Zürich. „Krise? Welche Krise?“, hatte Sepp Blatter vor zwei Tagen gefragt. Und der Fifa-Kongress bestätigte ihn in seine Einschätzung: 186 von 203 Delegierten wollten sich von Kritikern ihre heile Fußball-Welt nicht kaputt reden lassen. Ein Kommentar.

Sepp Blatter, so wollen uns die ersten Reaktion en auf die Wiederwahl des umstrittenen Fifa-Präsidenten Glauben machen, ist noch einmal davon gekommen. Doch wer so denkt, hat nichts verstanden. Der Mann hat einen triumphalen Wahlsieg gefeiert – und die in den vergangenen Tagen weltweit als korrupte Bande beschimpfte Fußball-Organisation hat der ganzen Welt eine Nase gedreht.

Den Präsidenten zum ersten Mal in geheimer Abstimmung wählen zu lassen, war ein genialer Schachzug des Schweizers, der voll aufging. Dass angesichts der jüngsten Entwicklungen viele Fifa-Mitglieder auf diesem Weg ihr Unbehagen gegen ihren Präsidenten Ausdruck geben würden, entsprang der Fantasie von Leuten, die keine Vorstellung von dieser „ehrenwerten Gesellschaft“ haben. 186 von 203 Delegierten in Zürich dachten gar nicht daran, ein Geheimnis daraus zu machen, dass sie mit Sepp Blatter bisher glänzend gefahren sind.

Im Umkehrschluss darf man davon ausgehen, dass die wenigen, die gegen Blatter stimmten, sich persönlich von dem allmächtigen Fifa-Boss ent- bzw. getäuscht sahen. Beispiel England, das gegen Blatter schon vorher die britische „Höchststrafe“ mit der Ausladung von der „Hochzeit des Jahres“ verhängte hatte. Hätte Blatter dem Königreich – mit welchen Mitteln auch immer – die WM 2018 beschafft, er hätte sich vermutlich sogar als Trauzeuge von Prinz William bewerben können ...