaläste und immer wieder Immobilien auf dem Prachtboulevard Champs-Elysées. Ein Vermögen von rund zehn Milliarden Euro soll auf diese Weise vom Golf an die Seine geflossen sein. Nebenbei erwähnt: Auch bei deutschen Prestigeunternehmen wie Volkswagen und Porsche sitzt der Emir mit am Steuer.
Ein Job für den Sohn
Jérôme Valcke, die Nummer 2 hinter Fifa-Chef Sepp Blatter, schrieb in einer internen E-Mail an den Fifa-Vize Jack Warner im Mai 2011 einen folgenschweren Satz über den Ausrichter. „Sie haben die WM 2022 gekauft“, heißt es darin. Doch sogleich legte Valcke einen Rückzieher hin und korrigierte in Unschuldsmiene: Die Mail sei flapsig formuliert gewesen.
Folgt man dem früheren Fifa-Spitzenfunktionär Guido Tognoni, dann ist das Valcke-Statement nicht weit von der Wahrheit entfernt. Im Interview mit „France Football“ nennt der Schweizer Tognoni, im Jahr 2003 nach 13 Dienstjahren von Sepp Blatter hinauskompromittiert, seinen alten Arbeitgeber „eine kleine Mafia“ und fügt anklagend hinzu: „In der Fifa herrscht eine Kultur der Korruption.“
Zufall oder auch nicht: Platinis Sohn Laurent, ein gelernter Jurist, hat sich schon beruflich verändert. Er ist jetzt „Senior Manager“ für den Standort Europa. Sein Arbeitgeber: Qatar Sports Investments.