Hagen. . In der vergangenen Saison schieden sie im Viertelfinale der Play-offs erst nach großem Kampf gegen die Hamburg Freezers aus. Wenn am Freitag die neue Serie der Deutschen Eishockey Liga startet, streben die Iserlohn Roosters erneut in Richtung Play-offs. Ein Doppel-Interview.

Am Freitag beginnt für die Iserlohn Roosters mit dem Heimspiel gegen die Krefeld Pinguine (19.30 Uhr) die neue Saison in der Deutschen Eishockey Liga. Wolfgang Brück, geschäftsführender Gesellschafter des Klubs, und Manager Karsten Mende sehen diesem Termin gelassen entgegen.

In die vergangene Saison sind Sie von der Zielsetzung her so offensiv wie selten zuvor gegangen. Ihr Plan ging mit dem sensationellen Einzug in das Viertelfinale auf. Wie groß ist Ihre Angst vor der neuen Saison, wird es nicht schwer, die zurückliegende zu toppen?

Wolfgang Brück (lacht): Wir sind damals sehr positiv gestimmt in die Saison gegangen, aber es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre es eine schlechte Serie geworden. Ich habe keine Angst davor, an dem gemessen zu werden, was wir im vergangenen Jahr erreicht haben. Vor der zurückliegenden Saison habe ich den Begriff „schlafender Riese“ für unseren Klub benutzt - und davon bin ich heute noch mehr überzeugt.

Warum?

Brück: Was ist denn im März passiert, als zum Beispiel innerhalb von zwei Stunden die Spiele ausverkauft waren? Nun gilt es, nicht nachzulassen, um dann zu schauen, ob wir wieder dahin kommen, wo wir letztes Jahr waren, oder weiter. Davor habe ich keine Angst. Ich bin sehr, sehr positiv gestimmt und freue mich auf eine tolle Saison. Wir sind noch lange nicht satt, wir wollen mehr. So sehen das die Fans auch - der Dauerkartenverkauf etwa ist um 25 Prozent gesteigert worden.

Wann erwacht denn der schlafende Riese Iserlohn Roosters?

Brück: (lacht) Ich will es mal so sagen: Der schlafende Riese hat die Augen auf und überlegt, ob er sich mal aufstützen soll. Die gesamte Liga bewegt sich derzeit in eine positive Richtung. Die DEL verzeichnete im vergangenen Jahr einen Zuschauerzuwachs auf insgesamt 2,6 Millionen. Wir haben einen super Fernsehvertrag - viele andere Sportarten träumen von unseren Zahlen. Wir wollen die Nummer 1 hinter dem Fußball sein. Das Gesamtprodukt Eishockey ist aus meiner Sicht seriöser, nachhaltiger und berechenbarer geworden.

Wird der Riese am Seilersee nicht von dem wieder erlebten umfangreichen personellen Umbruch zurück ins Bett gedrückt?

Karsten Mende: Es ist wie es ist, wir müssen mit der Situation umgehen. Wie Wolfgang es sagt, wir gehen trotzdem mit einem durchweg positiven Gefühl in die Saison.

Aber welche Gefühle löst es in Ihnen aus, Herr Mende, wenn so viele Leistungsträger den Klub jedes Jahr wieder verlassen?

Mende (schmunzelt): Ich bin ja schon etwas länger in diesem Geschäft, wenn ich dafür noch Gefühle verschwenden würde… Nach vorne schauen! Das sind Dinge, an die man sich gewöhnt hat. Im vergangenen Jahr waren es 15 neue Jungs, dieses Jahr elf. Wir brauchen erneut Zeit, damit sich die Mannschaft entwickelt - und dann hoffen wir, dass wir im nächsten Jahr nicht so viele Spieler austauschen müssen

Brück: Wenn es anders wäre, wären wir doch schon ein Riese. Der Gesamtetat der Klubs liegt im Ligadurchschnitt bei 7,5 Millionen Euro – wir sind bei… fünf. Die Differenz steckt vermutlich irgendwo im Personal auf dem Eis. Wir müssen es zwei, drei Jahre hintereinander in die Play-offs schaffen, dann steht der Typ auch auf. Aber das ist eine schwere Aufgabe. Und wir wollen auch in zehn Jahren hier Eishockey sehen und nicht für eine tolle Saison das ganze Fundament weg hauen.

Vor der vergangenen Saison erhöhten Sie das Budget für die Personalkosten des Spielerkaders – vor dieser erneut?

Brück: Karsten durfte sicherlich ein paar Euro mehr ausgeben, aber das darf man nicht falsch verstehen. Wir reden hier nicht über exorbitante Summen.

Mende: Außerdem sind die Preise durch das Engagement von Red Bull in München erneut gestiegen. Die haben acht Spieler mehr im Kader als die meisten anderen Klubs. Straubing, Augsburg oder uns fehlen diese Jungs. Ob ich etwas mehr Geld zur Verfügung habe oder nicht, bei uns scheitert ein Transfer auch mal an 6000 oder 7000 Euro. Das hört sich für einen Fußball-Fan komisch an, ist aber so.

Wie passt in diesen engen finanziellen Rahmen eine Trainerentlassung wie die von Doug Mason im vergangenen November?

Brück: Unser Budget ist so ausgelegt, dass es meistens um einen kleinen Überschuss am Saisonende geht. Was man mit solchen Personalentscheidungen, die auch Spieler betreffen können, macht? Letztendlich bin ich in meinem Hauptberuf Rechtsanwalt für Arbeitsrecht und muss die Dinge dann so lösen, dass sie uns nicht zu sehr weh tun.

War die Entlassung alternativlos?

Mende: Wolfgang und ich waren auch zu diesem Zeitpunkt noch von Doug überzeugt, aber es kamen immer mehr Dinge, die die Mannschaft beeinflussten.

Welche konkret?

Mende: Wenn zum Beispiel direkt beim ersten Power-Play gepfiffen wird, lässt sich jeder Spieler davon beeinflussen. Auch ein Trainer ändert seine Abläufe, wenn er so viel Druck kriegt und nur beschimpft wird. Deshalb mussten wir diesen Schritt gehen.

Haben Sie sich einzig dem Druck der Fans gebeugt?

Mende: Das sicherlich nicht. Doug hat sich in seiner Arbeit beeinflussen lassen. Das war eine ganz, ganz schwierige Sache.

Brück: Jemand kann ein sehr guter Lehrer sein. Aber am Schluss musst du schauen, ob er ein erfolgreicher Lehrer ist und ob die ihm anvertrauten Schüler erfolgreich sind. Rückblickend sage ich: Vielleicht hätten wir diese Entscheidung nicht erst in der Saison fällen sollen.

Wie sehr hat sich die finanzielle Situation des Klubs durch die Teilnahme an den Play-offs verbessert?

Brück: Wir haben ja veröffentlicht, dass wir einen Jahresüberschuss erwirtschaftet haben. Ein solcher ist sicherlich leichter zu erzielen, wenn man sportlichen Erfolg hat, der bei uns im Vorfeld nicht einkalkuliert wird. Das wäre nicht professionell. Definitiv hat die Play-off-Teilnahme auch unser Image stark verbessert. Wir haben unsere Mitgliederzahl auf rund 1100 erhöht. Darauf sind wir stolz. Es ist viel gewachsen, aber noch einiges zu tun.

Deshalb erhebt sich der Riese nur langsam. Wäre die Infrastruktur in Iserlohn eigentlich geeignet für einen aktiven Riesen?

Brück: Die Hallensituation war, na ja, etwas heikel. Aber wir haben mit den Stadtwerken Iserlohn als Eigentümer eine neue Basis für die nächsten Jahre gefunden, mit der beide Seiten leben können. Anders als andere Sportvereine zahlen wir für die Nutzung ja sechsstellige Beträge. Natürlich gibt es Dinge in der Halle, die verbesserungswürdig sind. Aber das ist auch der Charme der Halle, der bei den Gegnern meist gehassten in der Liga.

Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes, sprach während der Geburtstagsfeierlichkeiten der Roosters von einer zweiten Eisfläche…

Brück: … die für die Nachwuchsförderung exorbitant wichtig wäre. Aber wir können nicht sagen: Stadt, mach mal. Da muss man quer denken, da muss man kreative Lösungen finden. Wir bräuchten sie, aber wir reden über richtig hohe Investitionskosten.

Ein Thema nach der vergangenen Saison war die Verlängerung des Vertrags mit Manager Karsten Mende. Bis wann läuft die neue Vereinbarung?

Mende (lacht): Im Vertrag steht irgendetwas von Stillschweigen.

Brück: Der Herr Mende hat mit uns eine vertragliche Regelung gefunden, die uns beide zufrieden stellt. Die Details sind bis auf die Laufzeit nicht wichtig. Wir werden in den nächsten Tagen dazu etwas sagen. Obwohl… zur Laufzeit werde ich doch nichts sagen (lächelt).

Weil es bei unbefristeten Verträgen keine mehr gibt ?

Brück: Wir haben eine vertragliche Vereinbarung, mit der ich zufrieden bin – und Karsten, glaube ich, auch. Laufzeiten bei leitenden Angestellten bekannt zu geben, ist schwierig, weil die Öffentlichkeit einen enormen Druck aufbauen kann.

Mende: Wir hatten ja auch schon mal andere Zeiten, die für Außenstehende vielleicht schlecht, für uns intern aber gut waren. Wäre bekannt, dass in so einem Jahr ein Vertrag ausliefe, würden sofort Stimmen laut. Insofern ist unser Schweigen eine Art Selbstschutz.

Brück: Was mir am Herzen liegt: Ich habe eine hohe Wertschätzung seiner Arbeit gegenüber. Die wichtigste Position in einem Eishockey-Klub ist die des Managers. Die Vertragsverlängerung mit Karsten war für mich der wichtigste Baustein für eine erfolgreiche Zukunft.

Eine, in welche die Fans mit der Hoffnung gehen können, eine Sensation wie vergangene Saison in Ingolstadt auch mal in Iserlohn erleben zu dürfen?

Mende: Ingolstadts Meisterschaft war auf Grund des finanziellen Hintergrunds des Klubs keine Sensation. Sie war überraschend – nach der dürftigen Vorrunde. Ich glaube wirklich, dass wir jetzt gute junge deutsche Spieler mit Perspektive im Kader haben. Einige haben bereits längerfristige Verträge, bei den anderen müssen wir daran arbeiten, sie langfristig zu binden. Ryan Button, Dylan Wruck, Brent Raedeke, Brooks Macek, Marko Friedrich, Dieter Orendorz oder Mathias Lange – sie alle haben das Zeug, Leistungsträger zu werden.

Apropos Lange: Die Torwartposition ist bei den Roosters dieses Jahr schwächer besetzt, oder?

Mende: Das ist für uns mit der Verletzung von Daniar Dshunussow nicht perfekt gelaufen. Wir haben ein Auge darauf, weil es die wichtigste Position in einer Eishockey-Mannschaft ist. Wenn längerfristig etwas mit Mathias passieren sollte, müssten wir vielleicht noch einen ausländischen Torhüter holen.

Damit erneut das Saisonziel Einzug in die Play-offs erreicht wird?

Mende (lacht): Die Mannschaft will sogar Meister werden, ganz klar. Sonst wären die Jungs auch falsch im Sport. Ich sage immer: Von Wechsel zu Wechsel denken.