Köln. Heute kämpfen der 1. FC Köln und Hertha BSC Berlin im Fernduell gegen den Abstieg. Beide Klubs den Absturz redlich verdient. Die Kölner treffen auf den Champions-League-Finalisten FC Bayern, Hertha empfängt Hoffenheim und Ex-Trainer Markus Babbel. Eine Polemik
Es ist die spannendste Frage des letzten Spieltags. Wer steigt direkt aus der Bundesliga ab? Die Berliner Hertha, die daheim auf Hoffenheim trifft, oder der 1. FC Köln, der das zweifelhafte Vergnügen hat, den Champions-League-Finalisten Bayern München zu empfangen. Welchem dieser, nun ja, Traditionsklubs, sollte man den Klassenerhalt über den Umweg Relegation wünschen? Oder, anders gefragt, gehören vielleicht beide Klubs ins dunkle Unterhaus namens Liga zwei? Ein Vergleich.
Die Mannschaft
Der Begriff „Mannschaft“ ist irreführend. Es gilt, in Anlehnung an den Klassiker des Wahl-Berliners Hans Fallada, der Satz: Jeder steigt für sich allein ab.
Die größeren Einzelkönner hat dabei ohne Zweifel der FC. Während die Berliner Truppe arg spaßbefreit wirkt, haben die Kölner immerhin Qualität im Promillebereich zu bieten. Ein Fußball-Ensemble, das zur Besetzung des neuen Bar-Wars-Films taugt, In den Hauptrollen: Milivoje Novakovic, der „König der Altstadt“, Miso Brecko, der mit seinem BMW gerne auf Straßenbahnschienen fährt, und Taxi-Freund Slawo Peszko – dessen Promillewert sich mit 1,7 seiner Trefferquote von zwei näherte – der FC ist breit aufgestellt.
Die Trainer
Auf dieser Position ist Hertha eindeutig besser besetzt. Das Auffälligste an FC-Interimscoach Frank Schaefer ist seine Unauffälligkeit. Da war Vorgänger Stale Solbakken schon ergiebiger. Bester Satz des Norwegers, war sein Kommentar nach dem Diebstahl des BMW X5 seiner Frau: „Sie hat das bessere Auto. Meinen Ford wollte keiner haben.“ Die Jungs von FC-Sponsor Ford fanden das sehr lustig.
Apropos witzig. Bei Hertha war erst Markus Babbel am Ruder, der besonders auswärts punktete und sein Team nebenher auf Rang elf führte; dann kam trotzdem Michael Skibbe, der nirgendwo punktete; und schließlich zeigt nun Otto Rehhagel, dass er mit 73 Jahren total im Stoff ist. „Ich kenne mich aus im Fußball“, sagte Rehhagel und verriet die Zauberformel: „Attack, attack, go“. Nun heißt es: Go home.
Die Klubführung
Witze mit Namen sind verboten. Und deshalb ist die Zeile „Spinner führt den 1. FC Köln“ hundsgemein, auch dem Präsidenten Spinner, Werner gegenüber. Aber worüber soll man sonst spotten? Der für seinen Respekt weit geschätzte Wolfgang Overath („Hab’ ich 81 Länderspiele oder du?“) ist ebenso fort wie Sportdirektor Volker Finke, der nicht einmal ein einziges Länderspiel hat, aber dafür 81 Feinde. Mindestens.
Hertha-Manager Michael Preetz hat auch viele Feinde, und als er mit niemandem von diesen sprechen wollte, kam ihm eine hübsche Idee. Er hat mit sich selbst gesprochen – und diese Preetzisionsarbeit dann in Interviewform auf der Hertha-Homepage veröffentlicht. Er war übrigens mit sich selbst einverstanden. So wie auch Präsident Werner Gegenbauer, der so graumäusig daher kommt, dass er auf dem Trainingsgelände von den eigenen Klub-Ordnern nicht erkannt wird.
Die Fans
Wer Mitte der Achtziger Jahre in der geteilten Stadt ins Stadion ging, traf immer und überall die immer und überall rauflustigen „Hertha-Frösche“. Die friedliche Revolution von 1989 ist weitgehend spurlos an den Altvorderen vorüber gegangen – inzwischen stürmen sie auch gern mal das Trainingsgelände. Schlimm?
Naja, im Vergleich zu den FC-„Fans“ wirken die Berliner Krawallbrüder wie eine Delegation vom Weltjugendtag. Die Ultra-Abteilung „Wilde Horde“, die dringend eine Namensänderung in „Wilde Trottel“ in Betracht ziehen sollte, drängte Busse von der Autobahn und hantierte mit Pflastersteinen als Wurfgeschossen. DAS ist schlimm. Und nicht mal zweitklassig.
Das Umfeld
Bei der Hertha grölen sie seit Jahr und Tag Frank Zanders „Obdachlosenverhöhnung“ (Der Spiegel) mit dem Titel „Nur nach Hause geh’n wir nicht“, während in Köln ergriffen die FC-Hymne intoniert wird. Und wenn so oft betont wird, dass doch bitte, bitte nicht diese beiden Großklubs aus diesen, nun ja, Metropolen, von der Bundesliga-Landkarte verschwinden dürften, so sei gesagt: Wenn im Berliner Kiez Prenzlauer Berg nur noch Schwaben und Bielefelder wohnen und es in Köln traditionell nicht kleinbürgerlich genug sein kann, dann würde die Bundesliga selbst den SC Paderborn überstehen.