Essen. Auf der DFL-Vollversammlung am 11. November wird die Mehrheit der 36 deutschen Profi-Clubs eine Fehlentscheidung treffen. Dort wird nämlich ein Antrag des Hannover 96-Präsidenten Martin Kind abgelehnt werden, der die so genannte 50-plus-1-Regelung kippen soll.
Die 50-plus-1-Regel verhindert die Machtübernahme in einem Club durch Finanzinvestoren, die möglicherweise nur am schnellen Euro und nicht am langfristigen Wohl eines Fußball-Vereins interessiert sind. Die 50-plus-1-Bewahrer haben inhaltlich Recht: Fußball ist nicht nur ein Wirtschaftszweig, sondern ein Stück Populärkultur. Nur deformierte Business-Fundamentalisten können es zulassen wollen, dass Ex-Thai-Präsidenten oder amerikanische Hot-Dog-Produzenten in einem deutschen Traditionsclub das Sagen haben. Diese Sichtweise deckt sich aber leider nicht mit entscheidenden Auffassungen in Brüssel und Straßburg. Die EU-Wettbewerbshüter und der Europäische Gerichtshof werden nämlich das Treiben der DFL genau mit dem hier kritisierten ökonomischen Tunnelblick betrachten. Für sie ist Profi-Fußball pures Geschäft, und wer im Bereich der EU Geschäfte betreibt, muss den Wettbewerb gewährleisten.
Hannover-Präsident Martin Kind will seinen Antrag juristisch durchziehen, und spätestens der Gerichtshof in Straßburg wird der DFL-Mehrheit ihre Grenzen aufzeigen. Was in dieser Situation hilft, ist nicht die moralisch und kulturell hochwertige Wahrung von Grundsätzen, sondern eine schlaue und kreative Öffnung für fremdes Geld: mit Mindestfristen für die Investition, mit der Bedingung, dass der Investor seinen Sitz in Deutschland hat und dort auch Steuern zahlt beispielsweise. Wer bittere politische Realitäten anerkennen muss, kann trotzdem das Schlimmste verhindern. Auf Zeit spielen ist keine wirkliche Alternative.