München. Oliver Kahn hat Jürgen Klinsmann und die Führungsspitze von Bayern München kritisiert: "Durch die Verpflichtung Klinsmanns hat man den Verein gespalten." Klinsmann, der nach einem knappen halben Jahr als Trainer entlassen worden war, wirft er "modernen Schnickschnack" vor.
Der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn hat Jürgen Klinsmann und die Vereinsspitze von Bayern München kritisiert. "Der FC Bayern hat eine gewachsene Identität, die man nicht einfach wegamerikanisieren kann", sagte Kahn in einem Interview mit der Welt am Sonntag: "Durch die Verpflichtung Klinsmanns hat man den Verein gespalten. Dadurch ist eine negative Stimmung entstanden, die ich selbst aus der Ferne gespürt habe."
"Nicht zum FC Bayern gepasst"
Es sei für ihn "schwer nachvollziehbar", dass die Vereinsspitze Klinsmann verpflichtet habe. Er habe schon als Spieler von 1995 bis 1997 Probleme mit dem Verein, den Medien und dem Umfeld gehabt, dazu hatte er die Bayern-Legende Sepp Maier als Bundestorwarttrainer entlassen. "Spieler wollen keine Projekt- oder Teamleiter. Spieler wollen einen Trainer, der mit ihnen spricht, der sie führt und fachlich sowie menschlich überzeugt", sagte Kahn. Manchmal beschleiche ihn das Gefühl, dass mit dem "modernen Schnickschnack nur vom Wesentlichen abgelenkt" werde. Ex-Bundestrainer Klinsmann war nach nur 302 Tagen beim Rekordmeister entlassen worden.
Klinsmann habe als innovativer Mensch viele gute Ansätze und Ideen, "aber er hat einfach nicht zum FC Bayern gepasst". Wer den Fußball permanent neu erfinden wolle, schaffe sich nur unnötige Probleme. Zudem habe er es versäumt, sich einen erfahrenen Co-Trainer an die Seite zu holen, wie er ihn in seiner Zeit als Nationaltrainer mit seinem Nachfolger Joachim Löw gehabt habe. Aber da Klinsmann ein lernfähiger und analytischer Mensch sei, werde man ihn irgendwann wieder in diesem Geschäft sehen.
Kahn: "Vielleicht wird Louis van Gaal auch ein Glücksfall"
Eine Einigung über eine Millionen-Abfindung zwischen Klinsmann und dem FC Bayern ist weiterhin nicht in Sicht. "Wir haben seit längerer Zeit keinen Kontakt gehabt. Ich glaube, es muss ein bisschen Zeit vergehen, bis sich die Situation beruhigt hat", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge der tz. Klinsmann war von den Bayern bei seinem Amtsantritt mit einem Vertrag bis 2010 ausgestattet worden.
Ab 1. Juli ist der Niederländer Louis von Gaal der neue Trainer des Rekordmeisters, der laut Kahn "sehr viel Wert auf Taktik und Disziplin legt". In München sei es vor allem die Frage, wie man mit den Gegebenheiten klar komme: "Ottmar Hitzfeld ist das gelungen. Vielleicht wird Loius van Gaal auch so ein Glücksfall."
Schwierige Lage für Rensing
Seinen von Klinsmann zur Nummer zwei degradierten Nachfolger Michael Rensing sieht Kahn in einer ganz schwierigen Position. "Wenn die Bayern wirklich eine neue Nummer eins holen sollten, würde ich ihm schon empfehlen, sich etwas anderes zu suchen", sagte Kahn. Rensing habe zwar keine eklatanten Fehler gemacht, aber eben auch zu wenige Spiele für die Bayern gewonnen. Allerdings sei es bedenklich, dass sich beim Rekordmeister kaum mehr ein junger Spieler positiv entwickle. Neben Rensing hatten auch Toni Kroos und Lukas Podolski Probleme und verließen den Verein.
Im Kampf um die Nummer 1 im Tor des deutschen Nationalteams sieht Kahn momentan Robert Enke in der Spitzenposition. Allerdings bringe Tim Wiese die meiste internationale Erfahrung mit: "Wenn er sich bei hohen Flanken oder dem Spiel mit dem Ball über vermehrtes Training verbessert, hat er richtig gute Voraussetzungen." Manuel Neuer und Rene Adler bräuchten noch das eine oder andere Jahr, um auf das entsprechende Niveau zu kommen.