Paderborn. . Der SC Paderborn sieht sich als krassesten Außenseiter in der Geschichte der Bundesliga. Manager Michael Born spricht im Interview über Teamgeist und die Geschlossenheit im Team, Trainer Andre Breitenreiter und den Schuldenabbau des Vereins.

Sein Büro besitzt eher den Charme einer kargen Umkleidekabine, als dass es wie die Schaltzentrale eines Fußball-Bundesligisten aussieht. Wie sollte es auch anders sein? Michael Born, Manager Sport des SC Paderborn, residiert im Kabinentrakt der Benteler-Arena, Wand an Wand mit Trainer Andre Breitenreiter. Der 46-jährige Berleburger fühlt sich so nah an der Mannschaft aber äußerst wohl.

Herr Born, erinnern Sie sich an die Saison 1997/98, an die vielleicht verrückteste Saison der Fußball-Bundesliga? Der 1. FC Kaiserslautern wurde damals Meister.

Michael Born: (lacht) Als Aufsteiger, ich weiß.

Ist das ausgeschlossen für den SC Paderborn?

Born: Was Kaiserslautern damals geschafft hat, wird einmalig bleiben. Und wir sollten uns damit mal gar nicht beschäftigen. Wir sind der krasseste Außenseiter aller Zeiten.

Den Klassenerhalt trauen Sie Ihrer Mannschaft aber schon zu?

Born: Wir spielen nicht in der Bundesliga, um dort nur die Trikots zu tauschen. Wir wollen das eine oder andere Ausrufezeichen setzen und unseren Fußball auch in der 1. Bundesliga umsetzen. Ich denke, dass wir uns für unsere Verhältnisse auch sehr, sehr gut verstärkt haben. Erstmalig ist es uns gelungen, bis auf Johannes Wurz, alle Leistungsträger zu halten. Gleichzeitig haben wir alle Spieler bekommen, die zu uns passen und die wir angesprochen haben.

Ich blicke in ein zufriedenes und stolzes Grinsen.

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Born: Natürlich. Es ist doch irgendwo eine Auszeichnung unserer Arbeit in den vergangenen Jahren, dass Spieler wie Moritz Stoppelkamp und Marvin Ducksch, die andere Möglichkeiten gehabt hätten, den Weg in Paderborn spannend finden und die Entwicklungsmöglichkeiten als hervorragend ansehen. Sie hätten bei dem einen oder anderen Verein sicherlich mehr verdienen können, haben sich aber für den SC Paderborn entschieden. Da sind wir schon stolz drauf, dass uns das gelungen ist.

Wie überzeugen Sie Spieler wie Marvin Ducksch, denen auch andere Anfragen aus der 1. Bundesliga vorliegen, von Paderborn?

Born: Für so junge Spieler ist es wichtig, bestmögliche Spielpraxis zu erhalten. Bei Marvin, der vom BVB ausgeliehen ist, dürften auch Jürgen Klopp und Michael Zorc eine Rolle gespielt haben. Auch für sie ist es wichtig, dass sich ein so junger Spieler weiterentwickelt, wenn sie ihn verleihen. Und er entwickelt sich weiter, wenn er spielt. Dafür sind wir bekannt, dass wir jungen Spielern eine Chance geben.

Ex-Schalker Asamoah war keine Hilfe für Greuther Fürth 

Das halten Sie in der Bundesliga weiterhin so?

Born: Ich will nicht ausschließen, dass wir auch mal einen Spieler holen, der 27 oder 28 Jahre alt ist. Aber wir tun sehr gut daran, an unserer Philosophie festzuhalten. Wenn man das Beispiel Greuther Fürth sieht: Die Verpflichtung von Gerald Asamoah half den Fürthern in der Bundesliga nicht wirklich weiter - und er war nicht günstig.

Der SCP schaffte den Aufstieg mit fast dem kleinsten Etat der 2. Bundesliga. Gibt es ein Erfolgsgeheimnis, welches hinter allem steckt?

Born: In erster Linie ist das die richtige Trainerauswahl. In dieser Beziehung haben wir in den vergangenen Jahren mit Roger Schmidt und jetzt mit Andre Breitenreiter sehr, sehr viel richtig gemacht. Dazu haben wir eine klare Philosophie entwickelt, wie wir Fußball spielen wollen und welche Spieler wir dazu benötigen. Außerdem haben wir sehr, sehr kurze Entscheidungswege. Wenn Andre, Präsident Wilfried Finke und ich uns einig sind, können wir innerhalb einer Stunde einen Spieler verpflichten – innerhalb des finanziellen Rahmens.

Können Sie Ihre Philosophie kurz beschreiben?

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Born: Alles basiert auf einem schnellen Umschaltspiel. Das ist der Fußball, der attraktiv ist, den unsere Fans sehen wollen, und der zu unserem Verein und zu unserer Mannschaft passt. Darüber hinaus pflegen wir absoluten Teamgeist. Es war ja nicht so, dass wir im vergangenen Jahr die zweitstärkste Mannschaft hinter Köln hatten. Wir haben den Aufstieg über das Kollektiv erreicht. Und wenn wir nicht weiterhin Geschlossenheit an den Tag legen, werden wir in der Bundesliga nicht viele Punkte holen.

Wie lange benötigten Sie, um Ihre Vereins- und Spielphilosophie zu erkennen?

Born: Das ist eine Entwicklung seit 2001 gewesen, als wir in die Oberliga zurück mussten. Seitdem war die Vereinsentwicklung bis auf den einen oder anderen Rückschlag, der im Sport immer wieder vorkommt, sehr, sehr positiv. Viele Vereine, auch Traditionsvereine wie Rot-Weiss Essen, Preußen Münster oder der VfL Osnabrück wären froh, wenn sie so eine positive Entwicklung genommen hätten.

Dort wird auch mit Leidenschaft und Akribie gearbeitet. Was lief beim SC Paderborn anders?

Born: Es ist ganz, ganz wichtig, dass in einem Verein eine gewisse Ruhe und Souveränität herrscht. Wir haben im Grunde seit 2001 in den Führungsgremien große personelle Kontinuität, wir haben wie gesagt sehr, sehr kurze Entscheidungswege. Wenn ich bei jeder Spielerverpflichtung mit 15 Leuten diskutieren muss, komme ich nicht zum Ende. Man sieht das ja beim HSV: Die Hamburger haben sich Dietmar Beiersdorfer geradezu herbeigesehnt, um wieder eine klare Führungsstruktur zu haben.

Bei Leipzig, Hoffenheim oder Wolfsburg spielte Geld keine Rolle  

In Interviews konnte zuletzt der Eindruck entstehen, dass am Ende doch alles Ihr Präsident Wilfried Finke entscheidet. Neider sprechen zudem im Zusammenhang von Paderborn oft von einer Art Werksklub. Widersprechen Sie?

Born: Alleine von den finanziellen Rahmenbedingungen sind wir davon sehr weit entfernt. Vereine wie Leipzig, wie Hoffenheim oder Wolfsburg haben innerhalb kürzester Zeit Entwicklungsschritte übersprungen, weil Geld keine Rolle spielte. Das ist bei uns mitnichten der Fall. Natürlich hat Herr Finke auch im wirtschaftlichen Bereich des Vereins eine gewisse Bedeutung, aber eine größere hat er seit 1997 als Präsident.

Erst kürzlich stellten Sie den ersten Scout beim SC Paderborn ein. Also steckten bislang Sie hinter all den richtigen Trainer- und Spielerverpflichtungen. Sind Sie das Erfolgsgeheimnis des SC Paderborn?

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Born: (lacht) Ich habe auch schon falsch gelegen, so ist es nicht. Aber ich versuche trotz der Belastung, die der Job mit sich bringt, noch sehr viele Spiele selbst zu sehen.

Sie sagten, ein Schlüssel zum Erfolg sei die Besetzung der Trainerposition: Wie können Sie absichern, dass Andre Breitenreiter nicht plötzlich den Verein verlässt?

Born: Ich glaube, dass diese Gefahr alle Klubs in Deutschland bei Spielern und Trainern haben - vielleicht Dortmund und die Bayern nicht. Wir haben so etwas mit Roger Schmidt ja bereits erlebt. Damals sagten viele: Ihr werdet nie wieder so nah am Aufstieg sein wie unter Roger. Zwei Jahre später sind wir trotzdem aufgestiegen.

Erlebt Andre Breitenreiter das Saisonende als Trainer in Paderborn?

Born: Andre hat einen Vertrag bis 2016 und ich gehe davon aus, dass er diesen erfüllt.

Er erfüllt ihn und Sie beenden ihn nicht vorzeitig.

Born: Die Chancen, den Klassenerhalt zu schaffen, sind mit Andre Breitenreiter am höchsten. Das Beispiel Augsburg mit Markus Weinzierl hat ja gezeigt, dass ein Verein sich auch mal die eine oder andere Woche oder den einen oder anderen Monat Zeit geben muss, um einen entsprechenden Entwicklungsprozess einzuleiten. Diese Geduld sollten auch wir aufbringen. Wir sollten jeden Spieltag genießen und die Mannschaft auch dann unterstützen, wenn es nicht so läuft.

Im Pokal lief es nicht, oder?

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Born: Es war ein sehr enges Spiel gegen einen starken Gegner. Trotz unserer besseren Torchancen hatte RB Leipzig das bessere Ende für sich. Das wird uns aber nicht aus der Bahn werfen.

Selbst wenn am Ende der Saison der Abstieg steht, die Vormachtstellung in Ostwestfalen hat der SC Paderborn auf jeden Fall gefestigt.

Born: Wir haben auf jeden Fall sehr, sehr gute Voraussetzungen geschaffen. Verbunden mit dem Erstliga-Aufstieg haben wir uns als festes Ziel gesetzt, am Ende der Saison komplett schuldenfrei zu sein. Wir planen so, dass wir unsere Restverbindlichkeiten, die durch die Aufstiegsprämien auf 4,6 Millionen Euro angestiegen sind, komplett abbauen können. Wir werden also selbst im negativsten Fall allein durch unsere Position in der Fernsehgeld-Wertung ein sehr, sehr gesunder Verein sein. Nur ein Jahr Erstligazugehörigkeit ist für einen kleinen Klub wie uns in allen Bereichen ein Quantensprung - aber es soll ja nicht nur bei diesem einen Jahr bleiben.