Joachim Löws Anti-Kießling-Kurs bei der Nationalelf mag viele verstören, aber seine Gründe sind zumindest nachvollziehbar. Im Falle von Roman Weidenfeller wäre der Bundestrainer jedoch gut beraten, diese Option im Hinblick auf die WM zu ziehen. Ein Kommentar.

Was, werden sich jetzt womöglich wieder viele fragen, muss eigentlich noch passieren, damit Stefan Kießling und Roman Weidenfeller endlich in einem Aufgebot der Fußball-Nationalmannschaft erscheinen? Aber die Frage muss anders gestellt werden: Wie oft soll Joachim Löw den Stürmer und den Torhüter noch ignorieren, bis auch der letzte (Journalist) begreift, dass es der Bundestrainer ernst meint?

Vergleichsweise klare Worte im Fall Kießling

Dabei geht es längst nicht mehr darum, ob Kießling und Weidenfeller sich aufgrund ihrer starken Leistungen im Verein eine Berufung verdient haben. Der Bundestrainer darf in diesem Punkt sehr wohl anderer Ansicht sein als seine Millionen „Kollegen“ in den Fernseh-Sesseln. Schließlich steht er in der Verantwortung. Aber zu seiner Verantwortung gehört auch, Spielern, denen er, aus welchen Gründen auch immer, kein Vertrauen schenken mag, reinen Wein einzuschenken und nicht scheinheilig zu versichern: „Ich weiß, was er kann“.

Im Fall Kießling immerhin hat Löw zuletzt vergleichsweise klare Worte gefunden. „Man würde ihm keinen Gefallen tun, ihn für ein Spiel dazu zu holen und dann wieder wegzulassen.“ Das klingt einleuchtend. Zumal vor dem Hintergrund, dass die Nationalelf (wie zuletzt auch der FC Bayern in Manchester) hinreichend bewiesen hat, dass sie bei einem Ausfall der von Löw bevorzugten Klose und Gomez auch ohne Stoßstürmer erfolgreich sein kann.

Neuer-Vertreter mit Patzern - Weidenfeller wäre eine Option

Anders sieht es da schon im Tor aus. Sicher, Manuel Neuer ist gesetzt. Aber was, wenn er verletzt ausfällt? Seine von Löw favorisierten Vertreter (Adler, Zieler, ter Stegen) leisteten sich zuletzt diverse Patzer, von denen Weidenfeller seit einer gefühlten Ewigkeit verschont geblieben ist. In seiner aktuellen Form ist der BVB-Keeper eine Option, die sich gerade bei einem WM-Turnier noch einmal als wichtig entpuppen könnte.

Nur unter diesem Aspekt würde der inzwischen offenbar vom Bundestrainer angedachte Einsatz von Weidenfeller in einem der beiden nächsten Freundschaftsspiele Sinn machen. Für eine Art Gnadenerweis sollte sich der 33-Jährige zu schade sein. Dann schon lieber als bester deutscher Torwart, der nie den Nationaldress anziehen durfte, in die Fußball-Geschichte eingehen.