Essen. . Keiner hat so oft in der 2. Fußball-Bundesliga gespielt wie Willi Landgraf. Im Interview spricht der 45-jährige Ex-Profi, der 508 Spiele in Liga zwei absolviert hat, über Fußball in alten Rumpelbuden und natürlich über Pommes und Currywurst.
Willi Landgraf ist auf den Geschmack gekommen. Man spricht über Fußball und übers Revier – und ist plötzlich bei Pommes und Currywurst. Und da fällt Willi Landgraf, 45, ein: In irgendeiner Schublade müssten noch ein paar Gutscheine für eine Bude in Oberhausen liegen. Die Gutscheine haben natürlich mit Fußball zu tun, mit der 2. Bundesliga. So wie fast alles im Leben von Willi Landgraf: Seit 40 Jahren besteht das Unterhaus des deutschen Fußballs, 20 Jahre lang hat Landgraf dort gespielt. 508 Mal, er ist der Rekordmann. Ein Gespräch über die 2. Liga gestern und heute – und über die kleinen Sünden im Leben eines Profis.
Gutscheine für eine Pommesbude in der Schublade eines Ex-Profis?
Willi Landgraf: Die habe ich geschenkt bekommen, als ich in Aachen mein 480. Zweitliga-Spiel gemacht und damit den alten Rekord für die meisten Einsätze überboten habe. Die Jungs wussten, dass ich gerne mal Pommes und Currywurst esse, da haben sie mir für 500 Euro Gutscheine geschenkt. So viel konnte ich bis heute gar nicht essen, da müssen noch welche sein. War ‘ne tolle Idee.
Und das als Rekordspieler und heutiger Trainer der Schalker U 15?
Landgraf: Natürlich muss ich mich als Sportler gesund ernähren. Das ist wirklich wichtig! Habe ich auch immer getan, sonst hätte das alles nie funktioniert. Und das wissen meine Jungs auch. Aber ab und zu kam der Heißhunger. Und dann gab’s die Pommes mit dreifach Mayo.
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Geraucht wurde früher auch mehr, oder?
Landgraf: Als ich in Homburg gespielt habe, hatten wir in der Gäste-Kabine ein Feuerzeug oben auf einer Lampe versteckt. So konnten die Raucher heimlich eine durchziehen, und der Trainer hat es nicht sofort gerochen. Irgendwann wussten auch unsere Gegner, wo das Feuerzeug lag. Oder nehmen wir St. Pauli.
Nehmen wir!
Landgraf: Das war früher am Millerntor noch so richtig alte 2. Liga. Keine modernen Arenen wie heute, kein Komfort. Da klemmte sogar die Holzschiebetür vor der Toilette. Über der Kabine war die Vereinskneipe, von da zog der Qualm direkt zu uns rein. Wenn da einer eine Zigarre geraucht hat, konnten wir die Marke erkennen. Aber das hatte natürlich alles unheimliches Flair.
Aber nicht überall, oder?
Landgraf: Nee, es gab Auswärtsspiele, da hatte man vorher schon wenig Lust. In Zwickau musste man endlos durch einen Tunnel laufen, bis man überhaupt auf dem Platz war. Oder Leipzig, das alte Zentralstadion. Interessant war das schon, aber wie soll das Spaß machen, wenn in einer Riesenschüssel für 100 000 Zuschauer 3000 Leute rumsitzen? Dagegen die Derbys hier bei uns: Bochum, Duisburg, Essen, Oberhausen. Das war immer klasse, da herrschte immer Stimmung.
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In 20 Jahren 2. Liga haben Sie nur für vier Vereine gespielt: Essen, Homburg, Gütersloh und Aachen. Sind Sie ein treuer Schluffen?
Landgraf: Kann man so sagen. Ich habe mich überall wohl gefühlt. Essen und Aachen, das waren tolle Zeiten. Warum sollte ich für einen Euro mehr dauernd wechseln? Außerdem wollte ich, mit Homburg als Ausnahme, nie weit weg vom Revier. Hier gehöre ich einfach hin.
Und die 2. Liga heute?
Landgraf: Mit früher gar nicht mehr zu vergleichen. Erstmal die Fernseh-Präsenz, jedes Spiel live. Du siehst alles, du hörst alles. Dann die vielen neuen Stadien: komfortabel, zeitgemäß, toll. Aber ein bisschen fehlen mir die alten Rumpelbuden. Die waren einfach unverwechselbar.
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Und sportlich?
Landgraf: Ganz ähnlich. Heute ist der Fußball auch in der 2. Liga viel schneller geworden, viel athletischer. Die Lücke zur Bundesliga ist kleiner geworden.
Nur im Revier sieht’s derzeit mau aus. Bochum als einziger Zweitligist, tut das nicht weh?
Landgraf: Und wie. Ich hoffe sehr, dass es in Essen, in Oberhausen und in Duisburg wieder aufwärts geht. Es sieht ja bei allen wieder besser aus. Und Bochum drücke ich sowieso die Daumen, da arbeitet mein alter Trainer Peter Neururer. Außerdem ist mein Stiefsohn VfL-Fan. Und der hat voriges Jahr im Abstiegskampf genug gelitten.