Valencia. Der FC Valencia hat 450 Millionen Euro Schulden und eine Bauruine. Aber auch eine gute Elf. Am Dienstag spielt der Pleiteklub wie selbstverständlich im Champions-League-Achtelfinale gegen Schalke 04.

Ein Skelett steht rechts an der Straße. Es grüßt die Fußballprofis des FC Valencia, die jeden Morgen auf dem Weg zum Trainingsgelände daran vorbei fahren. Das riesige Skelett aus Beton sollte einmal ihre Heimat werden, das Neue Mestalla, ein Stadion für 75.000 Zuschauer. Doch im Februar 2009 stoppte der Klub den Bau, er konnte ihn nicht mehr finanzieren. So ragt die halbfertige Arena seit zwei Jahren in den Himmel, von den Kränen und Bauarbeitern verlassen: das Stadion, in dem nur der Wind spielt.

Die Bauruine ist das Mahnmal eines stillstehenden Landes. Seit der überhitzte spanische Bau- und Immobilienmarkt 2009 implodierte, ist die Arbeitslosigkeit von acht auf 20 Prozent gestiegen, viele Projekte mussten jäh gestoppt werden. Im Rausch hatte sich auch der FC Valencia verhoben. Als der Neubau abgebrochen wurde, stand der zweimalige Champions-League-Finalist mit 547 Millionen Euro Schulden da. „Unsere Situation ist nicht die von Alice im Wunderland“, sagt Valencias heutiger Präsident, Manuel Llorente. Sein Geschäftsführer Javier Gómez drückt es weniger poetisch aus: „Noch vergangenes Jahr standen wir kurz davor zu verschwinden.“

Sportliches Spitzenniveau

Doch wer auf das Spielfeld schaut, sieht diese Krise nicht. Am Dienstag spielt der FC Valencia wie selbstverständlich im Champions-League-Achtelfinale gegen Schalke 04, in der spanischen Liga ist man Dritter mit einer Elf, die den schnellen Pass und wendige Flügelspieler wie Juan Mata und Pablo Hernández als Markenzeichen aufweist. Ein Klub, der seine Weltmeister David Villa, David Silva und Carlos Marchena vergangenen Sommer in Not verkaufen musste, hat sein sportliches Spitzenniveau in etwa gehalten. Und so ist der FC Valencia auch ein spanisches Symbol, wie man in einem stillstehenden Land weiterlebt.

Mit klarer sportlichen Linie und fragwürdiger Hilfe von den Amigos in Banken und Politik geht’s schon. Der größte Kreditgeber, die lokale Sparkasse Bancaja, erließ etliche Schulden im Tausch gegen Klubaktien. Die Regionalregierung sieht beharrlich darüber hinweg, dass der Klub dem Finanzamt mindestens 21 Millionen Euro schuldet. Zu den seriöseren Maßnahmen des neuen Präsidiums um Llorente gehörte die Verbilligung der Mannschaft. 87 Millionen Euro nahm der Klub diese Saison aus Spielerverkäufen ein. Auch die Personalkosten wurden von 98 auf 83 Millionen gesenkt. Zum ersten Mal seit Jahren gibt Valencia nicht mehr Geld aus als es einnimmt. Es sind jetzt nur noch 430 Millionen Euro Schulden; wobei „nur“ ein schönes Wort angesichts der Summe ist.

Dass eine Mannschaft nach dem Exodus ihrer Besten gleich gut weiterspielt, hat seine Logik. Denn der Unterschied zwischen einem Weltklassestürmer wie David Villa, den Valencia für 40 Millionen Euro an Barcelona abgab, und einem auch recht guten Angreifer wie Nachfolger Roberto Soldado wird minimal, wenn ein begabter Trainer wie Valencias Unai Emery die Elf trainiert.

Teurer Baugrund

Wenn am Dienstag im alten Mestalla wieder die Stimmung aus Tagen des Schwarz-Weiß-Fernsehens erwacht, wird sich zeigen, was für ein Glück es manchmal ist, wenn die Dinge schief gehen. Sonst wäre dieses mythische Stadion längst abgerissen worden. Der damalige Präsident Juan Soler, ein Bauunternehmer, entschied 2005, das alte Mestalla als Baugrund für Wohnblocks zu verkaufen. Wegen der innenstädtischen Lage bekäme der Klub 500 Millionen Euro, prahlte Soler. Mit der Aussicht auf fette Einnahmen begann er schon, auf Kredit am Stadtrand die neue Arena zu bauen und fleißig teure Spieler zu verpflichten. Einen Käufer für das alte Stadion fand er nie.

Valencia 1997

Viertelfinale UEFA-Cup FC Schalke 04 - FC Valencia 2:0 am 04.03.1997 im Parkstadion Gelsenkirchen / Die Schalker Fans schwenken ihre UEFA-Cup - Sitzkissen
Viertelfinale UEFA-Cup FC Schalke 04 - FC Valencia 2:0 am 04.03.1997 im Parkstadion Gelsenkirchen / Die Schalker Fans schwenken ihre UEFA-Cup - Sitzkissen © WAZ
Schalkes Trainer Huub Stevens (re.) mit seinem Assistenten Hubert Neu
Schalkes Trainer Huub Stevens (re.) mit seinem Assistenten Hubert Neu © WAZ
der spanische Trainerstab mit Chef Jorge Valdano (re.)
der spanische Trainerstab mit Chef Jorge Valdano (re.) © WAZ
Günther Jauch (li.) als Moderator der Sportsendung ***anpfiff*** im Gespräch mit dem spanischen Trainer Jorge Valdano und RTL-Experte Franz Beckenbauer (re.)
Günther Jauch (li.) als Moderator der Sportsendung ***anpfiff*** im Gespräch mit dem spanischen Trainer Jorge Valdano und RTL-Experte Franz Beckenbauer (re.) © WAZ
Günther Jauch (li.) mit dem spanischen Trainer Jorge Valdano
Günther Jauch (li.) mit dem spanischen Trainer Jorge Valdano © WAZ
Günther Jauch (li.)  im Gespräch mit RTL-Experte Franz Beckenbauer (re.)
Günther Jauch (li.) im Gespräch mit RTL-Experte Franz Beckenbauer (re.) © WAZ
Yves Eigenrauch
Yves Eigenrauch © WAZ
Schalkes Kapitän Olaf Thon beim Wimpeltausch
Schalkes Kapitän Olaf Thon beim Wimpeltausch © WAZ
Jiri Nemec
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Martin Max (li.) und Youri Youri Mulder im Gästestrafraum
Martin Max (li.) und Youri Youri Mulder im Gästestrafraum © WAZ
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Das "Kampfschwein" Marc Wilmots © WAZ
Martin Max
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Martin Max (li.)
Martin Max (li.) © WAZ
Valencias Trainer Jorge Valdano
Valencias Trainer Jorge Valdano © WAZ
Youri Mulder
Youri Mulder © WAZ
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150 Millionen Euro hat den FC Valenica das Betonskelett gekostet. Ob es jemals weitergebaut wird, ist nicht abzusehen. In Deutschland mokieren sie sich angesichts solcher Tatsachen, was für eine Misswirtschaft im spanischen Fußball herrsche. Diese Belehrungen können sich die Gäste am Dienstag sparen – wenn der FC Schalke mit seinen rund 250 Millionen Euro Schulden in Valencia zu Besuch ist.