Bremen. . Selbst gegen den Abstiegskandidat FC Augsburg reichte es für Fußball-Bundesligist Werder Bremen nicht zum Sieg. Das 0:1 war die dritte Niederlage in Serie und zudem der vierte vergebliche Versuch, gegen die Augsburger zu gewinnen. Die Kritik an Thomas Schaaf wird lauter.

Ganz vorne im fensterlosen Mediensaal unter der Ostkurve des Weserstadions steht der weiße Tisch, an dem Thomas Schaaf rechts außen seinen Stammplatz hat. Es gab eine Zeit, in der der Trainer des SV Werder nach dem offiziellen Teil der Pressekonferenz unbehelligt aus dem Raum trat, weil sich die Medienschar flugs um einen Mann versammelte, der aus der ersten Reihe zugehört hatte: Klaus Allofs. Doch seit Schaafs Vertrauter abgewandert ist, läuft die Prozedur der medialen Aufarbeitung anders: Der Cheftrainer bleibt sitzen und vertieft seine Sicht der Dinge. Nach dem 0:1 gegen den FC Augsburg – der fünften Pleite im siebten Rückrundenspiel – muss sich Thomas Schaaf dabei schon wie ein Angeklagter vorgekommen sein.

Freiwilliger Rückzug?

Er ist schon zu lange in diesem Sportverein tätig, in dem er seit 40 Jahren Mitglied ist, um nicht zu spüren, dass die Stimmung zu kippen droht. Auch gegen ihn. Und als er nun nach einem abermals in jeder Hinsicht Besorgnis erregenden Auftritt gefragt worden ist, ob er auch an Rücktritt denke, antwortete der 51-Jährige vielsagend: „Ich habe 1000 Gedanken im Kopf, die müssen nicht immer in diese Richtung gehen.“ Seine Reaktion auf die Schmährufe von der Stammkundschaft auf der Südtribüne: „Ich weiß, dass wir keinen Applaus erwarten können, wenn wir so ein Spiel verlieren. Wir sehen alle, dass sich die Mannschaft sehr schwer tut, den nächsten Schritt zu gehen.“ Und die Frage nach dem Abstiegskampf, den sein nun in Mönchengladbach gesperrter Abwehrchef Sokratis ja unmittelbar ausgerufen hatte? „Für mich ist das im Moment scheißegal. Meine Gedanken sind nicht bei der Tabelle.“ Sondern womöglich bei einem geordneten Rückzug am Saisonende? Ein freiwilliger Rückzug trotz des bis 2014 laufenden Vertrags gilt mittlerweile als mögliche Variante für diesen Bremer Sommer.

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Denn Kritik an der Arbeit eines Fußballlehrers, der die Viererkette schon bei Werders Amateurmannschaft installierte, als in den Bundesliga-Stadien noch der Libero zu besichtigen war; der gleich in seinem ersten Cheftrainerjahr 1999 den DFB-Pokal gegen den FC Bayern gewann, wagt im Verein kaum jemand. Und wenn dann nur hinter vorgehaltener Hand. Hinzu kommt: Seit dem Allofs-Abgang entschloss sich die Geschäftsführung dazu, Schaafs Position noch zu stärken. Im Werder-Kosmos hat der dienstälteste Bundesliga-Trainer nicht nur die zentrale Position inne, sondern wird umgeben von Unterstützern und Vertrauten, Förderern oder Freunden – ganz gleich, ob die nun Willi Lemke (Aufsichtsrat), Klaus-Dieter Fischer (Vereinspräsident), Frank Baumann (Direktor Profifußball) oder Klaus Filbry (Vorsitzender der Geschäftsführung) heißen.

Eichin als treibende Kraft?

Treibende Kraft einer Trainerentlassung müsste vom Organigramm her eigentlich Thomas Eichin sein, der erst seit wenigen Wochen als neuer Geschäftsführer Sport tätig ist. Aber dann könnte sich der Novize auch gleich daran machen, mit Hammer und Meißel eigenhändig den steinernen Roland vom Sockel am Marktplatz zu schlagen – das wäre vermutlich einfacher. Kaum überraschend, dass Eichin die Verantwortung fürs nächste kollektive Versagen flugs an die Mannschaft weiterreichte. Auch der 46-Jährige schützte – wie sein Vorgänger Allofs in Krisenzeiten – reflexartig den Trainer. „Dass sich in der Mannschaft Dinge ändern müssen, das weiß Thomas Schaaf auch. Der Trainer steht in keiner Weise zur Diskussion.“

So hat es die Werder-Familie immer gehalten, und sie sind so einmal Meister, einige Male gefühlter Meister und zweimal Pokalsieger geworden und dazu sechsmal in die Champions League gekommen. Aber geht es jetzt nicht jetzt um Grundsatzfragen? Zuletzt sind die Platzierungen 13 und neun herausgesprungen – mehr als biederes Mittelmaß ist im dritten Jahr in Folge nicht drin, obgleich die bremischen Personalkosten in diesen drei Jahren mindestens gehobenen Durchschnitt darstellten. 13 Nationalspieler vereint das Aufgebot – das müsste gemeinhin reichen, um Kaliber wie Freiburg und Mainz, allemal aber Düsseldorf oder Nürnberg auf Distanz zu halten.

Oder um einfach mal Augsburg zu schlagen.