Essen. Der Niederländer Arjen Robben hat offenbar die Vertragsverhandlungen mit Bayern München auf Eis gelegt. Der Zwist mit Franz Beckenbauer und der handfeste Streit mit Franck Ribery brachten den Stürmer erneut ins Grübeln. Bei so viel Unruhe stellt sich allerdings auch die Frage: Braucht der FC Bayern München Robben noch?
Erst war es Franz Beckenbauer, der mit seiner Elfmeter-Kritik Arjen Robben auf die Palme brachte. Dann ließ Franck Ribery nach einem Streit um einen Freistoß im Hinspiel gegen Real Madrid in der Kabine wohl die Fäuste sprechen. Und hinter dem Rücken des Niederländers lästern die Mitspieler längst über die eigensinnige Spielweise und haben Robben den Spitznahmen "Aleinikow" verpasst. Ab einem gewissen Punkt stellt sich nicht mehr die Frage, ob Arjen Robben seinen bis 2013 laufenden Vertrag um zwei Jahre bis 2015 verlängert. Sondern ob der FC Bayern München das Gesamtpaket Robben überhaupt halten sollte.
Zwar haben die Bayern die Meisterschaft erneut an Borussia Dortmund verloren. Doch mit dem Pokalfinale gegen den BVB und vor allem dem Endspiel in der Champions League gegen den FC Chelsea im heimischen Stadion hat der Rekordmeister noch zwei große Chancen, die Saison mit Titeln zu krönen. Da kommt der Stress mit Arjen Robben um seine Vertragsverlängerung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
Robben hat die Verhandlungen mit dem FC Bayern München auf Eis gelegt
Arjen Robben hat jetzt laut Bild-Zeitung erst einmal Fakten geschaffen und die Verhandlungen mit dem FC Bayern München abgebrochen. Eigentlich sollte die Verlängerung des Vertrages Ende April nur noch eine Formalität sein. Doch die Nadelstiche, die Robben in den letzten Wochen einstecken musste, sitzen tief bei dem sensiblen Niederländer. "Warten wir ab, es sind in letzter Zeit viele Dinge passiert", sagt Robben gegenüber dem "kicker". Und präzisiert: "Franck weiß, dass er nicht machen kann, was er gemacht hat".
Dabei schien der Zusammenstoß zwischen Robben und Ribery eigentlich ad acta gelegt. Nach dem Siegtreffer von Ribery gegen Werder Bremen rannte der Franzose zur Ersatzbank der Münchner und berührte Robben kurz mit der Faust - eine versöhnliche Geste. Zudem soll sich Ribery bereits vor der Mannschaft für den vermeintlichen Faustschlag gegen Robben entschuldigt haben, so Medienberichte. "Wir haben uns auf die gemeinsamen Ziele eingeschworen", ließ Robben danach gegenüber der Bild verlauten.
Niederländer tritt gegen Beckenbauer nach
Nach dem Einzug ins Finale der Champions League hatte Robben bereits für Miss-Stimmung in der Stunde des Triumphes gesorgt: In einem Fernseh-Interview ließ der Stürmer seinen Ehrenpräsidenten Franz Beckenbauer wissen, dass er nicht immer zufrieden sei, mit dem was Beckenbauer sagt: "Muss man manchmal ein bisschen nachdenken, glaube ich", schoss Robben hinterher.
Jetzt also das erneute Nachtreten von Arjen Robben. Im "kicker" lässt der Nationalspieler fallen, dass er auch einige andere Möglichkeiten hätte. Englische Medien hatten in den vergangenen Wochen von dem Interesse von Premier-League-Clubs wie Tottenham Hotspurs, Chelsea, Arsenal und Manchester United berichtet. Juventus Turin soll Robben erst kürzlich per SMS abgesagt haben.
Robben ist ein schlechter Bankdrücker
Mit Argusaugen scheint Robben zudem die Transferpolitik bei Bayern München zu beobachten. Mit Xherdan Shaqiri ist bereits ein Konkurrent für den Flügel verpflichtet worden. Auch die Idealposition für Thomas Müller liegt auf der rechten Offensiv-Seite. In dieser Saison hat Robben bereits mehrfach bewiesen, dass ein Platz auf der Ersatzbank für einen Spieler seines Formats unwürdig sei - selbst wenn es Heynckes nur darum ging, zu rotieren und seine Stars zu schonen. Für Robben kommt die Ersatzbank einem Liebesentzug gleich.
Dazu kommt der Stellenwert innerhalb der Mannschaft. Natürlich ist sich jeder Bayern-Spieler bewusst, dass Robben mit seiner individuellen Klasse und seinen Toren einige Erfolge in den letzten drei Jahren erst möglich gemacht hat. Trotzdem waren es meist nur Einzelaktionen Robbens die zum Erfolg geführt haben. Ging das schief, zog er sich nicht selten den Unmut seiner Mitspieler zu.
Ribery ist das Vorbild beim FC Bayern München
Luftlinie 60 Meter weiter zeigt Franck Ribery in den letzten Monaten, dass ein Dribbelkünstler nicht nur selbst den Abschluss suchen muss, sondern auch in der Vorbereiter-Rolle glänzen kann. Dazu besticht der Franzose immer häufiger durch einen vorbildhaften Kampfgeist in der Defensiv-Arbeit - eine Eigenschaft, die Robben meist vermissen lässt.
Irgendwann gelangen auch die Bosse des FC Bayern München an einen Punkt, wo sie die Klasse eines Arjen Robben gegen den Teamgeist und das Gleichgewicht im Mannschaftsgefüge aufwiegen müssen. Wenn Jupp Heynckes der Meinung ist, dass ein Müller und ein Shaqiri die Lücke auf der rechten Seite füllen können, dürfte ein Wechsel Robbens trotz aller Beteuerungen näher rücken. Da der niederländische Nationalspieler sicherlich noch eine Ablösesumme von mehr als 20 Millionen Euro bringen würde, könnten die Münchner gegebenenfalls auf dem Transfermarkt auch noch einmal nachlegen.
Europameisterschaft als Schaufenster für Robben
Eine Entscheidung über die Zukunft Robbens dürfte allerdings erst nach dem Champions-League-Finale und vielleicht auch erst nach der Europameisterschaft fallen. Bei der EM in Polen und der Ukraine hätte der Niederländer die Chance, sich internationalen Top-Clubs zu präsentieren.
Da auch Bayern München vor den letzten wichtigen Spielen keinen Brandherd gebrauchen kann, werden beide Seiten in den nächsten Tagen versuchen, das Thema herunterzuspielen. Bleibt nur zu hoffen, dass aus dem lodernden Funken um Robben nicht ausgerechnet im Spiel gegen den FC Chelsea ein unkontrollierbares Feuer wird.