Essen. Die FIFA wird das Thema Korruption nicht los, insbesondere rund um die WM-Vergaben an Russland und Katar reißen die Spekulationen nicht ab. Der neue Chefermittler der Ethikkommission hat nun angekündigt, diese Vergaben untersuchen zu wollen - und auch die an Deutschland 2006.
Der neue Chefermittler der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA, der US-Amerikaner Michael Garcia, will die Vergabe der WM 2006 an Deutschland sowie der Endrunden 2018 an Russland und 2022 an Katar untersuchen. Ebenfalls in seinem Fokus steht die Insolvenz des langjährigen FIFA-Partners und Sportrechtevermarkters ISL. Garcia hat sich in der ARD-Sportschau und dem WDR-Hintergrundmagazin Sport Inside (Montag, 22.45 Uhr) erstmals zum Umfang und Inhalt seiner Aufgabe geäußert.
FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hatte vor einigen Wochen nebulöse Anschuldigungen in Richtung der deutschen WM-Bewerbung für 2006 erhoben, sich aber anschließend wieder davon distanziert. Die Vorwürfe waren vonseiten des damaligen WM-Bewerbungs-Chefs Franz Beckenbauer und des heutigen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach vehement zurückgewiesen worden.
ISL hatte Millionensummen an Schmiergelder, unter anderem an den FIFA-Ehrenpräsidenten Joao Havelange sowie dessen Landsmann und den langjährigen Präsidenten des brasilianischen Verbandes, Ricardo Teixeira, gezahlt. "Wenn Sie sich das anschauen, dann ist doch klar, dass es da was zu untersuchen gibt, und das werde ich tun", sagte der 51-jährige US-Amerikaner, der früher als Bundesstaatsanwalt von New York Mafia-Größen und Wallstreet-Finanzbetrüger angeklagt hatte.
Korruptionsexperte bleibt skeptisch
Zur Rolle und dem möglichen Wissensstand von FIFA-Chef Blatter im Zusammenhang mit den Schmiergeldvorwürfen innerhalb des Weltverbandes sagte Garcia: "Je wichtiger die involvierte Person ist, umso wichtiger ist es, sie auch zu untersuchen."
Der Mitbegründer der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International und ehemalige Ermittler im Watergate-Skandal, Michael Hershman, äußerte skeptisch: "Keiner von uns ist voll überzeugt, dass der Reformprozess auch funktionieren wird. Wir alle haben diesen hohen Grad an Skepsis und Verdacht gegenüber der FIFA."
Deutscher Richter warnt Blatter
Die Ethikkommission der FIFA besteht aus einer ermittelnden Kammer unter Vorsitz von Garcia. Die rechtsprechende Kammer wird vom deutschen Richter Hans-Joachim Eckert geleitet. Eckert hatte unlängst eine deutliche Warnung in Richtung Blatter ausgesprochen. "Entweder er klärt auf, oder er ist weg", hatte er dem Nachrichtenmagazin Focus gesagt.
Eckert sieht die FIFA in der Pflicht. "Der Verband muss komplette Transparenz herstellen. FIFA-Angehörige sollen verpflichtet sein, uns Auskünfte zu erteilen", betonte er. Dabei dürfe er bei seinen Verfahren "keine Unterschiede im Ansehen der Person" machen. Auch gegen Blatter wolle er - falls nötig - Geldstrafen verhängen oder sogar einen FIFA-Ausschluss in Erwägung ziehen. (sid)