Dortmund. Der BVB verliert nach schwachem Auftritt das erste Spiel unter Niko Kovac und verliert immer mehr den Anschluss zur Spitze.
Emre Can schimpfte, und das in alle Richtungen, auf Gegenspieler, Mitspieler, vor allem aber auf Schiedsrichter Daniel Siebert. Aber alles Schimpfen des Kapitäns von Borussia Dortmund nutzte nichts, die Gegenspieler vom VfB Stuttgart hatten kein Erbarmen, die Mitspieler wurden nicht besser und Schiedsrichter Siebert sah auch keinen Grund, zugunsten der Dortmunder zu intervenieren und das vorentscheidende Gegentor zum 0:2 abzuerkennen.
+++ BVB-Noten: Guirassy gegen Stuttgart unsichtbar - Note 5 +++
Es gab dazu auch keinerlei Grund und so endete das erste BVB-Spiel unter dem neuen Trainer Niko Kovac mit einer letztlich verdienten 1:2 (0:0)-Niederlage. Dabei waren die Schwaben über weite Strecken der Partie gar nicht die bessere, in den entscheidenden Szenen aber die entschlossenere und effizientere Mannschaft. Und statt nach Punkten zu den Schwaben aufzuschließen, muss der BVB diese nun auf sechs Zähler davonziehen lassen und versinkt endgültig im grauen Bundesliga-Mittelmaß.
BVB und VfB ließen viel Luft nach oben
Kovac hatte sich in seinem ersten Spiel als BVB-Trainer wie zuvor angekündigt auf die einfachen Dinge besonnen, hatte seine Mannschaft in einer klassischen 4-2-3-1-Formation aufgebaut, mit Pascal Groß und Marcel Sabitzer als Doppelsechs hinter Spielmacher Julian Brandt. Im Spielaufbau rückte Groß immer wieder mal nach vorne und Linksverteidiger Rami Bensebaini dafür nach innen, das war es aber auch schon weitgehend an taktischen Maßgaben. Und diese blieben weitgehend wirkungslos.
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Auf den Flügeln durfte neben Dauerbrenner Jamie Gittens auch Karim Adeyemi ran, trotz seines unterirdischen Auftritts vor Wochenfrist. Die klare Idee dahinter: Lange Bälle auf den pfeilschnellen Angreifer sollten die weit aufrückende Stuttgarter Abwehr entblößen. Es sollte über weite Strecken der Partie bei der Idee bleiben, weil die Stuttgarter sich schlicht weigerten, allzu weit aufzurücken. Und wenn Adeyemi doch mal durchbrach, traf er verlässlich die falsche Entscheidung.
Es war ein Spiel, wie man es sich hatte erwarten können. Der BVB schien zu verunsichert, um ein gepflegtes Spiel aufzuziehen, der VfB zu verhalten nach anstrengenden Wochen – am Dienstag hatte er ja noch im DFB-Pokal gespielt. So blieb viel Stückwerk. Positiv aus Dortmunder Sicht: Anders als in den jüngsten vier Aufeinandertreffen wurde man nicht auseinandergespielt, man begegnete sich auf Augenhöhe – diese Augenhöhe aber war recht niedrig anzusiedeln.
BVB-Zugang Waldemar Anton muss leiden
So waren die Höhepunkte des ersten Durchgangs schnell erzählt: Bensebaini verzog nach einer Ecke knapp (11.), Gittens‘ Schuss aus 25 Metern klärte VfB-Torhüter Alexander Nübel zur Ecke (27.). Und dann war da noch Waldemar Anton, im Sommer vom VfB Stuttgart gekommen und von den mitgereisten Schwaben gnadenlos ausgepfiffen.

Dennoch schien ihm kurzzeitig entfallen, dass er die Farben gewechselt hatte, so perfekt setzte er Deniz Undav mit einem verunglückten Rückpass in Szene. Der Nationalstürmer hatte alle Zeit und allen Platz, umkurvte BVB-Torhüter Gregor Kobel aber so zögerlich, dass Kapitän Emre Can rechtzeitig zurückgeeilt kam, klärte – und sich selbst dafür vor der Südtribüne gehörig abfeierte (37.). Tatsächlich war das aus Dortmunder Sicht der Höhepunkt des ersten Durchgangs.
Karim Adeyemi entscheidet mehrfach falsch
Der nächste nach der Pause sollte schnell folgen: Adeyemi spielte mal sein Tempo aus, wurde von Serhou Guirassy geschickt, entschied sich frei vor dem Tor statt für den Schuss aber für den Querpass ins Nichts (46.). Drei Minuten später war der Flügelspieler schon wieder frei durch und entschied sich schon wieder falsch – sein Schuss ging vorbei.
Und dann wieder Auftritt Anton: Der VfB konterte, Führich durchquerte das Mittelfeld in höchstem Tempo, gab scharf nach innen – und dort grätschte der unglückselige Ex-Stuttgarter den Ball ins eigene Tor (50.).
Die BVB-Reaktion stimmt erst spät
Der nächste Knacks für das lädierte Dortmunder Selbstbewusstsein, es wollte kaum noch etwas gelingen nach vorne, es blieb bei übermotivierten Einzelaktionen – und nach hinten wurde es bald wieder luftig: Jamie Leweling flankte ohne Gegenwehr und Julian Chabot bugsierte den Ball vollkommen ungestört aus der Nahdistanz ins Tor (61.).
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Immerhin, die Reaktion auf den zweiten Gegentreffer war aus Dortmunder Sicht deutlich besser, die Mannschaft mühte sich, sie drängte und drückte und belohnte sich: Julian Brandt zog nach einer kurz ausgeführten Ecke aus ganz spitzem Winkel ab, Nübel war die Sicht verdeckt und der Ball schlug ein (81.).
Julian Ryerson fliegt vom Platz
Zu allem Überfluss flog auch noch Julian Ryerson vom Platz, weil er sich, bereits gelb-verwarnt und vorgewarnt, auf eine allzu heftige Auseinandersetzung mit Angelo Stiller einließ – zu den spielerischen Schwierigkeiten kam auch noch ein Disziplinproblem.
Für den BVB geht es schon am Dienstag (21 Uhr/Prime) in den Champions-League-Playoffs gegen Sporting Lissabon weiter. Dann braucht es dringend ein Erfolgserlebnis – sonst ist unter dem nächsten Trainer ganz schnell die nächste Krise da.
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