Gelsenkirchen. Ein WM-Test stand an, das letzte Länderspiel des Jahres. Erkenntnisse? Zweitrangig. Es ging darum, wieder zurück zum Spiel zu finden. Deutschland und die Elfenbeinküste trennten sich 2:2 an einem Abend, an dem der Fußball sich wieder bewegte.
Nichts war wie sonst vor einem Länderspiel in Deutschland, nichts war wie sonst in der Schalker Arena. Michael Ballack, der verletzte Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, ging zur Bank und legte ein Torwarttrikot ab, ein rotes Trikot mit der 1. Und dem Namen Robert Enke. Als sich die Auswahlteams der beiden WM-Teilnehmer aufstellten, trugen die Spieler der Elfenbeinküste T-Shirts mit dem Bild des verstorbenen deutschen Torhüters. Auf dem Videowürfel waren bewegende Bilder von Robert Enke zu sehen, dazu lief anrührend.
Die Atmosphäre erinnerte an den 11. September 2001, als am Abend nach den Terroranschlägen in New York Schalke 04 in dieser Arena das Champions-League-Spiel gegen Panathinaikos Athen 0:2 verlor. Der Unterschied: Die Trauer war anonymer damals, das Schicksal hatte kein Gesicht.
Nur 33 000 Zuschauer interessierten sich gestern Abend für den WM-Test, selbst als vor Saisonbeginn eine Oliver-Pocher-Elf gegen Bayern München juxte, war die Arena nicht so leer.
Aaron Hunt debütierte
Bundestrainer Joachim Löw nutzte die Gelegenheit zu einigen Experimenten. Auf der rechten Abwehrseite durfte sich wieder Jerome Boateng versuchen, der sein Debüt beim entscheidenden 1:0-Sieg in der WM-Qualifikation in Russland mit einem Platzverweise verpatzt hatte. Vorne ackerte Stefan Kießling, der Führende der Bundesliga-Torschützenliste, im Tor spielten je eine Halbzeit Tim Wiese und Manuel Neuer, und in der Schlussphase debütierte im Mittelfeld der Bremer Aaron Hunt.
Schon nach zehn Minuten hatte sich Stefan Kießlings Einsatz gelohnt. Auf dem Weg zum Tor bekam der Leverkusener einen Stoß ins Kreuz: Der niederländische Schiedsrichter Björn Kuipers zeigte sofort auf den Punkt und hielt dem Elfmeter-Verursacher Guy Demel vom Hamburger SV den gelben Tadelsbeweis unter die Nase. Lukas Podolski erledigte die Sonderaufgabe eiskalt mit einem Flachschuss zum 1:0 ins Eck.
Sicherheit aber vermittelte der Treffer nicht. Vor allem in den ersten 20 Minuten leisteten sich die Deutschen eine Reihe von Konzentrationsschwächen, die den ungewöhnlichen Umständen geschuldet gewesen sein könnten.
Der von Joachim Löw versprochene Einsatzwille aber war beim deutschen Team durchaus erkennbar. Lukas Podolski scheiterte mit zwei gefährlichen Schüssen, Heiko Westermann mit einem Kopfball, und Piotr Trochowski setzte einen feinen Flachschuss an den Pfosten.
Tim Wiese musste nur einmal zugreifen: beim Schuss von Yaya Toure in der 36. Minute. Er verließ das Feld fehlerfrei. Im Gegensatz zu Manuel Neuer, der in der 57. Minute ausgerechnet von seinem Schalker Vereinskollegen Heiko Westermann in eine peinliche Bedrängnis gebracht wurde: Den halbhohen Rückpass wollte Neuer direkt wegschlagen, doch er traf dabei den vor ihm stehenden Emmanuel Eboue, von dessen Leib der Ball ins Tor sprang. Ein kurioser Ausgleichstreffer.
Doch damit gaben sich die Afrikaner noch nicht zufrieden: In der 85. Minute brachte sie Seydou Doumbia in Führung. In der Nachspielzeit aber sorgte erneut Lukas Podolski mit dem 2:2 für einen versöhnlichen Abschluss dieses Spiels, das kein normales sein konnte.