Atlanta. . Der Neuling aus Deutschland muss sich auch nach den ersten Wochen in der nordamerikanischen Eliteliga NBA noch an vieles gewöhnen. Auch an die merkwürdigen Scherze seiner Mitspieler, denn die haben ihm zum Einstand erstmal einige Accessoires für ein kleines Mädchen geschenkt.

Vor ihm steht ein pinkfarbener Rucksack, darauf Minnie Maus, eine rote Schleife zwischen den Ohren. Daneben ein zartrosa Körbchen, in dem eine Babypuppe liegt, sie hat blaue Augen und keine Haare. Ist das seine? „Ja“, sagt Dennis Schröder. „Muss ich tragen. Ham’ die mir gegeben. Bin ja der Rookie.“ Der Kleine. Ein Anfänger.

Schröder, 20, sitzt nach einem Spiel der Atlanta Hawks in der Umkleidekabine. Er fährt sich mit einem schwarzen Kamm durch das schwarze Haar. An seinem linken Handgelenk leuchtet eine goldene Uhr, dick wie eine Bratwurst. Vielleicht versucht er damit, das Bild ein wenig zu korrigieren, das die Kollegen von ihm zeichnen: Die Männer von den Hawks, die ihren Frischling mit den Accessoires eines kleinen Mädchens versorgt haben. Das machen sie so in der NBA – die Jungs hochnehmen, die neu sind in der Liga. Wie Schröder.

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Der wechselte im Juli von Phantoms Braunschweig zu den Atlanta Hawks, bei denen er nun seine erste Saison mit Mäuserucksack und Babykörbchen bestreitet. Damit fällt Schröder mehr auf als im Trikot der Hawks, denn seine Spielminuten hielten sich zuletzt in Grenzen: Zuletzt, als die Hawks bei der Miami Heat antraten, dem amtierenden Meister, durfte er erst kurz vor Schluss aufs Feld, da lagen die Hawks mit 17 Punkten zurück. Am Ende verloren sie 88:104 und Schröder hatte ein Pünktchen gemacht. Mehr als am Wochenende im Madison Square Garden, als die Hawks bei den New York Knicks zu Gast waren: Da stand hinter dem Namen „Schroder“, der hier ohne Tüddelchen geschrieben wird, „DNP“– did not play. Er war nur Zuschauer. „Das war Coach’s decision“, sagte er hinterher, Deutsch und Englisch mischend.

Nicht Spielmacher Nummer eins

Natürlich war von vornherein klar, dass die Atlanta Hawks Dennis Schröder nicht als Spielmacher Nummer eins geholt haben: Dafür haben sie Jeff Teague, einen ausgezeichneten Point Guard, der auch mal für 33 Punkte gut ist, wie kürzlich gegen die Philadelphia 76ers. Schröder soll für Teague ins Spiel kommen, wenn der eine Pause braucht, doch statt auf Schröder setzte Coach Mike Budenholzer nun auf Shelvin Mack, der auf der gleichen Position spielt und gegen Miami insgesamt 25 Minuten ran durfte. „Es ist eine große Umstellung, in die NBA zu kommen. Dennis muss sich noch ein bisschen eingewöhnen“, sagt Budenholzer, 41, ein Herr mit hoher Stirn und durchdringender Stimme, der seinem Gegenüber auf den Arm klopft, als er sich verabschiedet. Dann ruft er noch einen netten Satz hinterher: „Aber Dennis hat eine leuchtende Zukunft vor sich!“

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Die Gegenwart hingegen scheint noch ein bisschen blass. Beobachtet man Schröder und die Hawks in der Kabine, dann wirkt er wie ihr Praktikant. Er ist dabei, gehört aber nicht richtig dazu. Als Schröder nach dem Spiel gegen die Knicks aus der Dusche kam, fragte er seinen Mitspieler DeMarre Carroll nach dessen Bodylotion. „Kann ich mal?“ Carroll guckte ihn an, als müsse er kurz überlegen: Wer war noch mal das Kerlchen? Dann reichte er Schröder die Flasche, ohne ihn anzugucken. Carroll ist ein mächtiger Typ mit Rasta-Locken, der 2,03 Meter misst. Neben ihm erscheint Schröder wie ein Strichmännchen. Mit seinem kurz geschorenen Schopf und den dünnen Beinchen, um die seine Trikothose schlackert. „Dennis muss noch zulegen“, sagt Budenholzer.

Dabei passt er eigentlich ganz gut in die Liga, jedenfalls, was die Tätowierungen angeht. Die NBA erinnert inzwischen ein wenig an den Louvre: Die Körper der Spieler sind rundum mit Gemälden verziert. Schröder hat in Atlanta gleich nachgelegt. Er zeigt links und rechts am Hals zwei Gesichter: „Meine Schwester und mein Bruder, hab ich gerade machen lassen.“ Die Schwester wohnt derzeit mit ihm in einem Loft. „Sie kocht wie unsere Mutter“, sagt Schröder. Damit er kein Heimweh bekommt.