Frankfurt. . Der Sportdirektor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, spricht von der Unzufriedenheit der Spieler. Der Teamgeist aber sei “total intakt“. Bierhoff wehrt sich gegen die Kritik von Bayern-Präsident Uli Hoeneß.

Für viele war erst einmal Regeneration angesagt. Fast die Hälfte des DFB-Aufgebots, das sich am Freitag in Dublin mit Irland um drei Punkte zur WM-Qualifikation misst, durfte während des Trainings in der Frankfurter Sechs-Sterne-Herberge „Villa Kennedy“ bleiben: Die Wahl-Madrilenen Mesut Özil und Sami Khedira, die Wahl-Londoner Lukas Podolski und Per Mertesacker waren ebenso wie die dreiköpfige Dortmunder Delegation vom Dienst befreit.

Doch vielleicht hat das unvollständige Bild auf dem Trainingsrasen auch nur zu den feinen Rissen gepasst, die sich gerade zur Unzeit im Umfeld auftun. Hatte nicht gerade Bastian Schweinsteiger in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung spitz bemerkt, welch guter Geist beim FC Bayern herrsche? „Bei uns springt die komplette Bank auf, das ist vielleicht ein kleiner Unterschied zur Nationalmannschaft bei der EM. Da sind nicht immer alle gesprungen“, hieß es da.

Schweinsteiger bemängelt "fehlenden Respekt"

Der 95-fache Nationalspieler hat dazu im Kellergeschoss der Frankfurter Arena erst Stellung bezogen, als das Zitat exakt wiederholt wurde. „Ich habe meine Meinung, dazu stehe ich. Mich überrascht, welche Aufmerksamkeit das nach sich zieht.“ Der 28-Jährige bemängelte generell „fehlenden Respekt“ und bemerkte, sein Statement sei „nichts Negatives, ich will, dass wir besser werden.“ Einen kleinen Rüffel von Löw hatte er sich trotzdem eingehandelt, eine zarte Belehrung von Bierhoff folgte.

Der sportlichen Leitung ist eben nicht entgangen, dass sich die Blöcke aus München und Dortmund nicht so leicht schunkelnd in den Armen liegen. „Wir haben mehr Spieler, die von sich behaupten können: ,Eigentlich müsste ich spielen.‘ Das gibt mehr Unzufriedenheit“, so Bierhoff. Dennoch sei der Teamgeist „total intakt“. Der unter die Buchautoren gegangene Manager gab mal wieder den Feuerlöscher für die Störfeuer, die aus den unterschiedlichsten Ecken aufflammen.

Bierhoff wehrt sich gegen Hoeneß-Rundumschlag

Dass Bayern-Oberhaupt Uli Hoeneß in einem Rundumschlag den Nationaltrainer („muss mehr Druck machen, nicht immer nur gute Laune“), die Überversorgung („Es ging in der Vorbereitung darum, welche Tischtennisplatte wohin geflogen werden musste, möglichst noch auf den Mont Blanc“) und Miroslav Klose („hat 80 Prozent seiner Tore gegen Liechtenstein und Co. erzielt, mindestens“) anging, mochte Bierhoff nicht unwidersprochen lassen.

Nonchalant wies er darauf hin, auch der FC Bayern fliege für Sponsorentermine nach Japan und merkte süffisant an, gegen Basketballkörbe hätte der bayerische Poltergeist und bekennende Basketball-Fan vermutlich nichts gehabt. Richtig enttäuscht sei er indes über die Aussage gegen Klose. „Das war abfällig.“ Zumal die aufgetischten Fakten nicht stimmen, da der 34-jährige Nationalelf-Stürmer von seinen 64 Länderspieltreffern nur 20 gegen die ganz kleinen Kaliber angebracht hat.

Nicht gegenseitig bewerten

Töricht findet Bierhoff auch die ständig wiederkehrende Debatte um die angeblich zu flachen Hierarchien. Altvordere Kritiker wie Hoeneß müssten begreifen, dass die junge Generation dies anders ausfülle. „Die alte Hackordnung, ‚du trägst das Tor, ich mach nichts‘, geht nicht mehr“, insistierte der 44-Jährige. Seine Replik in Richtung Süden: „Der FC Bayern spielt auch mit einer flachen Hierarchie, mit einem Kapitän Lahm und einem Führungsspieler Schweinsteiger.“

Grundsätzlich gelte: „Ich finde es nicht gut, wenn sich die Verantwortlichen gegenseitig bewerten. Wir lassen uns auch nicht über die Arbeit von Bayern aus.“ Etwa beim unsäglichen Arjen-Robben-Versöhnungskick inmitten der EM-Vorbereitung.

Bei so viel Dissonanzen ging fast unter, dass wenige hundert Meter weiter in der Verbandszentrale eine Personalie harmonisch abgewickelt wurde: Der alte Sportdirektor Matthias Sammer in einem offiziellen Akt beim DFB verabschiedet worden – vermutlich aber nicht mit besten Grüßen an die nervigen Meinungsmacher in München.