Essen. Uefa-Exekutivmitglied Theo Zwanziger hat vor der EM von den Nationalspielern kritische Meinungsäußerungen gefordert und sprach von „mündigen Staatsbürgern, die Fußball spielen“. Große Vorfreude auf politische Statements von Lukas Podolski und Mario Gomez kommt bei Manni Breuckmann aber nicht auf.
Da hat doch tatsächlich ein Uefa-Funktionär mit der Verschiebung der Fußball-Europameisterschaft gedroht, falls sich die Lage in der Ukraine weiter verschärft. Bravo, wollte ich schon rufen, jetzt haben sie endlich den politischen Dreh gefunden und geben die richtige Antwort auf den rüden Umgang der Ukrainer mit der Opposition. Zu früh gefreut. Der Uefa-Mann redete ausschließlich – wichtig genug! – über explodierende Bomben und die Sicherheitslage. Wesentlich politischer wurde da unser Theo Zwanziger, immer noch Uefa-Exekutivmitglied. Er forderte von den Nationalspielern kritische Meinungsäußerungen und sprach von „mündigen Staatsbürgern, die Fußball spielen“.
Tut mir leid, aber da fallen mir zwei Klassiker ein. 1978, bei der WM in Argentinien, wo damals eine blutrünstige Militär-Diktatur herrschte, sprach Berti Vogts: „Argentinien ist ein Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen.“ Und als die Nationalmannschaft 1979 die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchte, fragte Mario Basler mit großen Augen den Bundestrainer (Berti Vogts!): „Trainer, hat’s so was wirklich gegeben?“ Selbstverständlich ist die heutige Generation der Fußballspieler umfassend informiert, liest täglich drei Tageszeitungen und bildet sich über den TV-Sender Phoenix ständig politisch weiter. Trotzdem: Die ganz große Vorfreude auf politische Statements von Podolski und Gomez kommt bei mir nicht auf. Vielleicht habe ich mich einfach schon zu oft fremdgeschämt.