Wien. Marcel Schmelzer wollte es seinen Kritikern und Bundestrainer Löw zeigen. Und doch enttäuschte der Verteidiger auf der linken Abwehrseite. Dem BVB-Profi fehlt nach eigener Aussage die „Selbstsicherheit aus dem Verein“.
Der Motor des deutschen Mannschaftsbusses brummte schon, als Marcel Schmelzer im Bauch des Wiener Stadions stand und redete. Viel sagte der Dortmunder dabei nicht. Er zuckte viel die Achseln. "Das muss erst die Videoanalyse zeigen, welche Fehler wir gemacht haben" lautete am Dienstagabend seine am häufigste Floskelantwort. Zu seiner Leistung wollte er sich schon gar nicht äußern. "Das ist doch nicht so interessant", sagte der 24 Jahre alte linke Außenverteidiger leise. Er weiß selbst, dass seine Darbietung beim schmeichelhaften 2:1 gegen Österreich im Ernst-Happel-Stadion nicht ausreichte, um die Diskussion um seine Position zu beenden. Die linke Abwehrseite bleibt die deutsche Problemzone.
Die Auswertung der Europameisterschaft hatte Bundestrainer Joachim Löw dazu bewogen, dass er Kapitän Philipp Lahm wieder über die rechte Seite verteidigen lässt. Schon beim ersten Qualifikationsspiel zur WM 2014 in Brasilien gegen die Färöer Inseln (3:0) hatte sich Löw deshalb schon früh auf einen Einsatz von Schmelzer festgelegt. Er wolle ihn mal über vier Spiele auf dieser Position sehen, kündigte Löw an. Daraus wurde nichts, weil Schmelzer sich verletzte. Holger Badstuber, eigentlich ein klassischer Innenverteidiger, half deshalb aus.
Fahrig im Zweikampf, schlampig im Aufbau
Wieder von seiner Fußverletzung genesen, durfte Schmelzer gegen Österreich ran. Doch auch Löw fiel schnell auf, dass dieser Schmelzer mit dem Adler auf der Brust ein anderer Spieler ist als der im gelben Trikot der Dortmunder. "Mir fehlt diese Selbstsicherheit aus dem Verein, und dann ist es schwierig im Eins gegen Eins zu bestehen", sagte Schmelzer nach seinem achten Länderspiel. Er wirkte fahrig in den Zweikämpfen, schlampig im Aufbau, und am Spiel nach vorne beteiligte er sich kaum.
Wie sehr er mit sich beschäftigt war, sah man auch an einer Szene in der ersten Hälfte. Als er die Partie hätte schnell machen können, blieb er erst mal stehen und legte sich den Ball noch mal kurz vor, bevor er ihn wieder mit der Sohle stoppte. "Schmelzer hat es nicht so gut gelöst wie gegen Argentinien", sagte Löw hinterher. Ihm sei vom Gegner einige Male in den Rücken gespielt worden. "Dieser Fehler darf ihm nicht passieren", fügte der 52 Jahre alte Fußballlehrer hinzu und bemängelte ebenso Schmelzers Verhalten beim Gegentor, als ihn Marko Arnautovic wie einen F-Jugendlichen einfach stehen ließ. "Da darf es natürlich kein Durchkommen für den Österreicher geben", sagte Löw.
Löw fehlen Alternativen zu Schmelzer
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Die Unzulänglichkeiten der deutschen Mannschaft auf den Außenpositionen aber allein Marcel Schmelzer zuzuschieben, wäre ungerecht. Die gesamte Mannschaft wirkte gegen die leidenschaftlich aufspielenden Österreicher seltsam gehemmt. Auch Lahm machte Fehler in der Spieleröffnung, die man von ihm selten gesehen hat. Bezeichnend war seine zweite Gelbe Karte im zweiten Spiel nacheinander, die dazu führt, dass er am 12. Oktober in Irland nun zuschauen muss.
Die Schwierigkeiten auf Außen werden den Bundestrainer also noch einige Zeit beschäftigen. Löw ist niemand, der sich von einem Spieler schnell abwendet. Und im Fall von Schmelzer wird er das schon allein aus Mangel an Alternativen nicht tun. Auch Badstuber lobt ihn als "Willensspieler, den jede Mannschaft braucht".
In der Bundesliga gibt es ohnehin niemanden, der sich aufdrängen würde. Clemens Fritz und Dennis Aogo hatten ihre Chancen. Die Position auf der linken Verteidigerseite nehmen sonst in der Liga meist Ausländer ein. "Wir werden deswegen mit Schmelzer weiter arbeiten, um ihn auf internationales Niveau zu entwickeln", sagte Löw.
Marcel Schmelzer wird sich über diese Aussage freuen, auch wenn er mit herunterhängenden Schultern in Richtung Bus schlurfte und aussah, als hätte er soeben ein großes Spiel verloren. (dapd)