Berlin. Höher, schneller, weiter. Am Samstag steigt im Berliner Olympiastadion das weltweit größte Sportereignis des Jahres. 2101 Teilnehmer aus über 202 Nationen kämpfen um die Medaillen bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften.

Die Königin der olympischenSportarten, die in den vergangenen Jahren durch Doping-Skandale an Popularität eingebüßt hat, bezieht ihre Dramatik nicht nur durch Rekorde, sondern vor allem durch spannende Kämpfe Frau gegen Frau, Mann gegen Mann. Wir stellen die großen Duelle der kommenden WM-Tage vor.

Tirunesh Dibaba gegen Meseret Defar (10000 Meter, Finale Samstag, 15. August, 19.25 Uhr): Seitdem Dibaba bei der WM 2003 im Alter von 17 Jahren und 33 Tagen die Konkurrenz im Endspurt alt aussehen ließ, eilt die Äthiopierin von Erfolg zu Erfolg. Dibaba, deren Schwestern Ejegayehu und Genzebe ebenfalls Weltklasse sind, wird wegen ihrer cool herausgelaufenen Siege `Meuchelmörderin mit Babygesicht" genannt. In ihrer äthiopischen Teamkollegin Meseret hat Dibaba allerdings eine sehr starke Herausforderin, die nicht so leicht zum Opfer wird.

Usain Bolt gegen Tyson Gay (100 Meter, Finale Sonntag, 16. August, 21.35 Uhr): Das Duell der beiden Sprinter soll der Höhepunkt der WM werden. Was vor zwei Jahren dem US-Amerikaner Gay bei der WM in Osaka gelang, schaffte der Jamaikaner Bolt mit dem Dreifach-Sieg über 100 und 200 Meter sowie in der Staffel bei den Olympischen Spielen in Peking. Die Protagonisten gingen sich in diesem Sommer bisher aus dem Weg, zeigten sich beide in bestechender Form. Bolt, der langbeinige Faxenmacher aus der Karibik, will in Berlin einen weiteren Weltrekord auf die blaue Bahn trommeln, doch der kräftigere und nüchtern-sachliche Gay traut sich das auch zu.

Kenenisa Bekele gegen den Rest der Welt (10000 Meter, Finale Montag, 17. August, 20.50 Uhr): Der Äthiopier Bekele beherrscht seit Jahren die Langlauf-Szene. In Berlin will er den General-Angriff der Kenianer und anderer Afrikaner mit seinem unwiderstehlichen Antritt kontern. Keiner kann nach 9900 Metern so sprinten wie Bekele.

Christina Obergföll gegen Barbara Spotakova (Speerwurf, Dienstag, 18. August, 19.25 Uhr): Die Pragerin Spotakova lebt auf großem Fuß. Vor fünf Jahren schenkte Speerwurf-Weltrekordler Jan Zelezny seiner tschechischen Teamkollegin seine Spikes in Größe 44. Seitdem warf sie sich immer weiter in die Weltspitze. Vor zwei Jahren wurde sie überraschend gegen die große Favoritin Christina Obergföll Weltmeisterin und krönte ihre Laufbahn vor einem Jahr mit dem Olympiasieg. `Ich habe Power ohne Ende", sagt ihre deutsche Konkurrentin Obergföll. Aber ausgerechnet vor der WM konnte sie ihre Kraft nicht auf den Speer übertragen. Mit Hilfe eines Psychologen soll Obergfölls Speer im Olympiastadion weiter fliegen als der von Spotakova.

Sanya Richards gegen Christine Ohuruogu (400 Meter Finale, Dienstag, 18. August, 19.35 Uhr): Die US-Amerikanerin Richards hat bisher viel Geld, aber noch kein Gold gewonnen. Den Millionen-Jackpot der Golden League hat sie bereits geknackt, aber in Peking langte es für Richards nur zu Bronze. Gold holte Ohuruogu, deren Start wegen einer Doping-Affäre bis zuletzt gefährdet war. Auf der Insel glaubt man der gebürtigen Nigerianerin, dass sie sauber ist. Dass sie während des Sommers kaum Rennen bestreitet, um dann plötzlich bei Meisterschaften aufzutauchen, erhöht allerdings nicht ihre Glaubwürdigkeit.

Robert Harting gegen Gerd Kanter (Diskuswurf, Mittwoch, 19. August, 20.10 Uhr): Wenn ein Sportler einen Heimvorteil bei der WM ausnutzen kann, dann ist es der Berliner Harting. Obwohl der Olympiasieger und Weltmeister aus Estland als Favorit in den Ring gehen wird, dem Exzentriker Harting ist alles zuzutrauen. Sollte er wirklich Weltmeister werden, geht die Post ab. So wie 2007, als er sich aus Freude über Silber das Trikot von oben bis unten zerriss.

Ariane Friedrich gegen Blanka Vlasic (Hochsprung, Donnerstag, 20. August, 19.10 Uhr): Die beiden extrovertierten Stars mit den langen Beinen und den schmalen Taillen ziehen die Augen aller Leichtathletik-Fans auf sich, wenn sie leicht wie eine Feder über die Latte schweben. Die Generalprobe entschied die Frankfurterin beim Istaf vor zwei Monten mit der deutschen Rekordhöhe von 2,06 m für sich. `Dort ging es darum, klar ein Zeichen zu setzen. Blanka, hier bin ich zu Hause", sagt Friedrichs Trainer Günter Eisinger. Und so soll es auch bei der WM bleiben. Friedrich will die Titelverteidigerin aus Kroatien ein weiteres Mal bezwingen. `Ich bin immer auf der Jagd. Ich kann nicht gut verlieren", gibt Friedrich zu.

Sebastian Bayer gegen Dwight Phillips (Weitsprung, Samstag, 22. August, 18.05 Uhr): Zugegeben, den Bremer Bayer zum Herausforderer des US-Amerikaners zu machen, ist ein optimistischer Tipp. Bayer ist eine Wundertüte. Mal springt er wie ein Kreismeister, mal landet er erst bei 8,71 m wie bei der Hallen-EM in Turin oder bei 8,49 m wie bei der DM in Ulm. Olympiasieger und Weltmeister Phillips könnte man wahrscheinlich auch nachts um 3 Uhr wecken und er würde mindestens bei 8,30 m in der Grube landen.

Andreas Thorkildsen gegen Tero Pitkämäki (Speerwurf, Sonntag, 24. August, 16.20 Uhr): Die beiden Skandinavier sind in ihrer Heimat so bekannt wie bei uns Franz Beckenbauer oder Michael Schumacher. Wenn sie ihre Speere schleudern, sitzen alle Norweger und Finnen vor den Fernsehgeräten, um Olympiasieger Thorkildsen und Weltmeister Pitkämäki die Daumen zu drücken.