Köln. Holger Stanislawski soll den 1. FC Köln zurück in die Bundesliga führen. Der Ex-St.-Pauli-Trainer muss bei seinem Vorhaben auf Jugendspieler setzen. Der FC muss nach dem Abstieg in die zweite Liga sparen.
Die Trümmer einer Chaos-Saison türmen sich noch rund um das Geißbockheim - den wichtigsten Aufbauhelfer hat der 1. FC Köln nun immerhin verpflichtet. Charakterkopf Holger Stanislawski übernimmt den Bundesliga-Absteiger und steht als Trainer vor einer Mammutaufgabe: Eine Mannschaft mit völlig neuem Gesicht soll der 42-Jährige durch die raue 2. Liga zum direkten Wiederaufstieg führen.
Leitplanken seines Weges sind ein erheblich gekürzter Lizenzspieler-Etat und die ausdrückliche Vorgabe des neuen Vorstands, auf junge Spieler zu setzen. 'Ich freue mich auf diese Aufgabe, auch wenn sie nicht einfach wird. Das ist allen Beteiligten klar', sagte Stanislawski: 'Ich verspreche, mit ganzer Kraft an dieser Aufgabe zu arbeiten.'
Stanislawski in Köln lange Zeit Favorit auf Schaefer-Nachfolge
Schon seit einigen Tagen war der Ur-St.-Paulianer der Topfavorit gewesen. Unter dem nachsichtigen Stale Solbakken hatten in der vergangenen Saison Teile der Mannschaft durch wiederholte Disziplinlosigkeiten für Schlagzeilen gesorgt. Der sportliche Einbruch in der Rückrunde schien die logische Konsequenz. 'Holger Stanislawski ist ein Fußball-Lehrer mit Charakter', sagte Geschäftsführer Claus Horstmann. Unter dem Hamburger sollen Eigenwilligkeiten keine Chance haben.
Der Trainer gilt als Ärmel-hoch-Typ. Einer, der sich mit den Spielern auf der Kumpelebene trifft, im Ernstfall aber ungemütlich werden kann. Die Rolle des Dompteurs traut ihm auch Vize-Präsident Toni Schumacher zu, der von Stanislawski erwartet, 'in der Mannschaft für Disziplin und Charakter zu sorgen.' Als übelgelaunten Chef bekam man den Trainer während seiner Zeit bei 1899 Hoffenheim häufig zu sehen. Nach 18 Jahren beim lauten, kultigen Kiezklub St. Pauli war Stanislawski im Sommer 2011 zum Retortenverein vom Land gewechselt. Ein Kulturschock, wie viele vermuteten - es sollte eine kurze Liaison werden. Im Februar wurde Stanislawski entlassen.
In Köln erwartet ihn nun ein ähnliches Umfeld wie in Hamburg, wo sich ebenfalls zwei Boulevardzeitungen bekämpfen. Wohl eines der wichtigen Argumente für eine Verpflichtung. 'Wer dem fußballverrückten Hamburg mit seinem hohen medialen Druck gewachsen ist', sagte Schumacher, 'der kann auch in Köln bestehen.' Schon im April hatten die Kölner großes Interesse, Stanislawski als Solbakken-Nachfolger zu installieren. Doch 'Stani' zierte sich. Nach einem misslungenen Rettungsversuch am Saisonende wäre er den Fans für einen Neuaufbau wohl schwer zu vermitteln gewesen, die Absage war daher nachvollziehbar.
Nachwuchsspieler sollen in Lizenzkader aufrücken
Im zweiten Anlauf einigten sich die FC-Bosse nun erneut auf Stanislawski, wohl auch, weil der Faktor Zeit eine Rolle spielte. Die Neuformierung des Kaders verspricht jede Menge Arbeit. 'Mit seiner frühzeitigen Verpflichtung schaffen wir die Voraussetzungen für eine geordnete Planung und Vorbereitung der kommenden Saison', sagte Horstmann. Ungeklärt ist etwa die Zukunft von Großverdienern wie Torwart Michael Rensing und Sascha Riether. Zudem stehen ab Juli zahlreiche zuletzt verliehene Profis mit gültigen Verträgen vor der Tür.
Junge Spieler sollen das Gesicht der Mannschaft prägen. Gemeinsam verfolge man 'das Ziel, die Nachwuchsspieler fließend in den Lizenzkader zu integrieren', sagte Schumacher - auch ein Ergebnis des Sparzwangs, der sich aus den 'investiven Jahren' ergibt, die den FC eigentlich in der Bundesliga etablieren sollten. Stanislawski, der seinen Trainerschein an der Deutschen Sporthochschule als Jahrgangsbester erwarb, soll dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Bei St. Pauli habe er zudem bewiesen, 'dass er mit Erfolg eine Mannschaft für den Aufstieg in die Bundesliga aufbauen und motivieren kann', sagte Schumacher: 'Diese Qualität brauchen wir jetzt in Köln.' In Hamburg im Jahr 2006 anfangs als Übergangslösung eingeplant, führte Stanislawski die Mannschaft auf Anhieb in die 2. Liga. 2010 gelang der Sprung in die Eliteklasse. (sid)