Gelsenkirchen. . Der Fall Markus Miller bei Hannover 96 machte einmal mehr deutlich, wie wichtig psychologische Betreuung im Profifußball ist. Die Initiative „Mental gestärkt“ soll Spieler und Vereine sensibilisieren. Der Handlungsbedarf ist nach wie vor groß.

Gelsenkirchen war am vergangenen Freitag Schauplatz des 6:2-Erfolges der deutschen Nationalmannschaft, die mit ihrem Sieg gegen Österreich die EM-Qualifikation perfekt machte. Einige Stunden zuvor, war es aber auch Schauplatz für einen anderen sportlichen Erfolg: Auf einer Pressekonferenz wurde die Initiative „Mental gestärkt“ vorgestellt.

Sie verfolgt das Ziel, etwas für die psychische Gesundheit von Leistungssportlern zu tun. Wie aktuell dieses Thema einige Tage später werden könnte, wussten die Anwesenden in den Räumen der „medicos. Auf Schalke“ schon länger. Als Hannover 96 am Montag bekannt gibt, dass Ersatztorwart Markus Miller sich auf Grund „mentaler Erschöpfung“ in stationäre Behandlung begeben will, sieht Ulf Baranowsky Geschäftsführer der VDV (Vereinigung der Vertragsfußballspieler) zumindest eine positive Entwicklung: „Der Verein will seinen Torwart unterstützen.“

„Nach dem Fall Robert Enke mussten wir unser Angebot verstärken“

Das Thema der psychischen Erkrankungen im Profifußball kam vor knapp zwei Jahren mit dem Freitod Robert Enkes an die Öffentlichkeit. Schon davor hatte sich die VDV intensiv um eine bessere psychologische Betreuung in Fußballvereinen bemüht. Es gab Beratungsangebote und eine Hotline für Hilfe suchende Spieler. „Nach dem Fall Robert Enke,“ so Ulf Baranowsky, „wussten wir, dass wir den Druck erhöhen und unser Angebot verstärken müssen“. So wuchs die Initiative „Mental gestärkt“. Die VDV arbeitet dabei Hand in Hand mit der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, der deutschen Sporthochschule Köln und der Robert-Enke Stiftung, welche Hauptsponsor ist. Das Ergebnis ist eine Anlaufstelle für die Fußballklubs und Spieler mit Sitz an der Sporthochschule in Köln. Ein Netz aus Fachmännern der Sportpsychologie, zu denen unter anderem auch Valentin Markser gehört, der damals Robert Enke betreute.

Am Freitag fand die Auftaktveranstaltung von „Mental gestärkt“ statt: „Die Basis ist geschaffen, das müssen wir jetzt an die Spieler und Klubs tragen.“ Denn auch wenn die Vereine seit dem Fall Robert Enke laut Baranowsky „sensibler geworden sind, gibt es immer noch Handlungsbedarf.“ Psychologische Betreuung ist oft nur befristet und nicht professionell genug. Die Sorgen der Fußballspieler: Sie haben Angst, dass ihre Probleme bekannt werden und sie damit ihrer Karriere schaden.

Das soll sich mit „mental gestärkt“ verändern: „Ein Vorteil der Initiative ist es, dass die Ansprechpartner Kontakte knüpfen und die Spieler so passend weitervermitteln können,“ sagt Professor Dr. Michael Kellmann von der Ruhr-Universität Bochum, der ebenfalls Teil des Netzwerkes ist. Im Zusammenhang mit dem Zentrum für Sportpsychologie an der Bochumer Universität arbeitet der Sportpsychologe mit Nachwuchsspielern aus Bochum und Dortmund zusammen. „Wir bieten Unterstützung für Trainer und Spieler und sind auch beim Training regelmäßig vor Ort.“ Dabei geht es in erster Linie um die Leistungsoptimierung: Wie bekomme ich die Doppelbelastung Fußball und Schule ausbalanciert? Wie reduziere ich die Nervosität bei wichtigen Spielen? Wie können die Spieler langfristig auf hohem Niveau spielen?

Hermann hat beim DFB einen Meilenstein gesetzt

Laut Professor Kellmann hat sich die Situation im Profifußball aber schon deutlich verbessert: „Hans-Dieter Hermann hat beim DFB einen Meilenstein gesetzt. Bald hat dann auch die Bundesliga erkannt, dass die Sportpsychologie ein wichtiges Thema ist. Viele Vereine haben da einen großen Schritt nach vorne gemacht.“ Der Diplom-Psychologe Herrmann ist seit 2004 für die Betreuung der Nationalmannschaft verantwortlich.

Alles in allem doch eine positive Entwicklung im Profifußball, das ist auch an der Offenheit im Fall Markus Miller bei Hannover 96 zu beobachten: „Wichtig ist, dass die Vereine zu ihren Spielern stehen und den Vertrag verlängern“, sagt Professor Kellmann. Und Ulf Baranowsky findet es positiv, wie sich der Hannover 96 positioniert hat: „Ich hoffe, dass der Torwart so seine Karriere fortsetzen kann.“

Trauer um Robert Enke

Nationaltorhüter Robert Enke starb am 10. November 2009.
Nationaltorhüter Robert Enke starb am 10. November 2009. © AP
Er wurde von einem Zug überfahren.
Er wurde von einem Zug überfahren. © ddp
Jörg Schmadtke, Manager von Hannover 96 (r.) und Polizeisprecher Stefan Wittke auf der Pressekonferenz.
Jörg Schmadtke, Manager von Hannover 96 (r.) und Polizeisprecher Stefan Wittke auf der Pressekonferenz. © AP
Rettungskräfte stehen in Neustadt am Ruebenberge neben Bahngleisen, auf denen Nationaltorwart Robert Enke von einem Zug erfasst wurde.
Rettungskräfte stehen in Neustadt am Ruebenberge neben Bahngleisen, auf denen Nationaltorwart Robert Enke von einem Zug erfasst wurde. © ddp
Enke wurde am frühen Abend gegen 18.25 Uhr nördlich von Hannover von einem Zug erfasst und tödlich verletzt.
Enke wurde am frühen Abend gegen 18.25 Uhr nördlich von Hannover von einem Zug erfasst und tödlich verletzt. © ddp
Erste Erkenntnisse deuteten auf einen Suizid hin, sagte der Sprecher. Enke wurde 32 Jahre alt.
Erste Erkenntnisse deuteten auf einen Suizid hin, sagte der Sprecher. Enke wurde 32 Jahre alt. © ddp
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bestätigte den Selbstmord Enkes am Abend.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bestätigte den Selbstmord Enkes am Abend. © ddp
Die Meldung verbreitete sich rasend über Kanäle wie zum Beispiel Twitter. Fassungslosigkeit machte sich breit.
Die Meldung verbreitete sich rasend über Kanäle wie zum Beispiel Twitter. Fassungslosigkeit machte sich breit. © ddp
Die Fans trauern um einen eher stillen Star.
Die Fans trauern um einen eher stillen Star. © AP
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Was ihn zu diesem tragischen Schritt getrieben haben könnte, war zunächst noch unklar. 
Nach Stationen bei Mönchengladbach, Benfica Lissabon, FC Barcelona und Istanbul, kam Enke 2004 zum Bundesligisten Hannover 96.
Was ihn zu diesem tragischen Schritt getrieben haben könnte, war zunächst noch unklar. Nach Stationen bei Mönchengladbach, Benfica Lissabon, FC Barcelona und Istanbul, kam Enke 2004 zum Bundesligisten Hannover 96. © ddp
Bereits seit 1997 bestritt Enke Spiele als National-Torhüter - beginnend in der U-21-Mannschaft. 1999 spielte er erstmals im A-Kader.
Bereits seit 1997 bestritt Enke Spiele als National-Torhüter - beginnend in der U-21-Mannschaft. 1999 spielte er erstmals im A-Kader. © ddp
Enke hatte eine große Fan-Gemeinde - auch außerhalb seines Clubs Hannover 96.
Enke hatte eine große Fan-Gemeinde - auch außerhalb seines Clubs Hannover 96. © waz
Aufgrund seines Auslandsaufenthaltes und starker Leistungsschwankungen flog er allerdings aus der Stamm-Mannschaft.
Aufgrund seines Auslandsaufenthaltes und starker Leistungsschwankungen flog er allerdings aus der Stamm-Mannschaft. © ddp
Erst mit der Rückkehr in die Bundesliga kam er auch wieder in die National-Auswahl.
Erst mit der Rückkehr in die Bundesliga kam er auch wieder in die National-Auswahl. © ddp
Rivalen ums deutsche Tor: Jens Lehmann, Rene Adler and Robert Enke.
Rivalen ums deutsche Tor: Jens Lehmann, Rene Adler and Robert Enke. © AP
An der EM 2008 nahm er offiziell als Nummer 2 hinter Jens Lehmann teil.
An der EM 2008 nahm er offiziell als Nummer 2 hinter Jens Lehmann teil. © AFP
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Nach Lehmanns Rücktritt war er Anwärter für den Posten des Stammtorhüters bei der WM im kommenden Jahr.
Nach Lehmanns Rücktritt war er Anwärter für den Posten des Stammtorhüters bei der WM im kommenden Jahr. © ddp
Aber die Konkurrenz blieb hart: Tim Wiese, Rene Adler und Robert Enke.
Aber die Konkurrenz blieb hart: Tim Wiese, Rene Adler und Robert Enke. © Bongarts/Getty Images
Zwei Jahre zuvor ereilte Enke ein Schicksalsschlag: Seine Tochter Lara starb bei einer Operation, mit der ein angeborener Herzfehler beseitigt werden sollte. Foto: Jochen Luebke/ddp
Zwei Jahre zuvor ereilte Enke ein Schicksalsschlag: Seine Tochter Lara starb bei einer Operation, mit der ein angeborener Herzfehler beseitigt werden sollte. Foto: Jochen Luebke/ddp © ddp
Enke hinterließ eine acht Monate alte Tochter und Ehefrau Teresa ...
Enke hinterließ eine acht Monate alte Tochter und Ehefrau Teresa ... © imago sportfotodienst
... hier vor über zehn Jahren.
... hier vor über zehn Jahren.
Der DFB trauert um Robert Enke.
Der DFB trauert um Robert Enke. © ddp
Die deutsche Fußball-Welt reagiert entsetzt. Der Team-Manager des Nationalteams, Oliver Bierhoff.
Die deutsche Fußball-Welt reagiert entsetzt. Der Team-Manager des Nationalteams, Oliver Bierhoff. "Wir sind alle geschockt, uns fehlen die Worte." © AP
DFB-Präsident Theo Zwanziger:
DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Wir sind fassungslos und voller Trauer. Unser ganzes Mitgefühl gilt der Frau von Robert Enke und seiner Familie." © ddp
Niedersachsens Ministerpraesident Christian Wulff (CDU) - Fan von Hannover 96: 'Deutschland verliert einen Ausnahmesportler und einen sensiblen Menschen, der für viele ein Vorbild war. Wir trauern um ihn.'
Niedersachsens Ministerpraesident Christian Wulff (CDU) - Fan von Hannover 96: 'Deutschland verliert einen Ausnahmesportler und einen sensiblen Menschen, der für viele ein Vorbild war. Wir trauern um ihn.' © ddp
Martin Kind - Präsident von Hannover 96, Enkes Club: 'Es war ein Unfall. Das ist eine absolute Katastrophe, ich kann es gar nicht fassen und auch nicht weiter kommentieren.' (Fotos: ap, ddp, afp, imago, getty)
Martin Kind - Präsident von Hannover 96, Enkes Club: 'Es war ein Unfall. Das ist eine absolute Katastrophe, ich kann es gar nicht fassen und auch nicht weiter kommentieren.' (Fotos: ap, ddp, afp, imago, getty) © Bongarts/Getty Images
Im Quartier der deutschen Fussball-Nationalmannschaft
Im Quartier der deutschen Fussball-Nationalmannschaft "Kameha Grand Bonn" herrscht Trauerstimmung. Ob das Länderspiel am Samstag gegen Chile stattfindet, ist noch unklar. © ddp
Mit Robert Enke verliert Deutschland nicht nur einen großen Fußballer, sondern auch einen sympathischen Menschen.
Mit Robert Enke verliert Deutschland nicht nur einen großen Fußballer, sondern auch einen sympathischen Menschen. © ddp
Der FC Barcelona legte vor dem Spiel am Dienstagabend eine Trauerminute in Gedenken an Robert Enke ein.
Der FC Barcelona legte vor dem Spiel am Dienstagabend eine Trauerminute in Gedenken an Robert Enke ein. © AP
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96.
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96. © AP
Die Fahnen vor der Geschäftsstelle hängen auf halbmast.
Die Fahnen vor der Geschäftsstelle hängen auf halbmast. © AP
96-Fans trauern zusammen am Stadion, legen Kerzen, Schals und Trikots nieder.
96-Fans trauern zusammen am Stadion, legen Kerzen, Schals und Trikots nieder. © AP
Am Fanshop der
Am Fanshop der "Roten" hängt ein alles sagendes Plakat. © AP
Hannovers Präsident Martin Kind ist tief bestürzt.
Hannovers Präsident Martin Kind ist tief bestürzt. © AP
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96.
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96. © AP
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96.
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96. © AP
Fans können sich am Stadion in ein Kodolenzbuch eintragen.
Fans können sich am Stadion in ein Kodolenzbuch eintragen. © AP
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96.
Tiefe Trauer rund um das Stadion von Hannover 96. © AP
Der Präsident des DFB, Theo Zwanziger, telefoniert und es wird diskutiert, ob das Länderspiel der DFB-Elf am Samstag gegen Chile abgesagt wird.
Der Präsident des DFB, Theo Zwanziger, telefoniert und es wird diskutiert, ob das Länderspiel der DFB-Elf am Samstag gegen Chile abgesagt wird. © AP
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Auf einer emotionalen Pressekonferenz bestätigten Enkes Witwe Teresa und sein behandelnder Arzt am Mittwoch die Depressionen des Nationaltorwarts.
Auf einer emotionalen Pressekonferenz bestätigten Enkes Witwe Teresa und sein behandelnder Arzt am Mittwoch die Depressionen des Nationaltorwarts. © AP
"Wir haben aber alles zusammen durchgestanden. Das hat uns zusammen geschweißt. Ich habe immer versucht, für ihn da zu sein, ich habe ihm gesagt, dass es für alles eine Lösung gibt, wenn man zusammenhält." © AP
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