München. Bei der WM 2010 erlebte Thomas Müller seinen bisherigen Karriere-Höhepunkt. Zuletzt lief es für den Nationalspieler nicht unbedingt nach Wunsch. Müllers Problem ist derzeit nicht nur die fehlende Leichtigkeit und Torgefährlichkeit, sondern auch seine Position.

Dass ihm sein berühmter Namensvetter Gerd Müller im Werbespot die Milch klaut, dürfte Thomas Müller gerade noch verkraften. Dass er bei Bayern München aber zuletzt zum Wackelkandidaten wurde, ist für den 22-Jährigen dagegen weitaus schwerer verdaulich. Erstmals in seiner noch jungen Karriere geht es für den lange Zeit gefeierten Jungstar nicht mehr nur steil bergauf. Müller erlebt die Schattenseiten seines Berufs als Fußball-Profi. Zuletzt äußerte sogar „Kaiser“ Franz Beckenbauer Kritik an Müllers Entwicklung.

„Ich bin nicht begeistert von dem, was er spielt. Er muss wieder mannschaftsdienlich spielen“, sagte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer unlängst bei Sky90. Er habe gedacht, so Beckenbauer weiter, dass der Nationalspieler den Hype nach der WM 2010 „besser verkraftet. Er war so erfrischend, als er reinkam - das hat er verloren“.

Umjubelter WM-Torschützenkönig

Da hat Beckenbauer recht. Die Unbekümmertheit, mit der Müller in ein Spiel ging, die Frechheit, mit der er seine Tore erzielte, sind zuletzt nicht mehr zu bestaunen gewesen. Erst magere vier Treffer in 32 Liga-Einsätzen sind für einen Thomas Müller, bei der WM in Südafrika mit fünf Treffern noch der umjubelte Held und der WM-Torschützenkönig, zu wenig.

Auch interessant

So verwunderte es auch kaum, dass Bayern-Trainer Jupp Heynckes in der vergangenen Woche im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid in der Startformation auf den 26-maligen Nationalspieler (10 Tore) verzichtete - erstmals in so einem wichtigen Spiel. Erst nach 61 Minuten durfte Müller für Bastian Schweinsteiger ran. Auch im Rückspiel am Mittwochabend im Stadion Santiago Bernabeu (20.45 Uhr/live im DerWesten-Ticker) drohte ihm das gleiche Schicksal.

Müllers Problem ist derzeit nicht nur die fehlende Leichtigkeit und Torgefährlichkeit, sondern auch seine Position. Den rechten Flügel der Bayern, dort, wo sich der wuselige Müller mit seinem laufintensiven Spiel am wohlsten fühlt und wo er auch in der Nationalmannschaft unumstritten ist, besetzt Arjen Robben. Links ist Franck Ribery die klare Nummer eins.

Kroos hat sich etabliert

Bleibt für Müller derzeit also nur die Rolle des Lückenfüllers für die beiden Superstars oder die weniger geliebte in der Offensiv-Zentrale des Bayern-Spiels. Doch dort hat sich wiederum der kreativere Toni Kroos etabliert - auch weil Müller schwächelt.

Eine Situation, die Müller nervt, auch wenn er das öffentlich nicht zugeben mag. Genauso wie es ihn stört, dass ihm die Minuten vorgerechnet werden, in denen er nicht trifft. So waren es etwa vom 24. September 2011 bis zum 11. Februar 2012 exakt 1162 torlose Müller-Minuten, ehe er die Flaute beim 2:0 gegen Kaiserslautern beenden konnte. „Jetzt könnt ihr endlich mit dem Zählen aufhören“, meinte er anschließend süffisant.

Auch interessant

Doch seitdem ist es für Müller nur unwesentlich besser geworden. Am 17. März hatte der beste Nachwuchsspieler der WM 2010 noch ein Erfolgserlebnis beim 6:0 gegen Hertha BSC feiern dürfen - das war s dann auch schon wieder.

Müller sieht sich „mental stabil“

Weshalb Präsident Uli Hoeneß zuletzt anmerkte, dass dem FC Bayern im inzwischen verlorenen Titelkampf mit Borussia Dortmund auch die Tore von Thomas Müller gefehlt hätten. In den beiden Spielzeiten davor waren es immerhin 13 bzw. 12 gewesen.

Müller glaubt aber nicht, dass ihn die derzeitige Phase in irgendeiner Form von seinem Weg abbringen könnte. Er sei „eher rational veranlagt“ und „mental stabil'.

Und er ist ein Freund von klaren Worten, auch in Bezug auf seine Ziele bei der Euro in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli). „Wir wollen die großen Spiele gewinnen - das Halbfinale, das Finale. Das ist der Anspruch“, sagte er in einem stern-Interview: „Ich will nicht meine ganze Karriere lang hören, wie groß unser Potenzial ist, und am Ende nichts in der Hand halten.“ Wie bei der Milch...