Düsseldorf. Der Bundestrainer erwartet von den Nationalspielern, dass sie alles für eine gute Leistung gegen die Elfenbeinküste in Gelsenkirchen tun. Ein Trikot mit dem Namen Enke wird auf der Bank liegen. Michael Ballack kann nicht spielen.

Joachim Löw fasst sich kurz mit der Hand an den vom schwarzen Rollkragen verdeckten Kehlkopf, die Geste ließe sich als Ausdruck von Beklemmung deuten. Sie bleibt aber eine Ausnahme an diesem Montagmittag in Düsseldorf, der Bundestrainer strahlt die gewohnte Souveränität aus. Erstmals seit dem Tod von Robert Enke äußert er sich wieder vor den versammelten Medienvertretern, er ist vorbereitet, er wählt seine Worte mit Bedacht, und seine Botschaft ist erkennbar: Er will nicht ratlos wirken, sondern mithelfen, dass seine Spieler diese schwierige, für alle komplett ungewohnte Situation zu bewältigen lernen.

Joachim Löw bei seiner Ansprache. (Foto: ap)
Joachim Löw bei seiner Ansprache. (Foto: ap) © AP

Am Vormittag hat die Nationalmannschaft in der Düsseldorfer Arena erstmals wieder trainiert, und Löw hat dabei den Eindruck gewonnen, dass alle einsatzfähigen Profis „die Aufgabe annehmen und eine gute Leistung abrufen wollen”. Die Aufgabe, das ist der WM-Test am Mittwoch in Schalke gegen das Team der Elfenbeinküste (20.45 Uhr/ARD live). Ein Spiel, vor dem natürlich Robert Enke in den Köpfen und Herzen sein wird, ein Trikot mit dem Namen des Torhüters, der sich das Leben nahm, wird auf die deutsche Bank gelegt, Löw sagt: „Aus Respekt!” Ein Spiel aber auch, bei dem der Spagat geschafft werden soll, aus dem tiefen Tal der Trauer zurück auf die Gipfel der Leistungsfähigkeit zu finden. Die Bereitschaft dazu setzt der Bundestrainer voraus: „Ob wir in der Lage sein werden, besonders gut Fußball zu spielen, das kann ich jetzt noch nicht beurteilen, aber ich kann sagen, dass wir alles dafür tun werden, ein attraktives Spiel zu zeigen.” Auf ihren Kapitän wird die Nationalelf dabei verzichten müssen, Michael Ballack wird wegen einer entzündlichen Reizung der Kniefalte geschont.

"Robert Enke war ein außergewöhnlich guter Mensch"

Das Trainerteam werde versuchen, die Aufmerksamkeit der Spieler wieder auf den Sport zu lenken, sagt Löw. Was keinesfalls bedeuten soll, der Bundestrainer handele nicht mit der gebotenen Sensibilität. Er betont, Robert Enke sei „nicht nur ein außergewöhnlich guter Torhüter, sondern auch ein außergewöhnlich guter Mensch mit vorbildlichem Charakter” gewesen. „Er hat Fairness und Teamgeist vorgelebt.” Es sei nun an der Zeit, „Mut zur Menschlichkeit” zu zeigen, meint Löw. „Schwächen müssen auch mal toleriert werden.”

Aber: Löw macht sich und den Spielern nichts vor, er stellt klar, dass sich am Geschäft grundsätzlich nichts ändern wird. „Selbstverständlich befinden wir uns in einem Bereich, in dem wir absolute Spitzenleistungen verlangen und bringen müssen. Der Kampf um die Plätze in einer Mannschaft ist wichtig. Das ist unser Beruf, darüber gibt es keine Diskussion.”

Gespräch mit Robert Enkes Vater

Der Leistungsdruck wird nicht abnehmen, die Robusten werden sich durchsetzen. Dennoch mahnt Löw im Umgang miteinander Rücksichtnahme an. „Wir müssen vermehrt aufeinander achten.” Er sagt das, weil natürlich in den vergangenen Tagen die Fragen bohrten. Löw hat am Samstag ein längeres Telefongespräch mit Robert Enkes Vater geführt. Dirk Enke, ein promovierter Psychotherapeut, habe ihm vieles erklärt. „Selbstverständlich fragt man sich auch als Trainer: Wie hätte man das erkennen und vermeiden können?”, sagt Löw. „Aber ich denke, wir hatten alle keine Chance. Und, so traurig es auch ist: Wir dürfen uns keine Vorwürfe machen.”