Hagen. Phoenix Hagen hat einen interessanten Neuzugang: Yannick Anzuluni ist nicht nur ein Globetrotter, sondern auch ein Mensch mit politischen Ambitionen.
- Vater des Phoenix-Neuzugangs kandidiert für die Präsidentschaftswahl im Kongo
- Auch der Basketballer selbst will nach seiner Karriere in die Politik gehen
- Kanada, Magdeburg, Finnland: 28-Jähriger verfügt über eine interessante Vita
Plötzlich verstummt der breite Mund, aus dem die Worte zuvor Wasserfall-artig geperlt waren. Yannick Anzuluni zeigt auf das Aufnahmegerät. Die Miene des Neuzugangs von Basketball-Bundesligist Phoenix Hagen verrät: Die Zustände in seinem Heimatland Kongo sind für ihn ein heikles Thema. Viel könnte er zur politischen Situation dort erzählen, er beißt sich jedoch lieber auf die Zunge. Dafür gibt es einen guten Grund: Wenn am 19. Dezember die Präsidentschaftswahlen stattfinden, kandidert auch Anzulunis Vater Bembe Isilonyoni.
Auch interessant
Die Amtszeit von Joseph Kabila, der seit 2001 regiert, endet laut Verfassung im November. Beobachter fürchten jedoch, dass Kabila dennoch eine weitere Amtsperiode anstrebt. Dann drohen erneut Unruhen, wie schon 2011, als Kabila nach seiner umstrittenen Wiederwahl Panzer in der Hauptstadt Kinshasa auffahren ließ.
Wenn Hagen am 18. Dezember bei den Fraport Skyliners gastiert und zwei Tage später zuhause gegen Bayreuth spielt, wird Yannick Anzuluni mit seinen Gedanken also in der Heimat sein. „Meine ganze Familie ist politisch engagiert – mein Vater und meine Brüder“, berichtet der Profi-Basketballer dieser Zeitung.
Kongo belegt vorletzten Platz im Human Development Index
Auch er selbst hat durchaus Ambitionen, einmal in die Politik zu gehen. „Auf jeden Fall“, verrät er, „und hoffentlich im Kongo. Aber das wird nicht einfach. Und es wird ein langer Weg sein, bis sich in den Köpfen der Menschen etwas ändert. Doch Leute wie ich, die mal im Ausland gelebt haben, wissen, was Demokratie wirklich bedeutet. Das ist der Unterschied zu vielen Politikern, die aktuell in Afrika an der Macht sind. “
Auch interessant
Zu tun gibt es in Anzulunis Heimatland, das den Zusatz „Demokratische Republik“ eher zu Unrecht führt, genug: Im Human Development Index, einem von den Vereinten Nationen geführten Wohlstandsindikator, belegte der Kongo 2013 weltweit den 186. und vorletzten Platz. Bürgerkriege, Ausbeutung und Korruption haben den 80-Millionen-Einwohner-Staat über viele Jahre zermürbt.
Anzuluni kennt aber auch eine ganz andere Welt. „Weil das Bildungssystem dort besonders gut ist, bin ich in Kanada zur Schule gegangen“, erzählt der 2,04 Meter große Sportler. Im Anschluss besuchte er ein privates College in den USA. Möglich machte dies der Status seines Vaters als ranghoher Politiker. „Er hat Wert darauf gelegt, dass seine Kinder etwas von der Welt zu sehen bekommen.“
Kanada, Magdeburg, Finnland
Der Basketball-verrückte Sohn bekam eine Menge zu sehen. Seine erste Profi-Station war in der amerikanischen „minor league“, in der er als Talent für die Quebec Kebs auf Punktejagd ging. 2012 folgte der Wechsel nach Europa: zum BBC Magdeburg. „Ich mochte die Zeit dort, auch in Rostock und Schweden habe ich mich wohlgefühlt“, sagt Anzuluni, der sich aktuell in Hagen einzuleben versucht: „Eine schöne, kleine Stadt.“
Auch interessant
Dass seine bisherigen Karriere-Stationen (siehe Infobox) recht exotisch anmuten, ist aus seiner Sicht kein Makel. „Nein, ich wollte immer viel herumkommen, das ist in Ordnung.“ Und das Gefühl, dass er mit 28 Jahren nun mal irgendwo ankommen muss, ist auch nicht allzu ausgeprägt.
Denn Anzuluni ist ein im wahrsten Sinne grenzenloser Optimist. Und ein echter Sunnyboy, dem der Hagener Hochsommer mitten im September nur gefallen kann. Mit Grausen erinnert sich Anzuluni dagegen an den finnischen Winter. „Da war es fast den ganzen Tag dunkel! Wenn ich zum Training gefahren bin, war es kaum richtig hell. Und wenn das Training vorbei war, war es schon wieder dunkel“, schildert er. „Ich habe ständig Vitamin-D-Tabletten geschluckt, um nicht depressiv zu werden“, sagt Anzuluni nicht ganz ernstgemeint.
Vielseitigkeit als große Stärke
Solche Präparate hat er jetzt nicht mehr nötig, denn sein großes Ziel, in der höchsten deutschen Spielklasse anzukommen, hat er mit seinem Wechsel zu Phoenix Hagen erreicht. „Ich liebe Deutschland, die Leute, die Sprache, aber auch das Essen. Schnitzel und Bratwürste“, lacht der Weltenbummler. Am liebsten würde er nun für die nächsten Jahre in der BBL spielen. „So wie David Bell“, meint Anzuluni.
Auch interessant
Dass er die Fußstapfen von Bell, eine Gallionsfigur der Feuervögel, in der Volmestadt jemals wird füllen können, darf allerdings angezweifelt werden. „Yannick Anzuluni hat bisher in kleineren Ligen gespielt und will sich bei uns weiterentwickeln“, sagte Phoenix-Trainer Ingo Freyer bei der Vorstellung des Afrikaners, der auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt.
Freyer lobte ihn aber auch für seine Vielseitigkeit. Der gelernte Point Guard sieht es genauso: „Mit meiner Größe und Athletik kann ich der Mannschaft auf unterschiedlichen Positionen helfen. Ständig presse ich und mache Rebounds. Wer haben sehr viele gute Scorer. Für die mache ich gerne die Drecksarbeit“, sagt Anzuluni.
Viel schmutziger als auf dem Basketball-Court wird es aber im Politikgeschäft zugehen – auch wenn Anzuluni es dann anders machen will. Damit der Schrecken im Kongo endlich ein Ende findet.