München. Der ehemalige Fußball-Profi Christian Nerlinger übernimmt beim FC Bayern München das schwere Erbe von Uli Hoeneß. Seine Karriere begann mit einem Praktikum.
Christian Nerlinger hat schon ein paar Mal ein Gespür für den richtigen Moment bewiesen, zumindest in Verbindung mit dem FC Bayern München. Vor eineinhalb Jahren bewarb er sich beim Rekordmeister um ein Praktikum im Rahmen seines Studiums, und ein paar Wochen später bot ihm Jürgen Klinsmann den Job als Teammanager an.
Das erste Mal war es vor 24 Jahren gewesen. Da spielte Nerlinger noch bei einem Münchner Stadtteilklub im Nachwuchs und schoss gegen die favorisierte Bayern-Jugend drei Tore. „Eine Woche später kam der Anruf. Ich sollte zum Probetraining vorbeikommen”, erinnert sich der heute 36-Jährige.
Zweimal Deutscher Meister
Nerlinger setzte sich durch beim FC Bayern, damals wie heute. Er hatte sich einst auf Anhieb in der Bundesliga behauptet, als einer der wenigen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, gewann mit den Profis zwei deutsche Meistertitel und den Uefa-Cup, ehe er 1998 zu Borussia Dortmund wechselte. Nun steigt er vom Teammanager zum Sportdirektor auf, übernimmt einen Teil des umfangreichen Arbeitsgebietes von Uli Hoeneß, der sich am Jahresende aus dem Vorstand zurückziehen und Franz Beckenbauer als Chef des Aufsichtsrates beerben wird.
„Bei Hoeneß muss man nicht kuschen”
Morgen tritt Nerlinger offiziell seinen neuen Posten an, er bezieht ein Büro, das direkt neben dem des Managers liegt. Aber eigentlich gehört er schon seit ein paar Monaten zu den Entscheidungsträgern des Rekordmeisters. In der Rückrunde organisierte er nicht mehr nur die Termine der Profis, er war in der Rückrunde immer öfter bei den Vorstandssitzungen dabei, auch bei jener Ende April, auf der die Entlassung von Jürgen Klinsmann beschlossen worden war.
Statt des Trainingsanzuges, im dem er in der vergangenen Saison auf dem Bayern-Gelände anzutreffen war, trägt er nun meistens Hemd und Anzughose und bastelt seit Wochen am neuen Gesicht des FC Bayern, zusammen mit Trainer Louis van Gaal und Hoeneß. Für Nerlinger ist das halbe Jahr an der Seite des Managers wie eine Lehrzeit. „Er wird mir sehr viel mit Rat und Tat zur Seite stehen, mich richtig fit machen.” Dann müsse er sich allerdings „irgendwann freischwimmen”.
Hoeneß wird weiterhin dominante Rolle haben
Als Hoeneß-Nachfolger bezeichnet zu werden, ist ihm ein bisschen unangenehm. Es habe lediglich eine Umstrukturierung im Verein stattgefunden, sagt er. Denn zum einen „wird sich Uli Hoeneß 0,0 zurückziehen. Er ist vielleicht nicht mehr bei jedem Freundschaftsspiel dabei, aber er wird eine ganz dominante Rolle spielen.” Zum anderen übernimmt Nerlinger eben auch nur einen Teil der Managertätigkeit, am Jahresende soll noch ein Marketingexperte in die Führungsriege der Münchner aufgenommen werden.
Nerlinger denkt gar nicht daran, Hoeneß zu kopieren, er hat auch nicht vor, den Verein umzukrempeln, er wolle nur an „ein paar Stellschrauben drehen”, ansonsten werde er mehr „nach innen” arbeiten. „Ich muss nicht das Gesicht des FC Bayern sein, wie es Oliver Bierhoff bei der Nationalmannschaft ist.”
Dass er im vergangenen Jahr in einer eher untergeordneten Position tätig war, habe ihm geholfen. „Da konnte ich viel beobachten, ohne mich zu positionieren”, sagt Nerlinger. Aber er hat auch klar Stellung bezogen, viel diskutiert, „konstruktiv, aber auch kontrovers”, denn „bei Hoeneß muss man nicht kuschen.”