Zürich. Joseph Blatter bleibt trotz der massiven Krise beim Fußball-Weltverband FIFA-Präsident und will den Korruptionssumpf mit einer Revolution bekämpfen. Der Schweizer wurde auf dem 61. Kongress der Fifa mit 186 von 203 Delegierten-Stimmen wiedergewählt.
Joseph S. Blatter bleibt trotz der massiven Krise beim Fußball-Weltverband FIFA-Präsident und will den Korruptionssumpf mit einer Revolution bekämpfen. Der 75-jährige Schweizer wurde auf dem 61. Kongress des Weltverbandes in Zürich mit 186 von 203 Delegierten-Stimmen für vier weitere Jahre wiedergewählt. Zuvor hatte der gewiefte Taktiker mit einem cleveren Schachzug den Kongress auf seine Seite gezogen.
"Ich möchte, dass in Zukunft die Organisation der WM vom Kongress der FIFA beschlossen wird", sagte Blatter und sorgte damit vor allem bei den Delegierten für eine große Überraschung. Der Fußball-Pate will künftig die 208 Delegierten der Mitgliedsverbände über den Austragungsort der Weltmeisterschaften entscheiden lassen - und nicht mehr das wegen der massiven Korruptionsvorwürfe umstrittene FIFA-Exekutivkomitee. Das FIFA-Exko soll nur noch eine Vorauswahl treffen dürfen.
"Wir wollen radikale Schritte unternehmen und nicht nur kleine kosmetische Verbesserungen. Wir brauchen eine grundlegende Reform, denn die FIFA ist in einer unwürdigen Lage", sagte Blatter, der nun in seine vierte Amtszeit als FIFA-Boss geht: "Unser Schiff ist in Schieflage geraten, wir fahren durch trübe Gewässer. Aber ich werde als Kapitän alles daransetzen, dass wir wieder auf Kurs kommen", sagte Blatter, der Spekulationen zufolge wegen weiterer Enthüllungen aber möglicherweise nicht bis zum Ende der Amtsperiode im Jahr 2015 regieren wird.
Zwanziger fordert Überprüfung
So forderte auch DFB-Präsident Theo Zwanziger eine Überprüfung der skandalumwitterten Vergabe der WM 2022 an Katar. "Ich muss nach dem, was ich höre und lese, davon ausgehen, dass es einen beachtlichen Grad an Verdächtigungen gibt, den man nicht einfach wegschieben kann", sagte Zwanziger dem ZDF.
Er müsse davon ausgehen, "dass man unter diesem Gesichtspunkt die Vergabe der WM noch einmal überprüfen muss. Wie das zu geschehen hat, dazu will ich mich erst äußern, wenn ich mehr über den Sachverhalt weiß. Ich komme von außerhalb und war nicht Mitglied der Exekutive."
Allerdings darf sich Zwanziger offenbar keine großen Hoffnungen machen, dass mögliche interne Ermittlungen tatsächlich zu einem Ergebnis führen werden. "Ich werde persönlich dafür sorgen, dass die Weltmeisterschaften in Russland und Katar durchgeführt werden können", sagte FIFA-Vizepräsident Angel Maria Villar Llona als Vorsitzender der Rechtskommission.
Die Delegierten reagierten derweil positiv überrascht auf die Ankündigung von Blatter, die Vergabe der Weltmeisterschaften in ihre Hände zu legen. Auf einem noch nicht terminierten außerordentlichen Kongress soll die Reform beschlossen werden. Zudem soll neben der Ethikkommission eine Art Lösungskommission gegründet werden, die den Korruptionsvorwürfen auf den Grund gehen soll.
"Wir brauchen Transparenz und können nicht mehr einfach nur reden, sondern müssen handeln. Schließlich geht es um den Ruf unseres Königswettbewerbs, der Weltmeisterschaft. Die doppelte Vergabe im Dezember 2010 hat zu einer Welle von Anschuldigungen geführt. Und diese ganzen Wellen sind noch immer nicht verebbt. Wir müssen reagieren", sagte Blatter.
Schmiergelder bei der Vergabe an Katar?
Nichtsdestotrotz bleibt weiter fraglich, ob Blatter seine vierte Amtszeit wirklich übersteht. Bei der Vergabe der WM 2022 an Katar sollen Schmiergelder in Millionenhöhe gezahlt worden sein. Auch über die Vergabe an Russland wurde hinter den Kulissen heftig diskutiert. Blatter weiß, dass es in den kommenden Wochen noch eng für ihn werden könnte.
"Ich habe einige Ohrfeigen eingesteckt. Wenn jetzt sogar schon die Natur eine Revolte anstrengt, dann ist es auch normal, dass die Menschen eine Revolte anstrengen. Die Welt durchlebt unruhige Zeiten. Aber ich bin weiter überzeugt, dass der Fußball eine verbindende Rolle spielen kann", sagte der Schweizer, der die Korruptionsprobleme beim Weltverband sogar mit der Naturkatastrophe in Japan verglich.
Zuvor hatte der Kongress den Weg für die Wiederwahl Blatters freigemacht. Die 208 Delegierten lehnten einen Antrag des englischen Verbandes FA auf eine Verlegung der Wahl mit 172:17 Stimmen deutlich ab. FA-Boss David Bernstein hatte einmal mehr die Verlegung der Wahl gefordert.
"Einige wollten mich überreden, hier zu schweigen. Die Wahl ist ein Rennen mit einem Pferd. Ich fordere aber eine offene und faire Wahl mit einem Konkurrenten. Denn dann wird der gewählte Präsident auch die notwendige Glaubwürdigkeit haben, um die Probleme zu lösen", sagte Bernstein, der sich als einziger Redner gegen Blatter auflehnte.
Keine Reaktionen zeigte Blatter mehr in Richtung Mohamed Bin Hammam. Dem suspendierten Bin Hammam wurde am Mittwoch zudem der Zutritt zum Kongress verwehrt. Der Katarer, der ursprünglich bei der Präsidentschaftswahl gegen den Amtsinhaber antreten wollte, konnte bislang keinen Einspruch gegen seine Suspendierung einlegen.
Bin Hammam und Warner unter Verdacht
Bereits vor der Suspendierung hatte Bin Hammam seine Kandidatur zurückgezogen. Bin Hammam soll mithilfe von Jack Warner, Präsident der CONCACAF-Konföderation (Nord- und Mittelamerika und Karibik), Stimmen von Mitgliedern der karibischen Fußball-Union CFU gekauft haben.
"Ich bin sehr traurig darüber, was in den letzten Tagen passiert ist. Ich werde nie akzeptieren, wie ein Name und mein Ruf beschädigt wurden. Ich werde um mein Recht kämpfen", sagte der 62-Jährige und fügte hinzu: "Ich wurde bestraft, bevor ich schuldig gesprochen bin. Das geht nicht." (sid)