Duisburg. Vom Fußball-Nationalspieler und Bundesligaprofi zum Arbeitslosen: Moses Sichone hat sich elf Wochen im Trainingslager für vertragslose Fußballer der Spielergewerkschaft VDV in Duisburg-Wedau fit gehalten.

51-facher Nationalspieler für Sambia, 83 Bundesliga-Spiele für den 1. FC Köln und Alemannia Aachen, weit über hundert Zweitligaeinsätze, gesund, durchtrainiert – und arbeitslos. Moses Sichone (34) hat sich elf Wochen im Trainingslager für vertragslose Fußballer der Spielergewerkschaft VDV in Duisburg-Wedau fit gehalten. Angetrieben von der Hoffnung, doch noch einen Verein für die laufende Saison zu finden. Im Interview spricht der Innenverteidiger über Fußballer zweiter Klasse, die Motivation, sich immer wieder aufs Neue zu quälen, und seinen Gang zum Arbeitsamt.

Herr Sichone, Ihre große Zeit als Profifußballer des 1. FC Köln ist lange vorbei. Sind Sie noch prominent?

Moses Sichone: Ich werde auch heute noch oft erkannt, ja. In der Regel aber von Fußballinteressierten.

Haben Sie schon Autogramme an Leute verteilt, die Sie nicht mehr als Fußballprofi wahrgenommen haben?

Sichone: Ja, das kommt vor. Aber die Menschen sind neugierig, fragen nach. Dann heißt es schnell: „Ah, der ehemalige FC-Spieler!“

Im Moment sind Sie aber der arbeitslose Spieler, haben in der Sommerpause keinen Vertrag bekommen.

Sichone: In Jena kam es zu Missverständnissen zwischen Trainer Wolfgang Frank und mir. Die Chemie hat nicht mehr gestimmt. Deswegen habe ich den Vertrag dort auslaufen lassen.

Hatten Sie denn Angebote anderer Klubs nach Saisonende?

Sichone: Ja. Aber es war bislang kein passendes dabei.

Sie haben in Ihrer Karriere sehr viel Geld verdient – und sich jetzt arbeitslos gemeldet. War Ihnen der Gang zum Amt unangenehm?

Sichone: (lächelt verlegen) Ja, es war zumindest keine angenehme Erfahrung. Aber da muss man durch.

Hat sich Ihr Leben durch die Arbeitslosigkeit verändert? Müssen Sie sich einschränken?

Sichone: Es hat sich nicht viel verändert. Aber natürlich habe ich mich ein bisschen angepasst. Das ist normal, wenn man nicht mehr so viel verdient.

Ihnen geht es noch ganz gut, oder?

Sichone: (lacht) Ja klar, ich bin gesund!

Ausgesorgt haben Sie noch nicht?

Sichone: Nein. Aber ich kann es mir erlauben, auf ein Angebot zu warten, das passt. Eins, bei dem ich Spaß habe und eine Perspektive sehe.

Zum Beispiel?

Sichone: Mir ist es wichtig, eine Anschlussoption zu haben. Einen Klub zu finden, bei dem ich auch nach meiner aktiven Zeit noch arbeiten kann, beispielsweise als Trainer im Jugendbereich.

Aber es muss Fußball sein? Oder hätten Sie andere Möglichkeiten?

Sichone: Nein. Es sollte Fußball bleiben, denn daran habe ich Spaß. Fußball ist mein Leben.

Wäre auch ein Wechsel ins Ausland denkbar? In Ihrer Heimat Afrika würden Sie sicher mit Kusshand genommen.

Sichone: Das stimmt. Ich kann mir gut vorstellen, den Menschen in meiner Heimat etwas mit meiner Erfahrung zurückzugeben. Aber das hat wohl noch etwas Zeit.

Fühlen Sie sich als Fußballer zweiter Klasse, als Sportler auf dem Abstellgleis, dessen letzter Zug abgefahren ist?

Sichone: Nein, überhaupt nicht. Solche Phasen gehören dazu. Auch hier im Trainingscamp hatte ich viel Spaß. Die jüngeren Spieler schauen zu mir auf, gucken sich manches ab. Wir sind hier fast eine Mannschaft.

Das VDV-Camp ist jetzt beendet. Wie geht es für Sie weiter, falls der entscheidende Anruf ausbleibt?

Sichone: Dann werde ich mich bei einem Klub in der Umgebung fit halten.

Haben Sie noch Kontakt zu ihren ehemaligen FC-Kollegen?

Sichone: Zu einigen, ja. Ich wohne in Kerpen, bin öfter mal bei Heimspielen des FC. Da freut man sich, mich zu sehen.

Ihr ehemaliger Mitspieler Dirk Lottner trainiert momentan die zweite Mannschaft in der Regionalliga…

Sichone: Ja. Das könnte ich mir gut vorstellen, mich dort fit zu halten. Eine gute Sache.

Woher nehmen Sie die Motivation, jeden Sommer aufs Neue anzugreifen, sich in der Vorbereitung zu quälen?

Sichone: Fußball ist nicht nur ein Spiel. Man muss sich motivieren und die Pausen nutzen, um für sich selbst weiter zu kommen. Jeder ist für seinen Körper selbst verantwortlich

Wie fit, wie gut sind Sie noch als Fußballer?

Sichone: Ich fühle mich sehr gut, kann immer noch über 90 Minuten Gas geben.

In welcher Liga?

Sichone: Die zweite Liga traue ich mir noch zu. Aber wie gesagt: Das Paket muss stimmen. Das kann auch in den Ligen darunter der Fall sein.

Wenn Sie fit sind: Warum haben Sie dann keinen Vertrag?

Sichone: Ich weiß es nicht. Vielleicht eine Frage des Alters. Die Mechanismen im Fußball sind so. Vereine wollen junge Spieler.

Sie sind 34 Jahre alt. Raúl auch.

Sichone: (lacht) Ja, er spielt unglaublich. Ein Phänomen.